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1980 Nian Dai De Ai Qing (1980年代的爱情 / Love in the 1980s ), China 2015. Liebesfilm von Huo Jianqi 霍建起, mit Yang Caiyu 杨采钰 (Cheng Liwen), Lu Fangsheng 芦芳生 (Guan Yubo), Li Shutong 李舒桐 (Xiang Yu’e). 100 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

曾经,关雨波(芦芳生 饰)是学校里唯一一个考上了大学的高材生,他的名字因此响彻校园,成为历史。如 今,四年过去,命运让关雨波再次回到了闭塞的小镇之中,成为了一名镇政府的工作 人员。本以为能够逃离这个封闭的世界,哪知道转了一圈之后却依旧回到了原点,关 雨波感到现实是如此的讽刺。
  失意的关雨波只能向酒精寻求安慰。某日,他意外遇见了如今在供销社上班的成 丽雯(杨采钰 饰)。远在学生时代,关雨波就喜欢上了成丽雯,后因为分隔两地而渐渐淡忘了这段 感情。如今旧梦重温,关雨波内心里对于成丽雯的感情蠢蠢欲动,可是成丽雯却对眼 前这个颓废的男人态度冷淡。...

Chinas quasi-offizielle Website http://german.china.org.cn/german/206070.htm schrieb über den Regisseur (seinerzeit über dessen Film "Nuan "):  "Huo Jianqi macht ruhige und schöne Filme über ehrliche Beziehungen vor der Kulisse des ländlichen Chinas." Dem kann man vorbehaltlos zustimmen. Überdies geht es in "Love in the1980s" um ein ähnliches Thema wie in "Nuan": Ein Mann, der die ländliche Heimat für ein Hochschulstudium verließ (hier: der junge Guan Yubo), kehrt für eine Weile zurück – und er trifft auf eine Frau, die ihm einst nahestand (hier: Chen Liwen). Anders als Guan Yobu durfte sie nicht zur Universität gehen, weil ihr Vater als "Rechtsabweichler" galt. In den nächsten Monaten kommen sich beide erneut näher – bis die Abreise von Guan ihn zur Entscheidung zwingt ....
Wie in allen Filmen von Huo Jianqi lassen auch hier die Panoramen der grandiosen Bergregion die Landschaft selber zum integralen Mitspieler werden. Bemerkenswert ist im übrigen, dass die einzigartige Atmosphäre von Aufbruch und Erwartung, wie sie in den 1980er Jahren herrschte, heute auch von den Chinesen, die sie erlebt haben, als eine absolute Ausnahmezeit empfunden wird. Wie gesagt: ein ruhiger und schöner Film über eine ehrliche Beziehung vor der Kulisse des ländlichen China.

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"Suddenly Seventeen" 28岁未成年 (28 Sui Wei Cheng Nian), China 2016. Fantasy-Romanze von Zhang Mo 张末, (Tochter von Zhang Yimou 张艺谋). Mit Ni Ni倪妮, Wallace Huo 霍建华, Ma Su 马苏., Wang Talu 王大陆. 104 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

二十八岁的凉夏(倪妮 饰)本以为一定能够和相恋了十年之久的男友茅亮(霍建华 饰)一起携手步入婚礼的殿堂,并且一直为了迎接两人盛大的婚礼而做着各种各样的 准备,心中充满了对婚后生活的美好幻想。茅亮的公司正在进行着紧张的第二轮融资 ,事情进行的并不是非常顺利,凉夏对婚姻的渴望带给了茅亮巨大的压力。
某日,两人一起参加了凉夏闺蜜白晓柠(马苏 饰)的婚礼,经受不住婚礼上浪漫热烈的氛围,凉夏向茅亮逼婚了,让凉夏没有想到 的是,茅亮竟然提出了分手的要求,巨大的打击之下,凉夏崩溃了。一场意外的发生 让凉夏的心智返回到了十七岁的年纪,此时外表成熟内心却极为幼稚的她遇见了名为 严岩(王大陆 饰)的男子 ...

2014 musste Zhang Yimou fast 1 Million Euro Strafe bezahlen, weil er unerlaubt mit seiner damaligen Frau Xiao Hua drei Kinder hatte, zwei Söhne und eine Tochter. Dass sich die Ausgabe gelohnt hat, zeigt die 1983 geborene Tochter Zhang Mo. Seit "Coming Home (归来)" hatte sie bei den Filmen des Vaters mitgearbeitet. 2016 legte sie mit "Suddenly Seventeen" ihren Erstling als Regisseurin vor.
Die Story: die 28-jährige Liang Xia (Ni Ni) ist seit 10 Jahren mit ihrem Partner Mao Liang zusammen. Er hat Karriere gemacht. Sie aber ist für ihn Hausfrau geworden, hat ihre eigenen Ziele aufgegeben und ihr künstlerisches Talent vernachlässigt. Als sie einen Diamanten in seiner Manteltasche findet, denkt sie, er will ihr endlich einen Heiratsantrag machen. Doch der Diamant ist für die Frau seines Chefs – und ihr schlägt er die Trennung vor, was sie in tiefe Verzweiflung stürzt.
In diesem Zustand tritt ein geheimnisvoller Vertreter in ihr Leben und überreicht ihr eine Schachtel Pralinen von einer "Fabrik für dauerndes Glück". Sie nimmt das nicht ernst, doch als sie ganz nebenbei eine Praline isst, verwandelt sie sich in ihr 17-jähriges Ich: unbekümmert, frech, rebellisch, kreativ.
Fünf Stunden hält die Wirkung an, dann ist sie wieder ihr 28-jähriges Selbst. Es dauert eine Weile, bis sie zusammen mit ihrer besten Freundin versteht, was die Pralinen anrichten. Doch es bleibt nicht beim Wechsel der Lebensphasen. Denn dort passieren Dinge, die auch die jeweils andere Phase verändern, vor allem weil sie sich in den jungen Yan Yan verliebt – bis sie es zuletzt schafft, Kraft und Kreativität der 17-Jährigen in ihr Leben als 28-Jährige zurückzuholen.
Ein beachtliches Debüt der jungen Regisseurin, mit Vater Zhang Yimou als Produzent – und mit einer exzellenten schauspielerischen Leistung der Hauptdarstellerin Ni Ni.

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"2046" von Wong Kar-wai 王家卫, Hongkong 2004.
Beziehungs-Drama mit Tony Leung Chiu-wai 梁朝伟, Zhang Zhiyi 章子怡,  Gong Li 巩俐, Faye Wong 王菲, Mucun Tazai 木村拓哉. 125 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 16 Jahre

1966年,周慕云回到了香港,重新面对被他埋首了的过去。他遇上不同的女人,但经 历过情感的创伤使他的心变得麻木。他封锁了内心无数被遗忘的记忆,不让任何人接 近。为了生活,他成为色情小说作家。机缘之下,他搬进了2047号房间,开始动笔撰 写一部名为《2046》的小说。小说中只要搭上了前往2046的列车,人们就可以找回失去的记忆。没有人 知道这是否事实,因为从来没有人可以离开2046。一直到了西元2046年,那班神秘列 车依旧定期的开往2046 …

Seit kurzem ist Gong Li, inzwischen 53, mit dem 70-jährigen Komponisten Jean-Michel Jarre verheiratet. Was wird sie, als Chinesin in Paris, künftig für Rollen finden, auf der Leinwand und im Leben?
Wie auch immer, ihre Rolle in "2046" ist eine von vielen Huldigungen an Chinas große Schauspielerin. Als "schwarze Witwe" Su Li-zhen ist ihr Auftritt nur kurz, aber wichtig, denn die Begegnung mit ihr steht sowohl am Anfang wie am Ende des Films. Und wie alle Beziehungen bei Wong Kar-wai ist auch diese unerfüllt und geheimnisvoll, von Erinnerung und unausgesprochener Sehnsucht überschattet.
"2046" knüpft an seinen Vorgänger "In the Mood for Love" 花样年华 aus dem Jahr 2000 an. Zeit und Ort der Handlung sind auch hier das Hongkong der späten 60er Jahre, immer wieder mit Abstechern nach Singapore. Männlicher Hauptdarsteller ist wie zuvor der melancholische Tony Leung Chiu-wai, und er verkörpert dieselbe Person: den ziellos dahintreibenden Schriftsteller Chow Mo-wan, der Schnellschüsse für ein zweitrangiges Blatt verfasst und daneben an einem Science-fiction-Roman arbeitet. Dessen Titel "2046" ist ursprünglich die Zimmernummer des heruntergekommenen Hotels, in dem Chow einmal eine Beziehung hatte, und wo er jetzt gegenüber im Zimmer 2047 wohnt. Doch im Roman ist 2046 ein imaginärer Ort der Lust und des Verlangens, in dem die Personen um Chow als Androiden auftreten, und von dem außer einem jungen Japaner noch nie jemand zurückgekehrt ist.
Wie alle Filme von Wong Kar-wai scheint auch dieser eine Illustration des Aragon-Gedichtes Il n'y a pas d'amour heureux” zu sein ("Es gibt keine glückliche Liebe"). Die Beziehungen von Chow, die der Film erzählt, sind wie die zu Bai Ling (Zhang Zhiyi) geprägt vom Wechsel zwischen Anziehung und Bindungsangst. Oder es bleibt, wie bei der ätherischen Wang Jing (Faye Wong), alles auf der Ebene emotional aufgeladener Kameradschaftlichkeit. Über diesem Gewirr von gespielter Gleichgültigkeit, Verführung und Hingabe schwebt stets das unausgesprochene "Liebst du mich?" Doch wo immer die Frage ausgesprochen wird, bleibt sie ohne Antwort oder wird verneint.
Allerdings ist wie stets bei Wong Kar-wai die Handlung nur ein Teil des Zaubers seiner Filme. Ebenso wichtig ist die melancholische Atmosphäre, in der die Sehnsucht nach möglicher Liebe stets überlagert ist von Erinnerung an alte und Wehmut über verlorene Liebe. Zu dieser Atmosphäre gehört, dass es im ganzen Film kein Tageslicht gibt. Die Figuren scheinen nur nachts zu leben: im Hotel, in Clubs, auf Feiern, in nächtlicher Umarmung. All das wird vollendet durch Wong Kar-wais unvergleichliches Gefühl für die jeweils passende, leitmotivisch eingesetzte Musik. Eines dieser Musikstücke ist eine Callas-Arie aus Bellinis Oper "Norma". Doch wer von den Zuschauern – zumal der chinesischen – bekommt wohl mit, was neben der Musik auch Titel und Inhalt der Arie bedeuten? "Casta Diva" heißt "keusche Göttin" – jenes Frauenideal, das nur in sehnsuchtsvoller Anbetung existieren kann, doch nie in einer gelebten Beziehung. Bleibt zu hoffen, dass Jean-Michel Jarre sich bei Gong Li anderes ersehnte.

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A Hun Xin Zhuan  阿混新传 ("The Story of A-Hun")
Komödie von Wang Weiyi, China 1984. Mit Yan Shunkai (严顺开), Ye Baopei, Wu Meimei, Li Qing. 89 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

Du Xiaoxi ist Arbeiter in einer Futtermittelfabrik. Er ist faul und lernunwillig, im Grunde ein kompletter Taugenichts (chinesisch A Hun 阿混), aber er ist der Sohn des Direktors. Wie in den 80er-Jahren häufig, teilt er die Wohnung nicht nur mit dem Vater, der Großmutter (die ihn verhätschelt) und der älteren Schwester, sondern auch noch mit deren Ehemann und beider Tochter Lingling. Bei einem Ausflug nach Hangzhou lernt er eine junge Frau kennen, deren Familie sich mit Geflügelzucht selbständig gemacht hat. Er verliebt sich in die Frau, richtet jedoch auch auf ihrem Bauernhof erst einmal nur Chaos an. Doch mit dem Versprechen, sich zu bessern, geht er zurück in die Stadt.
Eine Komödie aus den Jahren des Aufbruchs, als viele Familien noch mit 4 Generationen unter einem Dach zusammenlebten, während sich neben den alten Arbeits- und Produktionsstrukturen schon die ersten privaten Unternehmen etablierten - im Grunde eine Zeitreise in eine versunkene Epoche. Yan Shunkai, der die Hauptrolle spielt, hatte übrigens 1981 auch den Ah Q in der grandiosen Verfilmung von Lu Xuns berühmtester Novelle verkörpert: Urbild des schwachen, feigen, beharrlich sich selbst betrügenden Chinesen - ein Bild, das man in China heute dadurch zu eliminieren sucht, dass man Lu Xun nach Kräften totschweigt.

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A JIN  阿金 ("Stunt Woman")
Von Ann Hui, Hongkong 1996. Mit Michelle Yeoh und Sammo Hung. 91 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Sozusagen ein Sportfilm - und da bietet sich natürlich jene rasante Form von Ballett an, bei der Leute so tun als würden sie kämpfen: also Wushu, im Westen "Kung Fu" genannt. Auch Ann Hui, diese ebenso seriöse wie eigensinnige Regisseurin, konnte sich der Anziehungskraft dieses zutiefst chinesischen Kulturgutes nicht entziehen. Gleichzeitig wollte sie einem der größten weiblichen Stars des Genre einen schönen Auftritt bieten, nämlich Michelle Yeoh. Weil Ann Hui aber ehrlicher ist als die Großmeister Ang Lee, Zhang Yimou oder Chen Kaige, machte sie keinen Illusionsschinken wie "Tiger and Dragon" oder "Hero", sondern einen Film über einen Martial-Arts-Film, mit einer Stunt-Frau im Zentrum. Auch wenn die Story an einigen Stellen etwas konfus ist, so steht doch außer Zweifel, dass Michelle Yeoh wirklich eine Meisterin dieses schönen Kampfballetts ist.

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AI  ("Love")
Romantische Komödie von Doze Niu, Taiwan 2012. Mit Shu Qi, Zhao Wei, Alex Peng, Mark Chao, Ivy Chen, Doze Niu. 120 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Es ist natürlich kühn, einen Film einfach nur "Love" zu nennen - ganz so, als könnte dieser zum zentralen Thema tausender Filme, Romane, Dramen und Opern etwas Gültiges mitteilen. Immerhin, der Film bringt es fertig, fünf ineinander verwobene, aber dennoch ganz verschiedene Liebesgeschichten zu erzählen. Die Handlung spielt überwiegend in Taipei. Nur eine der Beziehungen verläuft - wohl um die Marktchancen auf dem Festland zu erhöhen - in Peking. Leitmotiv bildet der Song, der zu Beginn - leider ohne untertitelten Text - eingespielt wird: "Ich liebe dich, du liebst sie, sie liebt ihn" - oder, weil das gesungene "ta" sowohl "er ()" als auch "sie ()" bedeuten kann, mit umgekehrten Geschlechtervorzeichen.
Womit der Film beginnt, versteht man erst am Ende: Die sanfte Li Yijia schiebt Ah Kai etwas zu, und der schiebt es erschrocken zurück - denn beide warten in dem Straßencafé auf Xiaomin, die sowohl die Freundin von Ah Kai als auch die beste Freundin von Yijia ist. Kuan wiederum, der stotternde Bruder von Yijia, trifft bei seiner Arbeit als Hotelangestellter auf die glamouröse Zoe Fang (gespielt von Shu Qi) und verliebt sich in sie. Zoe jedoch – anfangs eine Art taiwanische Kim Kardashian, nur schöner - lässt sich von vermögenden Männern aushalten, vorzugsweise vom schwerreichen Onkel Lu, der wiederum der Vater der kühlen Xiaomin ist. Ein anderer dieser Reichen ist Mark, der in Peking ein altes Hofgeviert kaufen will und dabei auf die Immobilienmaklerin Jin Xiaoye (Zhao Wei) trifft, die als Alleinerziehende für einen siebenjährigen Sohn zu sorgen hat.
Diese Beziehungen zwischen saturierten Reichen auf der einen Seite und hart arbeitenden Jüngeren auf der anderen entwickelt der Film amüsant, aber nicht oberflächlich. Dass sich beispielsweise Yijia entschließt, das Kind von Ah Kai zur Welt zu bringen, ohne diesen zu heiraten (was sie sich am Anfang zuschoben, war der Streifen eines Schwangerschaftstests) zeigt, wie sehr sich derzeit auch in Taiwan das Verständnis von Liebe, Ehe und Familie ändert. Erzählt wird das Ganze mit der bemerkenswerten Lockerheit, die taiwanische Filme von ähnlichen aus der Volksrepublik unterscheidet. Insbesondere mit Shu Qi und Zhao Wei ist der Film herausragend besetzt; auch Regisseur Doze Niu spielt mit, und zwar, was ihm hoch anzurechnen ist, in Gestalt von Onkel Lu die schmierigste Figur von allen. Ein Film, der gute Laune macht.

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Ai Qing Yu Yi Chan ("Love and Legacy") 爱情与遗产, China 1980. Drama von Yan Xueshu 沈西苓, mit Zhang Yuyu 张玉玉, Yuan Zongfu 袁宗福, Zhou Jintang 周锦堂. 98 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

在命运的驱使下,一对赤诚向上的年轻人相隔十年再度邂逅。眼科女医生韦伟与海军 战士钟海彼此心中萌生好感,他们通过书信交流心声,爱情的花朵恣意绽放。谁知一 场意外却强加给他们残酷的考验,钟海的双眼在某次演习中受伤,他认为自己终将失 明,为了不拖累韦伟,钟海决定忍痛和女友断绝关系。而韦伟恰好是负责给钟海会诊 的医生之一,她向父亲坦白了这段恋情,最终得到父亲的理解和支持。
另一方面,韦伟的弟弟韦佳则与如孔雀一般骄傲的芭蕾舞演员韩莎莎周旋往复,他们 的恋爱则蒙上了一层浓重的铜臭味,美好的爱情受到无情玷污 。。。

Wei Jia, eine junge Augenärztin, verliebt sich in einen Marinesoldaten. Zufällig wird er ihr Patient, aber sie wagt nicht, ihrem Vater, der ebenfalls ein bekannter Augenarzt ist, von ihrer Beziehung zu erzählen. Parallel wird die Liebesgeschichte ihres Bruders Wei Wei mit einem hübschen Flittchen geschildert, dem es in Wahrheit nur um das Geld des wohlhabenden Vaters geht. Am Ende kommen Wei Jia und ihr Geliebter aber doch zusammen, während Wei Wei, dem der verstorbene Vater kein Geld hinterlassen hat, von seiner Freundin Shasha verlassen wird und in jeder Hinsicht leer dasteht.
Ein Film, der all den Ernst und den festen Glauben an das Gute spiegelt, von dem China in den Jahren nach der Kulturrevolution erfüllt war - ein Geist, der alle, die in dieser Zeit in China waren, beeindruckt hat. Ein Film aus einem anderen Jahrtausend.

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Ai Zai Shen Qiu 爱在深秋 "Love in Late Autumn", China/HK 2016. Beziehungs-Drama von Lin Jiawei (Lim Kah Wai林家威), mit Wen Bixia温碧霞, Tan Yaowen谭耀文, Zhao Bingrui赵炳锐, Wang Jiancheng王建成. 91 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

一段萦绕半生的婚姻关系,一段幻梦的婚外情在远离繁嚣的桂林发生,两个本应遥不 可及的人在生命线上突然相遇,爱情的背后埋藏着令人错愕的真相。为配合影片意境 ,著名旅日画家李焱部份画作将会首次出现电影银幕 ...

Linda (Wen Bixia) ist eine berühmte Schauspielerin, die gerade in Hongkong einen Film gedreht hat. Am Vorabend ihres 10. Hochzeitstages entschließt sie sich, ohne Ankündigung ihren Ehemann Patrick (Tan Yaowen) zu besuchen, der als Kunsthändler in Shanghai arbeitet. Ein Taxifahrer bringt sie zu dessen Wohnung. Hier trifft sie Patrick im Gespräch mit Cindy, einer Arbeitskollegin ihres Mannes. Den Hochzeitstag hat er vergessen. Als Linda ihn bittet, am nächsten Tag mit ihr nach Guilin zu reisen, wo sie vor zehn Jahren ihre Flitterwochen verbracht haben, lehnt er unter Berufung auf eine wichtige Party ab. Linda begleitet ihn dorthin, hat dann aber den Eindruck, er habe eine Affäre mit Cindy. Als sie die Party verlässt, trifft sie draußen erneut auf Han Lei, den Taxifahrer vom ersten Abend. Der gesteht ihr, ein alter Verehrer von ihr zu sein, und gibt ihr seine Karte. Als sie dann in der Wohnung ihren Mann schlafend vorfindet (dem Anschein nach betrunken) ruft sie Han Lei an mit dem Auftrag, sie nach Guilin zu fahren: eine mehrtägige Reise, während der sie sich zunehmend näherkommen.
Was sie nicht weiß: Ihr Mann Patrick ist schwer krebskrank und müsste sofort operiert werden. Doch statt ins Krankenhaus zu gehen, fliegt er ihr nach, wo er sie zusammen mit dem Taxifahrer sieht ... ein Film über eine Beziehung in der Krise, geprägt durch Sprachlosigkeit, Missverständnisse und Festhalten an einer romantisierten Vergangenheit.

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An Se Tian Tang 暗色天堂 ("Heaven in the Dark")
Von Yuen Kim-Wai, Hongkong 2016. Mit Jacky Cheung 張學友, Karena Lam 林嘉欣, Anthony Wong 黃秋生. 98 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

In einem Auto küssen sich ein Pfarrer (protestantisch) und eine Frau. Danach fragt sie ihn, ob er sie liebt. Was wäre da wohl die richtige Antwort? Man denkt, die müsste leicht zu finden sein, zumal von einem Pfarrer ... ist sie aber offenbar nicht.
Das Ganze spielt sich in Rückblenden ab. Zu Beginn des Films tritt Herr Du (kantonesisch "To" / Jacky Cheung 張學友) zunächst als Geschäftsmann auf. Erst die (Wieder-)Begegnung mit besagter Frau (Karena Lam 林嘉欣) informiert über seine Vergangenheit: Vor Jahren war er ein beliebter und erfolgreicher Pfarrer, der sein Amt aufgeben musste, als die Frau ihn wegen sexueller Belästigung anzeigte. Warum sie das tat, enthüllt sich nach und nach. Doch der jetzige Geschäftsmann und frühere Pfarrer To sträubt sich bis zuletzt, zuzugeben, dass er damals, nach jenem "French Kiss" der beiden, falsch gehandelt bzw. falsch geantwortet hat.
In Hongkonger Actionfilmen sind Frauen oftmals nur Vergnügungsfutter für die Männer. Da wundert es kaum, dass Anzeigen wegen sexueller Belästigung in Hongkong wohl eine Rarität sind, erst recht gegenüber einem Pfarrer. Allerdings ist die Rolle des Pfarrers in Hongkong offenbar an das US-amerikanische Modell angelehnt und in seiner Kombination aus Geschäftsmann, Vorgesetztem und Geistlichem ganz anders als die des evangelischen oder katholischen Pfarrers bei uns.
Sowohl die Frau als auch der frühere Pfarrer To spielen ihre Rollen glaubwürdig und mit großer Intensität. Doch es gibt einen Makel: Das Verhalten des Pfarrers nach dem Kuss, wie es sich nach und nach enthüllt, scheint aus Sicht westlicher Zuschauer so unangemessen, dass man sein Unverständnis über die Reaktion der Frau kaum nachvollziehen kann. Dennoch bleibt der Film eine interessante Studie über die Mann-Frau-Beziehungen im konfuzianischen Hongkong, wo sich die Rollenbilder nicht anders als bei uns in einem radikalen Umbruch befinden. Das und der Einblick in die Strukturen des asiatischen Christentums macht den Film (der auf einem erfolgreichen Schauspiel basiert) trotz seiner dramaturgischen Mängel sehenswert.

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BA BA NI QU NAR  爸爸你去哪儿 ("Where Are We Going, Dad?")
Von Xie Dikui, China 2014. Mit Jimmy Lin, Guo Tao, Tian Liang, Wang Yuelun. 90 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

Wie bereitet man Kinder aufs Leben vor? Am besten wohl dadurch, dass man ihnen möglichst viel vom realen Leben zeigt, vor allem vom Arbeitsleben. Aber genau davon kann heute keine Rede sein. Im Gegenteil: im Westen wie in China bemühen sich Eltern nach Kräften, die lieben Kleinen (falls diese sich mal von den Kunstwelten TV und Games lösen können) in weiteren Kunst- und Fun-Welten zu bespaßen: Themenparks, Legoland, Disneyland und ähnliches mehr.
In der Nähe von Guangzhou und Hongkong gibt es da z.B. den Chimelong Safari Park, der mit einem schlauen Werbegag beworben wird: einer TV-Serie, wo Eltern und Kinder in einer Art Dschungelcamp Aufgaben zu lösen haben.
Der Film ist im Grunde ein Zusammenschnitt solcher Szenen, mit einer auffälligen Besonderheit: es sind ausschließlich Väter mit ihren Kindern, die hier zu sehen sind - Mütter gibt es in diesem Safari-Park nicht. Ob das, was den beteiligten Tieren dabei zugemutet wird, artgerecht ist, darf man bezweifeln. Noch mehr Zweifel habe ich allerdings, ob solche Fun-Parks wirklich artgerechte Kinderhaltung sind. Insofern ist dieser Film ein guter Anlass zur Diskussion über eine Erziehung, wo in der Freizeit nicht das Leben im Mittelpunkt steht, sondern das maximale Vergnügen der kleinen Prinzen und Prinzessinnen (oder was Eltern und clevere Entertainment-Manager dafür halten).

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881 Singapore Queens - Born To Dance
Musikfilm von Royston Tan, Singapur 2007. Mit Yuwu Qi, Midee Ong, Yann Yann Yeo. 104 min, Chinesisch mit deutschen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Singapur ist von einer Diaspora-Exklave zu einem mehrheitlich chinesischen Staat geworden, der 2015 den 50. Jahrestag seiner Unabhängigkeit feiert. Fläche, Bevölkerung und Wirtschaftsleistung sind denen Hongkongs vergleichbar. Was allerdings die Filmproduktion betrifft, ist Hongkong eine Großmacht, während aus Singapur nur selten ein Film den Weg in die Welt findet. Einer davon ist "881 Singapore Queens": ein Musikfilm, der auf eigenartige Weise Tradition und Technik, Religion und Klamauk, Oberflächlichkeit und Spiritualität verbindet.
Der Titel spiegelt das Sprachgemisch des Stadtstaates. "881" ist hier keine Zahlenangabe, sondern klingt chinesisch ausgesprochen wie "Papaya". Die "Papaya Sisters" (also die "Singapore Queens") sind zwei junge Frauen aus der Unterklasse, die als Tänzerinnen und Sängerinnen bei den Singapur-spezifischen "Getai"-Aufführungen berühmt werden wollen: Veranstaltungen, die jeweils im Sommer durchgeführt werden, um die Götter und die Geister Verstorbener zu unterhalten. Dafür finden das ganze Jahr hindurch Training und Ausscheidungswettbewerbe statt. Hauptkonkurrenten der beiden "Papayas" (von denen die Jüngere an Krebs leidet und nicht lange zu leben hat) sind die "Durian Sisters". Obwohl es bei den "Getai"-Aufführungen im Grunde um eine religiöse Tradition geht, wird der Kampf zwischen beiden Tanz- und Gesangsduos mit allen Tricks und Tücken geführt, bis hin zu Martial-Arts-Anleihen. Große Filmkunst ist das eher nicht - wohl aber ein unbekümmerter Einblick in eine chinesische Alltagskultur, in der Tao und Techno, Trash und Tragik, Kunst und Kitsch nahtlos ineinander übergehen.

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BA SHAN ER NÜ  巴山儿女 ("Children of Sichuan")
Von Wei Jia, China 1984. Mit Yan Shikui, Shen Huifang, Wu Jinhua, Wang Gang. 92 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Chinas Armee unterhält neben dem militärischen Apparat und zahlreichen Unternehmen auch ein hochklassig ausgestattetes und ziemlich produktives Filmstudio: das "Filmstudio Erster August". Seit seiner Gründung 1952 entstanden hier zahlreiche Produktionen, die meisten natürlich Armee- und Propagandafilme. Allerdings fand der offene Geist, der in den 80er-Jahren Chinas Kino international berühmt machte, in begrenztem Maße sogar in dieses Studio Eingang. So weist der Film einige Aspekte auf, die ihn aus der Masse ähnlicher Produktionen herausheben.
Die Handlung spielt 1932 in Sichuan, wo unter dem Schutz der "Vierten Rote Armee" mitten in Sichuan eine Art Sowjet-Region samt Bodenreform aufgebaut wurde. Schon das ist etwas Besonderes, denn das Ganze hatte, obwohl unter kommunistischem Vorzeichen organisiert, mit Mao Zedong nichts zu tun. Die Vierte Armee wurde vielmehr von Zhang Guotao geführt, der bald danach mit Mao und den anderen KP-Führern in heftige Konflikte geriet. Ungewöhnlich ist auch, dass in diesem Film Angehörige derselben Familie auf unterschiedlichen Seiten kämpfen, und zwar ohne dass einer den anderen überzeugen und auf seine Seite ziehen kann. Dass es in dieser kleinen KP-geführten Region sehr schnell zu politischen "Säuberungen" kam, die auch die militärische Schlagkraft wesentlich schwächten, wird ebenfalls nicht ausgespart. Trotz der Genre-üblichen Heroisierung der KP-Truppen also ein in mancherlei Hinsicht bemerkenswerter Film, auch wenn dieser historisch unrichtig mit einem Sieg der KP-Truppen endet. Tatsächlich begann bald darauf der "Lange Marsch", also in Wahrheit die "Lange Flucht", in deren Verlauf die Rote Armee nahezu in ihrer Gesamtheit aufgerieben oder durch Desertion dezimiert wurde. Nur die erbitterte Niederringung Japans - nein, NICHT durch die Rote Armee, sondern durch die USA - und Stalins Entscheidung, die Waffen der Japaner nach deren Kapitulation an Mao zu übergeben, ermöglichte das Comeback und schließlich den Sieg der Mao-KP. Aber das ist wie gesagt eine andere Geschichte.

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BA WANG NIAN DAI  霸王年代 ("Days of Being Little Kings")
Von Zhang Zhonghua, China 2006. 77 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 6 Jahre

Ein Film mit Kindern, aber nicht nur für Kinder. Angeführt von Sidan, dem Sohn eines reichen Bauern, verspotten die Kinder eines Dorfes immer wieder die Tochter und die beiden Söhne der Witwe Ling, die ohne Vater aufwachsen. Die Söhne wehren sich, aber die Mutter verlangt von ihnen, alles hinzunehmen. Doch als sie nach Peking geht, um dort etwas Geld zu verdienen, haben die Kinder freie Bahn. Nach und nach bezwingen sie erst den Anführer Sidan und bringen dann die anderen Kinder auf ihre Seite. Der Film zeigt sehr schön, wie sogar unter Dorfkindern Herrschaftsstrukturen entstehen – aber auch, wie solche Strukturen sich ändern können.

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Bai Hua Lin Zhong De Shao Suo 白桦林中的哨所 ("A Post in White Birch Forest")
Beziehungs-Drama von Yao Shougang, China 1982. Mit Han Yueqiao und Wang Binyan. 90 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Die 80er Jahre als interessantestes Jahrzehnt des chinesischen Films nach 1949 - das gilt sogar für Armeefilme. Natürlich singt auch dieser hier das Hohelied des Patriotismus, zumal der Grenzsoldaten. Doch im Kern geht es um Gefühle, um Liebe, um Treue. Und es ist die Mischung aus Offenheit, Ernsthaftigkeit und Naivität, die diese Filme so liebenswert macht.
Bevor er den Dienst bei der Armee antritt (offenbar auf dem Land lebend, als Voraussetzung dafür, nach der Armeezeit nach Peking zurückkehren zu können), verlobt sich der junge Rekrut Lu Xing mit der Tänzerin Baihua. Beide schwören sich ewige Treue und regelmäßige Briefe.
Bei der Truppe wird Lu Xing gegen seinen Willen als Hundetrainer eingesetzt, und Baihua kommt als Tänzerin nach Peking. Doch dann lernt Lu Xing die Treue der ihm anvertrauten Hunde schätzen (kein Wunder, denn es sind deutsche Schäferhunde), während Baihua eine Beziehung mit einem Kollegen beginnt. Ihre Brief werden seltener, und als Lu Xing sie überraschend in Peking besucht, kommt es zum emotionalen Showdown.
Und nun zeigt sich die ganze Naivität dieser Zeit. Vor ihrer Verlobung hatten die beiden kaum einmal einen ganzen Tag zusammen verbracht, geschweige denn eine Nacht. Was das bedeutet, sagt im Prinzip das chinesische Sprichwort 一日夫妻百日恩 ("Ein Tag als Mann und Frau zählt mehr als hundert Tage Freundschaft"). Also könnte Baihua ganz einfach sagen: "Wir kannten uns doch kaum, als wir uns verlobten – soll das trotzdem eine Fessel für immer sein?" Sagt sie aber nicht. Sondern sie wirft Lu Xing vor, dass die Hunde ihm wichtiger seien als sie, und dass er ihr (sicherlich zutreffend) aus der Ferne gar nichts geben könne ... in einem Nebensatz sogar der versteckte Hinweis, dass sie nicht nur Emotionen habe, sondern auch einen Körper. Trotzdem lässt der Film keinen Zweifel daran, dass er das Verhalten von Baihua als Verrat wertet. Sogar ihr Tänzerfreund wendet sich von ihr ab mit der Bemerkung: "Man darf sein Glück nicht auf dem Unglück anderer aufbauen" ... Moral: Auf die Treue von Hunden kann man(n) sich verlassen, auf die von Frauen nicht.

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Bai Niao Chao Feng 百鸟朝凤 ("Song of the Phoenix")
Drama von Wu Tianming 吴天明, China 2016. Mit Tao Zeru 陶泽如, Li Mincheng, Kevin Zheng, Hu Xianxu, Zhang Yiqian. 107 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Wu Tianming 吴天明 (1939-2014) war ohne Frage eine der wichtigsten Persönlichkeiten des neuen chinesischen Films. Er war ein großer Regisseur, mit Filmen wie "River without Buoys" (没有航标的河流, 1983), "Life" (人生, 1984), "Alter Brunnen" (老井, 1986), und später, nach einem 5-jährigen Exil in den USA, seinem Meisterwerk "King of Masks" (变脸, 1996). Als Produzent und als Leiter des Xian-Filmstudios (von 1983 bis 1989) war er der wohl wichtigste Förderer neuer Regisseure wie Zhang Yimou, Chen Kaige und Tian Zhuangzhuang. "Song of the Phoenix" (百鸟朝凤), gedreht 2013, sollte sein letzter Film werden. Im März 2014, kurz nach der Fertigstellung des Streifens, starb er.
Die Story spielt (angeblich – weiteres dazu siehe unten) zwischen 1982 und 1993 in dem Durf Wushuang, irgendwo in den Bergen der Provinz Shaanxi. Hier ist es üblich, dass bei wichtigen Feiern ein Suona-Ensemble spielt (die Suona 唢呐 ist ein durchdringend klingendes Blasinstrument mit einem Körper aus Holz und metallischem Schalltrichter).
Der Leiter der lokalen Truppe ist der alte Jiao Sanye (Tao Zeru 陶泽如). Am Anfang bringt ein Vater seinen Sohn (der wie der Regisseur "Tianming 天明" heißt) zu Meister Jiao und bittet ihn, den Sohn als Schüler anzunehmen.
Bald kommt Lanyu hinzu, ein weiterer Schüler, der zusammen mit Tianming im Haus des Meisters und seiner Frau lebt. Es beginnt eine jahrelange Schulung, geprägt von von strenger Disziplin und absoluter Hingabe. Mitspielen in dem Suona-Ensemble dürfen sie noch lange nicht, aber bald dürfen sie die Truppe (deren Mitglieder ebenso wie Meister Jiao alle im Hauptberuf Bauern sind) zu Aufführungen begleiten. Die Stücke, die gespielt werden, hängen von der Bedeutung des Festes sowie (bei Begräbnissen) von Rang und Tugend des Verstorbenen ab. Ein geradezu mythisches Ansehen genießt ein Stück, das kaum einmal in einem Jahrzehnt gespielt wird – eben jenes "Lied des Phönix", das dem Film den Namen gibt.
Als Meister Jiao die Leitung des Ensembles an Tianming übergibt, zeigen sich schon die Zeichen der neuen Zeit, will sagen des Abstiegs. Immer seltener werden die Suona-Spieler eingeladen (und bezahlt), und immer öfter kommen die neuen Musik-Bands mit westlichen Instrumenten, Verstärkern und Lautsprechern. Bei einer Feier, wo beide Gruppen geladen sind,  kommt es erst zu einem musikalischen Gefecht, dann gar zu einer Schlägerei. Von nun an verlieren die Mitglieder der Suona-Gruppe einer nach dem andern die Lust, weiter zu spielen, und nur dem Einsatz von Meister Jiao gelingt es, sie noch einmal zu einem letzten Auftritt zu vereinigen. Hier endlich spielt er mit letzter Kraft den "Song des Phoenix", wobei ihm schon Blut aus der Lunge austritt. Als er bald danach an Lungenkrebs stirbt, ist Tianming allein an seinem Grab und spielt, wohl zu letztenmal, besagten Phoenix-Song.

Also ein Film des Abstiegs und des Abschieds – von einer verschwindenden Form der Volkskunst, aber ebenso von einer bestimmten Form von (Kunst-)Filmen. Als der Streifen im Mai 2016 endlich herauskam, drohte ein Desaster: Aufgrund des geringen Kassenerfolgs nahmen die meisten Kinos ihn schnell wieder aus dem Programm. Es brauchte eine in Chinas Filmgeschichte einmalige Geste: Im Internet vollzogen die Produzenten einen öffentlichen Kotau vor den Kino-Betreibern und flehten sie an, dem Film noch eine Chance zu geben. Das geschah tatsächlich. Zwar wurde der Film auch so kein Kassenschlager. Aber er spielte immerhin seine Kosten ein.
Die Tochter von Wu Tianming berichtet, dass der Film auch ein Ausdruck des Zornes ihres Vaters sei: über ein China, das seine Seele verloren habe. Dem wird man kaum widersprechen können – aber das ist nur eine Seite der Medaille. Der Film ist in der Tat ergreifend, wenn man ihn als Vermächtnis betrachtet, als Schwanengesang eines großen Meisters. Doch sowie man das Ganze durchdenkt, merkt man: Hier stimmt etwas nicht. Wann soll das Ganze spielen – zwischen 1982 und 1993? Nein, stimmt nicht – in Wahrheit ist hier alles wie in "King of Masks", also in den 30er-Jahren. Hier gibt es weder elektrisches Licht noch Taschenlampen, nirgendwo ein Fernseher, nicht einmal ein Radio. Nirgendwo ein politisches Plakat, geschweige denn von Mao. Nirgends eine Erwähnung der überstandenen Kulturrevolution, auch keine von den neuen Bestimmungen, die doch nach 1980 das Leben auf dem Land entscheidend veränderten. Weder der Vater noch die Familie von Tianming noch dieser selbst kommen auf die Idee, dass ein intelligenter 12-jähriger Junge doch vielleicht, statt auf einem einsamen Bauernhof Suona zu lernen, auch weiter auf eine Schule gehen könnte, eventuell sogar auf eine Universität. Unglaubwürdig ist auch, dass die braven Suona-Spieler, so wie es die Story will, erst um 1990 und in einem fernen Dorf angeblich erstmals auf eine moderne Musik-Band treffen. Die hat überdies eine ziemlich komische Besetzung, nämlich E-Gitarre, Keyboard, Lautsprecher, Sängerin, Mikrofon und Verstärker, und dazu noch (zu einer Dorf-Feier!) ein Dutzend Blechbläser mit Trompeten, Posaunen und Saxofonen (aber ohne Schlagzeug). So dass man sich wohl oder übel fragt: All das andere, hat es das vielleicht auch gar nicht gegeben? Dass da ganze Dörfer, von den Alten bis zu den Babies, andächtig und ohne einen Laut den Suona-Spielern lauschten? Dass der Suona-Meister anders als Pianisten wie Rubinstein, Brendel oder Lang Lang offenbar niemals üben muss, sondern seine wundervolle Spielweise auch nach einer Woche Feldarbeit spielerisch aus dem Hut zaubert? Dass er weit und breit verehrt wird, fast wie ein daoistischer Heiliger, so dass sich Väter darum reißen, ihre Söhne in seine Obhut zu geben? Dass in einer Zeit, wo längst die Tonkassetten von Deng Lijun in ganz China gespielt und kopiert wurden, sich immer noch alle danach sehnen, endlich einmal jenes sagenumwobene "Phönix"-Stück zu hören? Also, ich weiß nicht. Auch ich finde den Film schön, und Tao Zeru in der Hauptrolle (der alle anderen an die Wand spielt) ist beeindruckend. Aber an diesem Volkskunst-Mythos habe ich meine Zweifel. Im übrigen scheint, was die Filmmusik betrifft, auch Wu Tianming seiner eigenen Story nicht sehr zu vertrauen, denn den ganzen Film hindurch verwendet er neben traditionellen Anklängen auch den üblichen Klangbrei des westlichen Sinfonieorchesters. Ja, es stimmt, dass China seine Seele verloren hat – aber jene Seele, die uns diejenigen vorführen, die das bemängeln, hat es vermutlich nie gegeben.

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Bai Ri Gao Bie 白日告别 ("Zinnia Flower")
Drama von Tom Lin (林書宇), Taiwan 2015. Mit Karena Lam (林嘉欣) und Shih Chin-hang (石錦航). 95 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

2012 年,林书宇的妻子过世,这件事让他沉潜许久,最终在今年交出了《百日告别》。细数林书宇历年作品,除了《星空》改编自几米绘本外,《海巡尖兵》与《九降风》都是从自身经验出发的剧本,这两部虽然没有《星空》那样延续文本的想像力,却多了一份更真实的情感与认同,《百日告别》也是。
台湾人对于死亡与丧葬一事历来避而不谈,但林书宇经历了这一切,他知道丧偶假只 有七天,但却好奇第八天所有人都已经准备好去面对其他人了吗?还是只能当作遗忘 或不存在?接下来该怎么过生活?要怎么才能真正说再见? 《百日告别》正是他面对这些疑问中最真实的写照,他希望与更多人分享,也鼓励大家能够更勇 敢去面对「失去」这件事.
"Hundert Tage Abschied": ein bewegender Film aus Taiwan zu einem universalen Thema. Bemerkenswert, dass er nicht von einem älteren Regisseur stammt, sondern im Gegenteil von einem der jüngsten. Aber was bedeutet das schon? Der 1976 geborene Tom Lin (林書宇) hat zwar als Regisseur erst wenige Filme gedreht (darunter "Starry Starry Night", den wir 2012 im Chinaclub sahen), gilt aber schon jetzt als eine der prägenden Gestalten des taiwanischen Films. In "Zinnia Flower" fließen seine eigene Biographie und der Verlust seiner Ehefrau ein, die 2012 starb.

Der Film beginnt unmittelbar nach einem schweren Autounfall. Im Mittelpunkt stehen ein Mann und eine Frau, die einen schweren Verlust bewältigen müssen. Auf der einen Seite, den ganzen Film über mit vergipstem Arm, in verzweifeltem Zorn Yuwei (gespielt von Shih Chin-hang 石錦航, dem Gitarristen der Band "Mayday"): Er hat mit seiner schwangeren Ehefrau – einer beliebten Klavierlehrerin – zugleich auch sein ungeborenes Kind verloren. Auf der anderen Seite Ming (Karena Lam): Sie trauert um ihren Verlobten, der vorhatte, ein Restaurant zu eröffnen. In der Frage "Christlich oder buddhistisch?" wählen beide das buddhistische Ritual. Dieses sieht eine Reihe von Zeremonien vor, in denen sich der Abschied der Seele vom Leben vollziehen soll, aber auch der Abschied der Lebenden von den Dahingegangenen.
In ruhigen, intensiven Bildern zeigt der Film die unterschiedliche Weise des Mannes und der Frau, mit ihrem Verlust umzugehen. Yuwei schwankt zwischen Erstarrung und Aggressivität. Die zurückhaltende Ming trauert still, für Außenstehende kaum erkennbar. Beide nehmen zwar an den buddhistischen Zeremonien teil, jedoch nicht ohne innere Zweifel – die Frau explizit mit der Frage, ob diese Rituale wirklich den Seelen der Verstorbenen dienen, oder nicht eher den Hinterbliebenen.
So suchen denn auch beide zusätzlichen Trost in einer Art Ersatzritual: Der Mann, mit dem Adressbuch seiner Frau in der Hand, sucht ihre früheren Klavierschüler auf, um ihnen das vorausbezahlte Geld für den Klavierunterricht zurückzuzahlen. Und Ming reist nach Okinawa und unternimmt dort diejenige Tour durch die Speiserestaurants der Insel, die sie in den Flitterwochen gemeinsam mit ihrem (dann) Ehemann hatte unternehmen wollen. So zeigt der Film den Weg der beiden, wie der Titel sagt, in "hundert Tagen Abschied" – also bis zu jenem Zeitpunkt, nach dem gemäß dem buddhistischen Ritual "Tränen nicht mehr erlaubt sind".
Der mehrfach preisgekrönte Film ist im übrigen auch für Taiwan bzw. für China etwas Besonderes. Auch dort ist es ebenso wie bei uns eher verpönt, offen über Themen wie Tod, Verstorben und die dafür vorgesehenen Rituale offen zu sprechen. Mir persönlich bestätigt dieser Film (zumal in der eindringlichen Darstellung von Karena Lam und Shih Chin-hang), was immer mein Eindruck war: dass die chinesischen Gebräuche des Abschieds in Todesfällen (vor allem die Abfolge verschiedener Zeremonien und Rituale über einen längeren Zeitraum hin) den Angehörigen in der Tat mehr Trost bieten als die Art von Abschiedsfeiern, wie sie bei uns im Westen üblich ist.

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Bai Yi 白蚁 "White Ant" ("Weiße Ameise"). Drama von Chu Hsien-Che 朱贤哲, Taiwan 2016. Mit Wu Kan-jen 吴慷仁, Yu Taiyan 于台烟, Zhong Yao 钟瑶, Hu Weijie 胡玮杰. 95 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 16 Jahre.

白以德是再寻常不过的上班族。到了夜晚却化身内衣贼。最激烈的爱与欲望,关起门 来只对女人贴身衣物发射。女孩汤君红偶然撞见这一切,是源于正义,还是不经意, 她拍下一切后匿名寄给白以德。是谁在跟我玩游戏?人心阴暗与猜忌如苔藓渐生,玩 笑之轻,变作白以德生命中不可承受之重,正义也可以杀人,当白以德的母亲发现汤 君红所做的这一切,红白蓝,颜色失真,日常失序,游戏现在才开始,你,玩得起吗 ?打开人性盒子。不可对人言之情欲、窃盗、欲望纷纷出闸,生活里小事件引发无边 蝴蝶效应,层层剥落道德封印,面对禁忌核心,不回避视线,老老实实打出来。吴慷 仁暴瘦诠释内衣贼,与于台烟、钟瑶极端对戏,坦白并不从宽,通往地狱的路,往往 由善意铺成的。

Am Anfang unscharfe Bewegungen in einem nächtlichen Innenhof. Was das war, zeigt die nächste Einstellung: Ein junger Mann hat dort aufgehängte Damenunterwäsche gestohlen und in seiner Wohnung angezogen. Er betrachtet sich im Spiegel, zieht sich aus, masturbiert ... einen solch quälenden Beginn gab es vielleicht noch nie in einem chinesischen Film.
Der junge Bai Yide (eindrucksvoll gespielt von Wu Kan-jen) ist ein Außenseiter, nicht nur in sexueller Hinsicht. Er hat keine Freundin und keine Freunde, und auch in der Buchhandlung, wo er arbeitet, spürt man seine innere Distanz. Dann beginnt das Drama. Zwei Frauen haben den Diebstahl der Unterwäsche mit dem Handy aufgenommen. Tang Junhong, eine der beiden, ist besonders empört und schickt dem Dieb eine DVD mit den Aufnahmen. Bai Yide gerät in Panik, und das noch mehr, als er bald eine zweite DVD erhält. Er sucht nach dem Absender, greift Leute an, bricht zusammen. Als ihn sein Chef kritisiert, stürzt er aus der Buchhandlung – direkt vor einen LKW.
Der zweite Teil ist versöhnlicher. Tang Junhong, die Schuldgefühle hat, nimmt Kontakt mit der Mutter von Bai Yide auf. Bei dieser lernt sie das Schneidern von Brautkleidern, und dabei kommen sich beide näher. Rückblenden zeigen Szenen aus dem Familienleben, die den sexuellen Fetischismus des Sohnes (psychologisch ziemlich vereinfacht) erklären sollen. Das ist zwar nicht so radikal und rückhaltlos wie seinerzeit Ingmar Bergmans Film "Das Schweigen", der 1963 im Westen Skandale auslöste. Dennoch ein mutiger, auf Effekte und Musik-Soße verzichtender Film, wie er innerhalb des chinesischen Kulturkreises derzeit wohl nur in Taiwan möglich ist.

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BAN SHENG YUAN 半生缘 ("Eighteen Springs"), Drama von Ann Hui, Hongkong 1997. Mit Wu Chien-Lien 吴倩莲, Leon Lai 黎明, Anita Mui 梅艳芳, Ge You 葛优. 125 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

半生缘的剧情简介 · · · · · ·
1930年代的上海,在同一间工厂做工的世钧(黎明)和曼桢(吴倩莲)成为恋人。曼 桢早年丧父,姐姐曼璐(梅艳芳)为了养活一家老小,心痛离别恋人去当舞女赚钱, 最终嫁给了有妇之夫祝鸿才(葛优)。
  世钧收到告急家书回到南京,方知家人召回只为让其成亲。因为性格上的软弱, 也因久等不来曼桢的书信,世钧最终迎娶了他并不喜欢的门当户对的翠芝(吴辰君) 。上海这边,不能生育的曼璐为保全自已的地位,设计令曼桢怀上了祝鸿才的孩子, 葬送了曼桢与世钧的爱情。曼璐死后,曼桢为了孩子委身祝鸿才。两个有缘无分的人 就这样错过情缘。

Die Handlung spielt teils in Nanjing, teils im Shanghai der 30er- und 40er-Jahre. Im Mittelpunkt steht die junge Manjin, herausragend gespielt von Wu Chien-Lien. Zuerst arbeitet sie in einer Fabrik, dann lernt sie Shujun kennen, den Sohn wohlhabender Kaufleute (Leon Lai). Sie verloben sich trotz eines familiären Problems: Manlu (Anita Mui), die ältere Schwester Manjins arbeitet als "Hostess" in einem Nachtclub. Dann jedoch wirft Manlus Liebhaber (gespielt von einem grandios zerrissenen Ge You) ein Auge auf die jüngere Schwester. Um einen Erben zu zeugen, sperrt er Manjin ein und vergewaltigt sie. Shujun lässt sich unter Vorwänden abweisen. Manjin wird schwanger und bringt das Kind zur Welt, dann verlässt sie das Haus. In parallelen Rückblenden wird die weitere Geschichte erzählt, sowohl die von Shujun als auch die von Manjin, die ihren eigenen Weg sucht, und die am Ende, als ihre Schwester stirbt, zu ihrem Kind zurückkehrt. – Bis heute vielleicht der schönste Film von Ann Hui: atmosphärisch dicht, und trotz der tragischen Elemente eine Liebeserklärung ans China dieser Zeit und die Menschen, die es prägten.

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Bao Xue Jiang Zhi 暴雪将至 ("The Looming Storm"), China 2017. Thriller von Dong Yue 董越, mit Duan Yihong 段奕宏 und Jiang Yiyan 江一燕. 118 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

《暴雪将至》是由世纪百年影业等公司出品的犯罪悬疑片,由董越执导,段奕宏、江一燕、杜源 、郑伟主演。影片于2017年10月29日在第30届东京国际电影节上首映,2017年11月17 日在中国上映。1997年南方某个小城,天气预报中一场百年不遇的暴雪即将侵袭此地 ,人心惶惶时骤然发生了一起残忍的连环杀人案。一心想进入体制内的保卫科干事余 国伟(段奕宏饰)渴望借此机会,一展自己颇为得意的“神探”技能,并破格进入体 制内成为真正的警察及模范。面对“探案”欲望与燕子(江一燕饰)的感情,余神探 越陷越深,付出的代价也越来越大。然而宿命因果,万事皆有定数 。。。

In Deutschland erleben wir gerade die längste Phase von Sonnentagen, die es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gegeben hat. Da ist dieser großartige Thriller ein passender Kontrast, denn hier fällt Regen, Regen, Regen. Die Story spielt in einer namenlosen Industriestadt in Zentralchina. Sie beginnt 2007, als Yu Guowei, der Held des Films (Duan Yihong) nach 10 Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird. Doch sofort springt sie zurück ins Jahr 1997: das Jahr, in dem Hongkong an China zurückfällt. Aber dies ist auch ein Schlüsseljahr in einer Zeit des Umbruchs, als in ganz China massenhaft Staatsfirmen geschlossen, Arbeiter entlassen, Fabriken abgerissen und Einkaufszentren gebaut werden. Hier nun findet man auf einem trostlosen Feld bei trostlosem Wetter eine weibliche Leiche. Obwohl schon der dritte Fall in kurzer Zeit, zeigt die Polizei wenig Eifer. Das spornt Yu Guowei an, der als Sicherheitsbeauftragter einer Fabrik arbeitet. Die Aufdeckung interner Diebstähle ließ ihn zum "Modellarbeiter" werden; jetzt packt ihn der Ehrgeiz, die Morde aufzuklären. Zur Seite steht ihm anfangs sein Assistent Xiao Liu, doch der kommt bei der Verfolgung eines Verdächtigen ums Leben. Yu Guowei lernt Yanzi (Jiang Yihong) kennen, die als Animierdame arbeitet und nach Hongkong ziehen will, und der er einen kleinen Friseursalon einrichtet.
Als seine Fabrik dichtmacht und er selber entlassen wird, widmet er sich nur noch der Suche nach dem Mörder. Wie weit er dabei geht, muss Yanzi feststellen, als sie eines Nachts sein Tagebuch liest ... doch dass er dabei schwere Fehler macht, lässt sich schon daraus schließen, dass es ihm offenbar 10 Jahre Gefängnis einbringt.
Der Film fand auf Festivals im Westen großen Anklang, weniger jedoch in China. Warum das so ist, zeigt sich, wenn man die chinesischen Kritiken liest: Kaum eine weist darauf hin, wie sehr hier - ganz in der Schule von Jia Zhangke - die trostlose Atmosphäre einer zentralchinesischen Stadt eingefangen ist, in einer Zeit des Umbruchs, die für Millionen wahrhaft trostlos scheinen musste. Offenbar geht es dem Film ähnlich wie den frühen Werken von Zhang Yimou: In China mag man es nicht, wenn chinesische Zustände allzu negativ, wenn nicht hoffnungslos dargestellt werden. Und es gibt anders als im Westen offenbar keine nennenswerte Zahl von Filmkunst-Fans. Doch wer den "Film Noir" schätzt, wird sich der dichten Atmosphäre dieses Films nicht entziehen können. Passend das Ende, das ebenfalls von Jia Zhangke stammen könnte: Von weitem sehen Yu Guowei und die Bürger zu, wie ein Fabrikkomplex gesprengt wird. Schornsteine und Werkhallen sinken in sich zusammen, bis alles von einer riesigen Staubwolke verhüllt wird. Was aber wird, da das Alte kollabiert, die Zukunft bringen?

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Bei Tou Zou De Na Wu Nian 被偷走的那五年 (The Stolen Years), Hongkong/China 2013. Liebesfilm von Barbara Wong黄真真, mit Bai Baihe 白百何 und Joseph Chang 张孝全. 109 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

事業和婚姻原本都很美滿的何蔓(白百何飾),突然有一天一覺醒來,竟然被告知她 與深愛的老公謝宇(張孝全飾)在兩年前已經離婚了,他身邊還多了一個新女友Lily (安心亞飾)。原來何蔓因一次車禍而意外陷入昏迷,醒來後失去了5年的記憶。何蔓 想知道這5年裏究竟發生了甚麼事令他們離婚收場?為什麼曾經最好的朋友陸小環(范 瑋琪飾)與自己反目成仇?為什麼公司的同事們見她回來都敬而遠之?前夫謝宇答應 幫她尋回這5年生活的點滴線索,開始在生活與職場上詳細說明她的過往。...

Als Filmthema ist Gedächtnisverlust nach Unfall nicht selten. Doch die Hongkonger Regisseurin Barbara Wong macht daraus etwas Besonderes. Hier erwacht die junge He Man im Jahr 2012 aus einem Koma. Sie glaubt, der Unfall sei während ihrer Flitterwochen im Jahr 2007 geschehen. Die 5 Jahre dazwischen hat sie vergessen ... auch, dass sie inzwischen von ihrem Mann geschieden ist. Obwohl der Exmann eine neue Freundin hat, zieht sie zu diesem in die Wohnung. Zusammen mit ihm bemüht sie sich, die vergessenen Jahre zu rekonstruieren. Doch während in dem Stück "Biografie" von Max Frisch der Protagonist unausweichlich im zweiten Leben dasselbe macht wie im ersten, wird He Man im Prozess ihrer Suche zu einer anderen, weitaus liebenswerteren Person. Folgerichtig verliebt sich der Exmann erneut und nun erst richtig in sie. Doch dann eine unerwartete Wendung: Wohl als Folge des Unfalls entwickelt die junge Frau eine Demenz – und nun muss sich die wiedergefundene Liebe auf eine ganz andere Weise bewähren ...

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"The King of Masks" 变脸 (Bian Lian), China 1996. Drama von Wu Tianming 吴天明, mit Zhu Xu 朱旭, Zhou Renying 周任莹, Zhao Zhigang 赵志刚, Zhang Ruiyang张瑞阳. 102 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

在20世纪二十年代四川平原:有一位身怀绝技,孑然一身以小船为家,青猴为伴的老 艺人叫变脸王,川剧名伶梁素兰(人称活观音)目睹了变脸王的绝活,恳请他投身梨 园,被他婉然拒绝,但俩人诚投意恳的交谈,使变脸王萌芽了收留后代以传绝活的念 头。在人口市场上,变脸王相中了一个8岁但被变卖了七次的小男孩狗娃,他买下了这 个男孩,并对他百般关怀爱护,但当他得知这男孩是女孩所扮,他坚决让她离开他, 后来在万般无奈之中,这女孩才得以留下,但只能叫变脸王“老板”不准叫爷爷。
狗娃对变脸王的重男轻女不服气,一次趁变脸王不在偷试了变脸王的脸谱,不小心引 发出一场火灾,狗娃自知闯祸,愧疚离开了变脸王。在流浪乞讨中,又落入人贩手中 。在人贩子破旧的阁楼上。她结识了三岁男孩天赐,并趁人贩子喝醉之际,逃离了虎 口。她把天赐送给了变脸王,自以为是两全其美,谁知天赐是富家之孙,在他被贩卖 后,他孙祖父求助于警察局到处悬赏寻找。变脸王对此一无所知,一天携天赐在街上 游玩之际,当场被抓住。重刑之下,他以“拐卖儿童罪”锒铛入狱,警察局把本县十 几起未结的儿童案全算在他头上,他被判以死刑。
狗娃闻讯痛悔不已,去找活观音,恳请他去救爷爷,活观音求告护国军师长,遭到拒 绝,狗娃急中生智,在护国军师长寿宴上,仿效 川剧。《观音得道》 中观音为救父命而在舍身崖前割断绳索跳崖的情节。狗娃的真情感动了活观音也打动 了师长。师长当即应允亲自出面为变脸王申冤。
变脸王获释,在码头上,见到了正在擦船板的狗娃。在“爷爷”的呼唤声里,爷孙俩 紧紧拥抱在一起。

Die Handlung spielt in Sichuan, in den unruhigen 20er Jahren. Der "König der Masken" ist ein Straßenkünstler, der seinen Unterhalt mit der Kunst des blitzschnellen Gesichtswechsels verdient – jenem "Bian Lian 变脸", das dem Film seinen Titel gibt. Um nicht weiter allein arbeiten zu müssen, kauft er auf einem Kindermarkt einen Jungen; der soll erst sein Gehilfe werden, später sein Nachfolger. Eine Zeitlang ist der Alte glücklich über den gelehrigen Schüler. Doch dann enthüllt ein Zufall dessen Geheimnis: Der Junge ist in Wahrheit – ein Mädchen. Der Alte ist schockiert, denn nach den Regeln der Zunft darf er seine Kunst nur einem männlichen Erben weitergeben. Als die Kleine dann auch noch versehentlich das Boot in Brand setzt, auf dem sie leben, verstößt er sie voller Zorn.
Doch dann bringt sie ihn erst recht in Bedrängnis. Sie wird auf der Straße entführt, von denselben Männern, die auch den Sohn einer reichen Familie entführt haben. Als ausgebildete Akrobatin kann sie mit dem Jungen fliehen. Weil sie die Sehnsucht des Alten nach einem Erben kennt, bringt sie den Jungen zu ihm. Doch als entdeckt wird, wer der Junge ist, hält man den Alten für den Entführer und will ihn hinrichten. Und sie, das verstoßene kleine Mädchen, setzt iohr Leben aufs Spiel, um ihn zu retten ...
Der schönste Film von Wu Tianming 吴天明 (der auch in "Life 人生" und "Alter Brunnen 老井" Regie führte) - und einer der bewegendsten chinesischen Filme, die je gedreht wurden.  Er bietet eine Paraderolle für Zhu Xu 朱旭, den wohl größten Darsteller männlicher Altersrollen in Chinas Film (der u.a. in "Shower 洗澡/Das Badehaus" die Hauptrolle spielte). Doch die Kinderdarstellerin Zhou Renying周任莹 steht ihm in nichts nach. Aus ihr hätte vielleicht eine chinesische Shirley Temple werden können, doch ihr Lebensweg muss tragisch verlaufen sein, mit drogenabhängigen Eltern, die sich vor Gericht um sie stritten. Jedenfalls trat sie nach dieser Glanzrolle in keinem weiteren Film mehr auf ... auch sie wohl eines jener traurigen Schicksale, an denen Chinas Filmgeschichte so reich ist.

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"Sisters On Ice" 冰上姐妹 Bing Shang Jie Mei, China 1959. Von Wu Zhaodi 武兆堤, mit Lu Guilan 卢桂兰, Yu Zhongmin 于中敏, Yang Guang 杨洸. 99 min, Chinesisch OHNE Untertitel. Altersempfehlung: ab 12 Jahre.

隆冬季节,东北某市正在举行全省冰上运动会。获得女子滑冰冠军的不是数年连冠的 王冬燕,而是新秀丁淑萍。王为夺回失掉的冠军,拒绝了某中学学生于丽萍的求教, 独自苦练。丁淑萍则主动热情地帮助于丽萍。使她取得很大进步。于有些骄做,受到 丁的批评,于赌气走了。在一次爬山练习中,王冬燕遇险,被丁所救,丁摔伤了自己 。于听说此事非常感动。丁去海滨疗养,她发现自己所爱的歌唱家罗林,心中爱的是 于丽萍,便决定放弃对罗的感情。于知道了这些,自己也有意和罗疏远。 丁疗养回来,促使于、罗重归于好。后来,丁和王冬燕的哥哥王冬舟相爱 。。。

Dieser Film, der im Jahr 10 der Volksrepublik in die Kinos kam, ist nicht nur einer von relativ wenigen chinesischen Farbfilmen dieser Zeit. Er ist auch deshalb eine Ausnahme, weil hier weder Politik eine bedeutende Rolle spielt, noch die üblichen Themen von Guomindang-Zeit, Langem Marsch oder Widerstand gegen die Japaner. Und es geht nicht einmal um Probleme von Arbeitswelt und Produktion – sondern um Sport.
Erzählt wird eine Geschichte junger Eisschnelläuferinnen, die in einer Stadt im Nordosten um die chinesische Meisterschaft kämpfen. In Fragen wie Trainingsfleiß, Konkurrenz, Individualität und Gemeinsinn (aber auch bei der Beziehung zu einem Sänger, in den sich zwei der Frauen verlieben) enthüllt sich deren Charakter.
Natürlich ist zu bedenken, dass in China wie im Westen die sportliche Betätigung von Frauen in der Vergangenheit immer auch eine politische Dimension hatte (und dass z.B. in Deutschland das 1955 erlassene Verbot des Frauenfußballs vom DFB erst 1970 aufgehoben wurde). Eine Sport treibende Frau war 1934 in 体育皇后 (Ti Yu Huang Hou / Queen of Sports) noch eine Besonderheit. Die Selbstverständlichkeit, mit der hier, 25 Jahre später, der Frauensport gesehen wird, lässt erkennen, welche Fortschritte das Frauenbild in China zu dieser Zeit gemacht hatte.

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Bu Bu Jing Xin 步步惊心 ("Time to Love")
Historische Fantasy-Romanze von Song Di 宋迪, China 2015. Mit Ivy Chen 陈意涵, Tony Yang 杨佑宁, Shawn Dou 窦骁. 113 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Als Mo Yan 莫言 für seinen "halluzinatorischen Realismus" 2012 den Literatur-Nobelpreis erhielt, meinte Ai Weiwei 艾未未, Mo Yan sei "kein Intellektueller, der die heutige chinesische Zeit vertreten kann". Und der seit 2011 in Berlin lebende Liao Yiwu 廖亦武 (2012 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt, und vor wenigen Tagen auch mit dem "Hohenschönhausen-Preis") kritisierte Mo Yan als "Staatsdichter, der sich, wenn es darauf ankomme, in seine Welt der Kunstfertigkeit zurückziehe". Was aber sagen die beiden wohl zu jener Literatur, die heute Chinas Buchmarkt dominiert? Zum Beispiel zu den Romanen der 34-jährigen Tong Hua 桐华, die heute in den USA lebt?
Deren Erstling Bu Bu Jing Xin 步步惊心 (Wörtlich "Startling With Each Step"/"Jeder Schritt eine Aufregung") feierte erst als Buch, dann als TV-Serie sensationelle Erfolge. Jetzt kam er konsequenterweise auch als Kinofilm auf den Markt.

Filmkritiken zeigen, dass der Film offenbar stark von der Vorlage abweicht – ungefähr so, als wollte man alle Harry-Potter-Romane in einem Film zusammenfassen. Doch der Kern der Handlung ist identisch: Die junge Zhang Xiaowen (Ivy Chen) gerät durch einen Unfall in eine Art Zeitmaschine. Begleitet von ihrem Kater (nach wie vor miauend, aber in der Gestalt eines Husky-Hundes) erwacht sie als Prinzessin Ruoxi im Kaiserpalast, kurz vor dem Tod von Kaiser Kangxi.
Bald hat sie es vor allem mit vier Personen zu tun. Neben Kaiser Kangxi im Hintergrund ist da erstens der finstere Kronprinz, der Ruoxi aus irgendwelchen Gründen umbringen will. Dann ist da Prinz Nummer Vier (Tony Yang), der sie beschützt (und selber Kaiser werden will), und der sie einerseits liebt, doch aus politischen Gründen bereit ist, sie zu opfern. Schließlich noch der von der Grenze in die Hauptstadt zurückgekehrte Prinz Nummer Vierzehn (Shawn Dou), der Ruoxi liebt. Zwischen diesen Personen entwickelt sich eine Handlung, in der es sowohl um die Gefühle geht, die Ruoxi selber empfindet und bei anderen auslöst, als auch darum, wer die Nachfolge des siechen Kaisers Kangxi antreten wird.
Wie oben gesagt bzw. geschrieben: eine historische Fantasy-Romanze. Wer will, kann das als solches genießen: schöne Parks und Paläste, schöne Gesichter, schöne Kostüme. Wer kritischer ist, kann bemängeln, dass der Film das enorme Potenzial an Komik und Konflikten, das sich aus Zhang Xiaowen's Zugehörigkeit zu beiden Zeitaltern ergeben könnte, bis auf ein paar billige Elemente verschenkt (z.B. ein transportabler Toilettenstuhl). Man kann aber auch fragen: Warum zieht es Chinas Filmemacher immer wieder unwiderstehlich in die Kaiserzeit? Warum gibt es nichts Vergleichbares in Deutschland, obwohl dort das Kaiserreich immerhin 7 Jahre länger Bestand hatte als in China (Deutschland bis 1918, China bis 1911)? Fassungslos kann man auch über die Psychologie nachdenken: Hängt denn der jungen Frau das ganze Hofgetue nicht bald zum Hals heraus? Merkt sie nicht nach spätestens einer Woche, dass heute jeder qualifizierte Angestellte besser lebt als damals ein Kaiser? Gibt es in ihrem Gegenwarts-Leben keinen Menschen, den sie vermisst? Oder diese seltsame Darstellung des Lebens am Kaiserhof, wo Prinzen und Prinzessinnen dauernd alleine irgendwo hingehen, und dann sprechen sie wie Chinesen von heute, bloß mit alten Gewändern und alten Frisuren. Oder das Gesellschaftliche: Warum sind die reichen Leute in den Filmen aus der Republikzeit meistens widerliche Unterdrücker, während in diesen historischen Palast-Filmen Macht und Reichtum am Kaiserhof gottgegeben zu sein scheinen? Warum zeigen diese Palast- und Kungfu-Filme so gut wie nichts von den realen Gedanken, Zwängen, Ritualen und Problemen dieser Zeit?
Vermutlich deshalb, weil viele Chinesen (die Filmemacher eingeschlossen) von der realen Vergangenheit erstens nichts wissen und zweitens gar nichts wissen wollen – egal ob es um den "Großen Sprung nach vorn" geht oder z.B. um das grandiose "Große Edikt", das Kaiser Yongzheng in Erweiterung der 16 Maximen seines Vaters Kangxi verfasste.
Also jener Yongzheng, der doch kein anderer ist als Prinz Vier, der sich in diesem Film um Ruoxi bemüht. Der Eskapismus solcher Filme zeigt schmerzlich, dass sich Chinas Film zwar technisch und dramaturgisch grandios entwickelt hat – und gleichzeitig gegenüber den 80er Jahren unendlich viel an innerer Freiheit und gedanklicher Tiefe verloren hat (wie dies z.B. die unten angebotene Alternative zeigt).

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BU ER SHEN TAN 不二神探 ("Badges of Fury ")
Von Tsz Ming Wong, Hongkong 2013. 92 min, mit Jet Li, Wen Zhang, Michelle Chen, Liu Shishi. Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Eine Serie von Morden, deren Opfer stets ein Lächeln auf dem Gesicht tragen, erschüttert Hongkong. Der übereifrige Polizist Wang Bu Er, der mit seiner Ungeduld immer wieder Aktionen in Gefahr bringt, muss mit dem älteren Huang Fei Hong (gespielt von Jet Li) zusammenarbeiten. Sie verdächtigen zunächst die Schauspielerin Liu Jinshui, die sich aber als unschuldig herausstellt. Um den Mörder zu finden, präsentiert sich Wang Bu Er als Freundin von Liu, was ihn schnell in Teufels Küche bringt ... eine rasante Action-Comedy, die natürlich (wie in einem Film mit Jet Li nicht anders zu erwarten) mit exzellenten Kampfszenen reichlich versehen ist.

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BU GU NIAO YOU JIAO LE 布谷鸟又叫了 ("Cuckoo sings again")
Von Huang Zuolin, China 1955. Mit Xie Dehui, Zhou Zhijun, Liu Tongbiao. Farbe, 83 min, Chinesisch OHNE Untertitel. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Rein filmisch betrachtet, ist dieser Streifen aus der Zeit der Volkskommunen eine romantische Komödie. Zwei junge Männer lieben die hübsche Tong Yaman, die gerne und mit großem Talent singt. Wang Bihao ist egoistisch und will sie als persönlichen Besitz; und dass sie Traktorfahren lernen will und in der Öffentlichkeit singt, ist ihm zuwider. Shen Xiaojia hingegen liebt sie nicht nur, sondern möchte auch, dass sie ebenso wie er selber lernt und sich entwickelt. Zunächst verzichtet er auf Yaman, weil er glaubt, sie habe sich schon für Bihao entschieden. Doch als Yaman den Egoismus von Bihao erkennt, wendet sie sich von diesem ab und Xiaojia zu, der sie wirklich liebt.
Abgesehen von den Konflikten, die für die Handlung erforderlich sind, ist der Film geradezu idyllisch. Von dem, was in dieser Zeit tatsächlich in China vor sich ging, gibt es hier kein Wort und kein Bild: nämlich Maos "Großer Sprung nach vorn", der Millionen Menschen verhungern ließ. Den oftmals abgrundtiefen Unterschied zwischen dem, was solche Filme zeigen und was sie verschweigen, muss sich der Betrachter immer wieder selber bewusst machen.

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Bu Liao Qing  不了情 ("Endless Love")
Beziehungs-Klassiker von Sang Hu 桑弧, China 1947; Drehbuch von Eileen Chang (Zhang Ailing 张爱玲). Mit Chen Yanyan 尤敏 und Liu Qiong. Schwarzweiß, 93 min, Chinesisch mit (PC-generierten) englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Shanghai in den Jahren der Republik: Die junge Lehrerin Jiayin lernt den Fabrikdirektor Xia Zhongyu kennen, der zehn Jahre älter als sie ist. Zwischen beiden entsteht Zuneigung und Liebe, und Xia Zongyu will sich von seiner ungeliebten und ungebildeten (und überdies noch kranken) Frau scheiden lassen, die er nach dem Willen seiner Eltern als junger Mann hatte heiraten müssen. Jiayin aber kann die Vorstellung, eigenes Glück durch das Unglück einer anderen zu gewinnen, nicht ertragen. Am Ende verzichtet sie und verlässt Shanghai.
Das Drehbuch zu diesem in seiner Thematik durchaus modernen Klassiker stammte von der 1920 geborenen Eileen Chang (Zhang Ailing 张爱玲): vielleicht die wichtigste chinesische Schriftstellerin des 20. Jahrhunderts, die bis zu ihrem Tod immer wieder im Gespräch für den Literatur-Nobelpreis war.
Aufgewachsen in einer angesehenen Shanghaier Familie, erlebte sie schon in früher Kindheit das Drama ihrer Eltern. Der Vater nahm sich eine Konkubine und wurde opiumsüchtig, woraufhin sich die Mutter von ihm scheiden ließ. 1939 ging die 19-Jährige Ailing an die Hongkong University, musste jedoch 1941 aufgrund der japanischen Invasion zurückkehren. Schon bald wurde sie mit literarischen Publikationen berühmt. 1947, mit kaum 27 Jahren, schrieb sie zwei Drehbücher, die beide von Sang Hu verfilmt wurden: das zu "Endless Love" und zu "Long Live the Wife" (Tai Tai Wan Sui 太太万岁). Ihre Texte, die sich vor allem mit den Mann-Frau-Beziehungen beschäftigten, waren wegweisend. Auch Ang Lees preisgekrönter Film "Lust, Caution" (色,戒) beruhte auf einer ihrer Kurzgeschichten.
1955 ging sie in die USA. Wenig später heiratete sie in zweiter Ehe den Drehbuchautor Ferdinand Reyher (einen Bekannten Bertolt Brechts), der 1967 starb. Ab 1973 lebte sie zunehmend zurückgezogen in Los Angeles. 1995 starb sie dort in ihrer Wohnung, wo sie erst Tage nach ihrem Tod gefunden wurde.

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BU NENG SHUO DE MI MI  不能说的秘密 ("Secret")
Von Jay Chou, Taiwan 2007. Mit Jay Chou, Guey Lun-mei, Anthony Wong, Alice Tzeng. 93 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Der 1979 geborene Jay Chou ist als Pianist, Songwriter, Sänger und Schauspieler im chinesischen Sprachraum einer der größten Pop-Stars. Mit diesem Film legte er sein Erstlingswerk als Regisseur vor. Er spielt auch die Hauptrolle, nämlich den hochbegabten Pianisten Hsiang-lun, der gerade sein Studium am Konservatorium aufnimmt. Hier trifft er auf Hsiao-yu, eine geheimnisvolle Mitschülerin, in die er sich sofort verliebt. Zunächst steuert die Handlung auf eine Dreiecksgeschichte ähnlich wie im "Traum der Roten Kammer" hin , wo der verhätschelte Baoyu die kränkelnde Daiyu liebt, aber von der Familie zu der handfesten Baochai gedrängt wird. Dann jedoch dreht der Film in Richtung Fantasy: Ein geheimnisvolles Musik-Manuskript saugt die Protagonisten in eine irreale, sich im Abstand von 20 Jahre vollziehende Liebesgeschichte.
Ob das dramaturgisch zwingend und filmisch gelungen ist, darf man bezweifeln. Bemerkenswert sind aber, wie immer wieder in Filmen aus Taiwan, die Einblicke in das soziale Leben, das Schulsystem und das Wertesystem des Inselstaates, die sich ganz zwanglos ergeben: Einblicke in eine Kultur, in der die chinesische Tradition auf ganz andere Weise bewahrt ist als auf dem Festland. Und wie in jedem wirtschaftlich fortgeschrittenen Land, so zeigt sich auch auf Taiwan die Sehnsucht der jungen Leute, sich nicht in der Welt des Geldverdienens hervorzutun, sondern in der Welt von Kunst, Medien, Literatur und Musik. Dass der Film in China und Hongkong und erst recht auf Taiwan ziemlich erfolgreich war, versteht sich von selbst.

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BU NENG ZOU NA TIAO LU 不能走那条路("That's not the Way to Go ")
Von Jue Lu und Ying Yunwei, China 1954. Mit Wei Heling, Lan Gu, Zhao Shuyin. SW, 57 min, Chinesisch OHNE Untertitel.  Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Nach der Landreform erhält der Bauer Zhang Shuang ein wertvolles Stück Land. Aber statt es gut zu bewirtschaften, lässt er sich auf Spekulationen ein, die ihn in Schulden stürzen. In seiner Not ist er bereit, sein Land an einen anderen Bauern zu verkaufen. Der jedoch wird von seinem Sohn dafür kritisiert, dass er die Notlage des Nachbarn ausnutzen will. Schließlich ist er bereit, sein Geld, statt dafür das Land zu kaufen, Zhang Shuang zu leihen. Dieser kann so seine Probleme lösen, und voller Dankbarkeit versichert er, künftig als echter Bauer sein Land gut bestellen zu wollen. – Dieser 60 Jahre alte Klassiker zeigt, dass Geschäftemacherei und Grundbesitzspekulationen nicht erst in den letzten Jahrzehnten aufgekommen sind, sondern schon in den ersten Jahren der Volksrepublik ein Problem darstellten.

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BU SHI NAO ZHE WAN DE  不是鬧著玩的 ("No Kidding")
Komödie von Lu Weiguo, China 2010. Mit Li Lixiang, Yu Genyi, Cao Suifeng, Chang Zhetao. 89 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Immer noch, 70 Jahre nach Kriegsende, ist die japanische Invasion für China eine offene Wunde. Wie problematisch der Umgang damit ist, zeigt schon der Termin der kürzlich abgehaltenen Pekinger Militärparade. Sie fand am 3. September statt, orientierte sich also an der Kapitulation Japans gegenüber den USA am 2. September 1945 - während doch die Kapitulation gegenüber China am 9. September 1945 stattfand (in Nanjing, unterzeichnet von GMD-General He Yinqin und dem japanischen Oberbefehlshaber Yasuji Okamura, der danach - kaum zu glauben - bis 1949 als Militärberater von Chiang Kaishek fungierte). Kein Wunder, dass Filme über diese Zeit, in denen einzelnen Japanern auch nur eine Spur von Menschlichkeit zugeschrieben wird (z.B. "Lust, Caution" von Ang Lee) in China regelmäßig verboten werden.
Insofern ist der Film von Lu Weiguo eine Besonderheit. Die Story spielt in Henan. Im Mittelpunkt steht Youcai, ein mobiler Filmvorführer, der mit seinen Filmen von Dorf zu Dorf fährt. Aber sein Traum ist es, einen Film zu drehen, und dafür verkauft er sogar sein Auto und seinen Projektor. Weil er keine professionellen Schauspieler bezahlen kann, animiert er die Dorfbewohner seines Heimatdorfes zum Mitmachen. Der Film soll "Banditen" heißen und die Geschichte seines Großvaters erzählen, der den Einmarsch der Japaner erlebt hat, und dessen Geschichten im Dorf keiner mehr hören will. Natürlich geht alles schief, was bei so einem Projekt schiefgehen kann, bis hin zu einem Feuer, dem ein Lagerschuppen zum Opfer fällt.
Youcai wird festgenommen, doch dann erfährt die Provinzregierung und die Presse von dem Projekt, das ein gutes Beispiel für Kultur auf dem Land zu sein scheint. Tatsächlich gelingt es Youcai, den Film zu Ende zu bringen. Wie es sich für eine Komödie gehört, kriegt er zum Lohn nicht nur sein Auto und seinen Projektor zurück, sondern findet bei alledem auch seine künftige Partnerin. - Obwohl dies sicherlich kein großer Film ist, gelingt ihm ein Kunststück, das auch Jiang Wen in "Guizi laile" ("鬼子来了/ Devils on the Doorstep") versucht hatte: bestimmte Verhaltensmuster der Japaner, die in hundert Filmen immer wieder auf dieselbe Weise dargestellt werden, als klischeehafte Filmkonventionen zu zeigen. Doch während der Film von Jiang Wen dafür verboten wurde, kam dieser Film, der das Klischee in das Verhalten der mitspielenden Bauern verlegt, offenbar unbeschadet durch die Zensur.

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Bu Xiu De Shi Guang 不朽的时光 "When We Were Young", China 2016. Drama von Yan Ran 闫然, mit Wang Ziyi 王紫逸, Ariel AisinGioro 爱新觉罗·启星, Zhang Doudou 张逗逗. 106 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

1982年初秋,云贵高原上的小城---修文,梁国庆、方紫云、林翠翠、鲁小然、徐迎春、唐宋予等六个风华正茂,但又性 格迥异的少年,一同步入了高中二年级。他们都是自幼跟随父辈,穿越文革风雨,从 故乡到异乡的亲密挚友;他们是一起捱过心灵深处的恐惧,携手并肩,一起长大的忠 诚伙伴,但就在这个明媚的秋天,校方为了扭转多年来的高考败局,痛定地痛,决定 实施”快慢班“重点突击计划,即将成绩优良的学生挑选出来,组成”甲种快班“, 重点培养,方紫云和鲁小然因为成绩优异自然进了”甲种快班“,而梁国庆、林翠翠 、徐迎春、唐宋予则和其他成绩差的学生一样,被归拢到”后进慢班“,其实也就是 自生自灭的”放羊班“。命运的河流,再次转了这么大的一个弯,慌忙的孩子们,就 像被搁浅在浅滩上的鱼,他们拼命翻腾跳跃着、挣扎着,努力去寻找一份能属于自己 的希望。然而,文革的伤痕,已经成为他们性格的一部分,是人生的烙印,亦是精神 的残缺。

Geschichte ist nicht das Konzentrat der Vergangenheit, sondern immer nur deren herrschende Interpretation. Noch mehr als anderswo gilt das in China, wo das Verschweigen unerwünschter Geschichte zur Staatsräson gehört. Dass ein Film wie "When We Were Young" (der Anfang der 80-er Jahre spielt und immer wieder in die Zeit der Kulturrevolution zurückspringt) überhaupt gedreht werden konnte, ist daher beachtlich. Wenn der Blick auf die Schrecken der Vergangenheit dabei oberflächlich bleibt (oder diese gelegentlich zum Positiven hin verfälscht) kann das kaum verwundern.
Die Handlung spielt in einer Bergregion von Yunnan-Guizhou. Hierher hat es die Familie von Lu Xiaoran verschlagen, dessen Vater gelernter Brückenbauer ist. Während dieser in der Kulturrevolution misshandelt und gedemütigt wird, schließt sein Sohn Xiaoran sich einigen Klassenkameraden an, deren Familien ähnliches erleben. Später kommt die zarte Ziyun hinzu, in die sich Xiaoran verliebt. Die Öffnung der Gesellschaft nach 1976 bringt die Rückkehr von Eigeninitiative und akademischem Leben; doch angesichts der Niveau-Unterschiede beschließt die Schule, die besseren und die schlechteren Schüler zu trennen. Die hier beginnende Schichtung der Gesellschaft führt außerhalb der Schule auch zur Bildung von Banden, in denen sich Abgehängte und Außenseiter sammeln. Entsprechend unterschiedlich verlaufen die Wege der Jugendfreunde. Einer von ihnen, der stets davon träumte, ein Kampfkunst-Mönch zu werden, macht eine Pilgerfahrt zum Shaolin-Tempel - und findet dort eine verfallene Anlage, die ihn desillusioniert.
(Anmerkung: Bei der Szene musste ich an Xu Xiaodong denken, dessen Fall vor kurzem Chinas Wushu- und Gongfu-Welt ("Kung Fu") erschütterte. Xu nämlich merkte als MMA-Kämpfer, dass all das Getue um Ballett-Kämpfer wie Bruce Lee, Yip Man oder Jackie Chan nur Filmgeschwindel ist. In einem Schaukampf erledigte er einen berühmten Meister, siehe z.B. auf Youtube www.youtube.com/watch?v=5UnXCDASwUQ. Daraufhin fiel das ganze Land über ihn her und bezichtigte ihn, Chinas geheiligte Kultur zu verraten.)
Xiaoran geht es besser, denn er besteht die Uni-Aufnahmeprüfung. Auch sein Vater wird rehabilitiert und darf endlich die Brücke bauen, von der er immer geträumt hatte. Doch für andere verläuft die Entwicklung tragisch: erst wird Ziyun von Bandenboss "Tiger" vergewaltigt, dann dieser von einem der Freunde zur Rache umgebracht. Und auch dem Film selber ging es in China nicht viel besser: Nach wenigen Aufführungen in ausgewählten Kinos verschwand er schnell in der Versenkung. Für uns jedoch ist er nicht nur wegen seiner Thematik interessant, sondern auch wegen Crew und Besetzung. Kameramann ist beispielsweise Florian Zinke, der in Wien und Peking studierte. Und die weibliche Hauptrolle spielt Ariel Aisin-Gioro: die ätherische Nachfahrin von Chinas dahingeschwundener Mandschu-Dynastie.

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BU YE CHENG 不夜城 ("City Without Night")
Von Tang Xiaodan, China 1957. Farbe, 112 min, Chinesisch OHNE Untertitel. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Dieser frühe Farbfilm spielt in Shanghai, allerdings ganz im Geist der frühen Volksrepublik. Die Story: 1935 kehrt Zhang Bohan aus dem Ausland zurück nach Shanghai, wo sein Vater eine Textilfabrik betreibt. Diese befindet sich jedoch infolge der Machenschaften eines japanischen "Compradors" (= Zwischenhändler) am Rande des Bankrotts. Bohan kann die Fabrik mit neuen Produkten wieder profitabel machen. Doch dann wird er immer rücksichtsloser und geldgieriger, bis hin zu illegalen Geldgeschäften. Das führt zum Konflikt mit seiner Tochter, die im Streit das Haus verlässt.
1949 will er wie viele andere Geschäftsleute fliehen, verpasst aber das letzte Flugzeug. Doch dann, im neuen China, erkennt er seine Fehler und versöhnt sich mit den veränderten Umständen. – Wie es allerdings dem Fabrikanten und seiner Familie in den Jahrzehnten danach erging, erzählt der 1957 gedrehte, durch und durch optimistische Film natürlich nicht.

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CAN KU DE QING REN  残酷的情人 ("Brutal Lover")
Von Xiang Lin, China 1986. Mit Sun Chun und Fu Lili. Farbe, 81 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Zu den Dingen, die in den 80er Jahren neu oder aufs Neue nach China kamen, gehörten nicht nur Trinkgelder, Coca Cola oder die Anfänge des ungeheuren Baubooms, die sich zuerst in öffentlichen Großbauten manifestierten. Hinzu kamen auch Elemente des Wirtschaftslebens wie PR, Marketing, Werbung, Produktdesign, Kundenakquise. All das spielt in diesem Film eine Rolle, an dessen Beginn die Planung eines großen Theaters steht. Bei dessen Innenausstattung spielen repräsentative Lampen eine entscheidende Rolle, und um den Großauftrag dafür bewerben sich zwei Firmen. Die eine ist die Firma Caihong mit dem jungen Produktionsleiter Xiao Yuan. Die zweite Firma arbeitet eng mit ausländischen Produzenten zusammen - und die zuständige Marketingfrau Shen Yafei ist ausgerechnet die frühere Freundin von Xiao Yuan. Inzwischen ist sie allerdings eine mit allen Wassern gewaschene Managerin, die vor keinem Mittel zurückschreckt, den Auftrag für ihre Firma zu holen: Bestechung, Verführung, Ausspähung der Konkurrenz. Ergebnis ist etwas, das im neueren chinesischen Film eine echte Rarität darstellt: nicht der Gute holt am Ende den Auftrag (also Xiao Yuan mit seiner Firma Caihong), sondern die mit allen legalen und illegalen Tricks arbeitende Konkurrenzfirma der Shen Yafei.

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CAN XUE 残雪 ("Leftover Snow")
Von Jiang Shusen, China 1980. Mit Li Yan, Siqin Gaowa, Xu Zhan. Farbe, 98 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Auch dies ist einer jener Filme, wie sie nur in der geistigen Atmosphäre der 80er Jahre entstehen konnten. Die Handlung spielt kurz nach dem Sturz der "Viererbande" (die offenbar eine vom Himmel gefallene Naturkatastrophe war, an der weder die Partei noch der Vorsitzende Mao schuld waren). Nun ist diese Zeit vorbei, und Zhou Feng, ein hochrangiges Mitglied des Zentralkomitees, kehrt aus dem Straflager nach Peking zurück. Das erfährt auch sein Sohn Zhou Weiguang, den es als Forstfachmann nach Xinjiang verschlagen hat. Dort hat er Xiuyun geheiratet, eine gute und loyale Frau, die ihm auch einen Sohn geboren hat. Dennoch setzt er alles daran, sich scheiden zu lassen, damit er nach Peking zurückkehren kann. Weil alle - Vorgesetzte, Familiengericht, Parteifunktionäre - wissen, wer sein Vater ist, erreicht er die Scheidung und geht nach Peking; das Kind bleibt bei der Mutter. Doch dann erhält Zhou Feng einen anonymen Brief, der beschreibt, welche Sonderbehandlung der korrupte Weiguang für sich erzwungen hatte. Erschüttert fliegt Zhou Feng mit seiner Frau nach Xinjiang, um sich selber ein Bild zu machen. In vorauseilendem Gehorsam glauben die lokalen Parteibonzen, er wolle den Enkel nach Peking holen, und setzen die Mutter des Kindes unter Druck, auf das Kind zu verzichten. Doch dann klärt sich alles auf. Zhou Feng gewinnt das Vertrauen von Xiuyun und ihrer Familie, und in Peking gelingt es ihm sogar, Weiguang zur Rückkehr nach Xinjiang zu bewegen. Scheinbar ein gutes Ende ... und doch zeigt der Film in aller Deutlichkeit eines: Wenn Zhou Feng etwas weniger die Revolution und etwas mehr seine Familie im Sinn hätte (wie es das ja gegenwärtig angeblich geben soll), würden sich damals wie heute alle die Beine ausreißen, um die Wünsche des ZK-Granden zu erfüllen. Welcher Film, welcher Regisseur wagt es heute noch, diese Strukturen der chinesischen Gesellschaft so offen darzustellen?

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Chang Cheng 长城 "The Great Wall", Fantasy-Actionfilm von Zhang Yimou张艺谋, China 2017. 104 min, chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

电影《长城》讲述了在古代,一支中国精英部队为保卫人类,在举世闻名的长城上与怪兽饕餮进 行生死决战的故事。欧洲雇佣军威廉(马特·达蒙饰)与同伴佩罗·托瓦尔(佩德罗·帕 斯卡饰)不远万里来到中国盗取火药配方,意外发现了长城是为抵御60年降临人间一 次的饕餮所建。长城内部机关重重,宛如陆上航母,由无影禁军世代镇守。在这里 ,威廉见识了饕餮的凶残,也见证了无影禁军的精锐和勇敢,并被这群战士之间的信 任和牺牲所感动,义无反顾地加入到了共同守护人类的战斗当中 ...

Ob es einem gefällt oder nicht: Zhang Yimou ist DIE Verkörperung von Chinas neuem Film, im Guten wie im Schlechten. Seine Wandlung vom Geist zum Geld und von kritischer Reflexion zu spektakulären Effekten spiegelt getreulich die Entwicklung des chinesischen Kino-Mainstreams. Auch dass er, Chinas Leni Riefenstahl, immer unverhüllter die Staatsmacht umschmeichelt, Gewalt ästhetisch verherrlicht, historische Fakten in haarsträubenden Plots bedenkenlos verdreht, ist charakteristisch für Chinas Kino der Gegenwart. Deshalb kann man nicht umhin, seine Filme zu sehen: Nirgends lässt sich besser ablesen, wie es derzeit um den chinesischen Film bestellt ist.
Hier nun geht es um die Große Mauer, und zwar auf der Grundlage eines US-amerikanischen (!) Drehbuches. Dieses macht aus der realen Großen Mauer (also den vielen, niemals komplett verbundenen Mauerteilen) die mythische Mauer aus "Game of Thrones", nur eben in China. Und diese Mauer dient nicht etwa als Schutz gegen wilde Reitervölker, sondern schützt die Menschheit gegen ein Heer grässlicher Ungeheuer namens "Taotie", die von irgendwo im Weltraum zur Erde herabgesandt wurden, zur Strafe für menschliche Gier, von wem auch immer. Diese Tyrannosaurus-Rex-ähnlichen Monster verkörpern pure Mordgier, so dass man mit ihnen (dramaturgisch ein fast verächtlich billiger Trick) auf keine Weise anders kommunizieren kann als sie zu töten, abgesehen davon, dass die Nähe eines Magneten ihre Wut und ihren Blutdurst zeitweilig beruhigen kann. Sie haben jedoch keinen eigenen Willen, sondern werden zentral gesteuert von einer Brut-und-Hirn-Königin, deren einziger Zweck in Heimsuchung der Menschheit und dem Gebären neuer Taotie-Monster besteht.
Das kann man als spektakuläre Splatter-Fantasy genießen, wo heldenmütige Chinesen gemeinsam mit zwei anfangs gierigen, dann aber doch opferwilligen US-Superhelden die Menschheit retten. Es gibt eindrucksvoll uniformierte Armee-Einheiten, allesamt mit eindrucksvollen Waffen, wobei die wichtigsten Einheiten aus opferbereiten Frauen bestehen, deren Anführerin nach dem Tod des männlichen Generals das Oberkommando übernimmt. Wie in "Game of Thrones" sind die Mauertruppen Angehörige eine geheimen Ordens, und auch hier gibt es im Innern der Mauer einen Aufzug mit Menschenantrieb. Todesmutige Kämpferinnen werfen sich von der Mauer in die Tiefe und zeigen phantastische Fantasy-Kampftechnik ... wie gesagt: die Ästhetisierung der Gewalt, die spätestens seit "Hero" Zhang Yimou kennzeichnet.
Was die US-Kämpfer in der Story zu suchen haben (außer dass sie auf der Leinwand auftauchen müssen, damit der Schinken in den USA zumindest eine Ausicht auf Erfolg haben kann) ist typischer Drehbuch-Quatsch a la Hollywood: Sie wollen das "Black Powder" (also Schwarzpulver) der Chinesen stehlen – aber nicht, indem sie sich das Wissen aneignen, wie man es herstellt. Sondern sie wollen wirklich ein paar Säcke von dem Zeug aus China bis nach Europa bringen (wo es dann, wie im Film schon bei der erstbesten Reiterhorde geschehend, einmal und für immer verpuffen würde) ... also schlicht bescheuert, und wie die ganze Story ein Beweis, in welchen Sümpfen miesen Geschmacks und miesen Kinos Zhang Yimou sich inzwischen suhlt.
Allerdings siedelt der Film das Ganze im realen China einer realen Zeit an. "Harold und die Dänen" werden erwähnt, womit der Zeitraum nach dem Jahr 1000 feststeht, folglich das China der Song-Dynastie, und damit gerade mal ein Drittel des späteren Chinas. Und die Hauptstadt Kaifeng war auch nicht, wie im Film behauptet, bloß 800 Li von der Mauer entfernt (also ca. 400 Kilometer), sondern mehr als das Doppelte, und dann war auch noch der Gelbe Fluss dazwischen ... macht aber nichts, weil die Mauerhelden in Heißluftballons zur Hauptstadt fliegen und dort im finalen Showdown die Monster-Queen erledigen. Quo vadis, Zhang Yimou?

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Ebenfalls 19:00 Uhr, mittlerer Raum

CHANG XIANG SI  长相思  ("An All-Consuming Love")
Von  He Zhaozhang, Hongkong 1947. Mit Zhou Xuan, Su Shi, Huang Wansu. Schwarzweiß, 79 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Obwohl in Hongkong gedreht, spielt die Handlung in Shanghai, und zwar kurz vor der japanischen Kapitulation. Im Kern aber geht es nicht um Politik, sondern um die Hauptdarstellerin Zhou Xuan. In diesem Film hat sie einen Ehemann und einen alten Freund, die sie offenbar beide lieben. Der Ehemann geht in den Untergrund, um gegen die Japaner zu kämpfen, und sie bleibt zusammen mit ihrer blinden Mutter zurück, ohne Nachricht und bald ohne Geld. Nun muss sie das tun, was man in einem Film von der damals 30-jährigen Zhou Xuan erwartete: nämlich, Sängerin in einem Nachtclub zu werden. Natürlich singt sie dort einige ihrer berühmtesten Lieder, z.B. Ye Shanghai 夜上海. Als der Freund davon erfährt, nimmt er sich ihrer an und wird (so weit das die damals erlaubten dezenten Andeutungen zeigen durften) ihr Liebhaber. Dann kapitulieren die Japaner, und der Ehemann kommt zurück, wenn auch nur mit einem Arm. Der Freund aber reist wehmütig fort, am Ende die Schallplatten seiner Geliebten ins Meer werfend. - Wie in den meisten ihrer Filme, so ist Zhou Xuan auch hier die bedrängte, im Grunde hilflose Frau, die im Film wie im Leben immer wieder am Rand des seelischen Zusammenbruchs balancierte. Es ging ihr nicht anders als später ihrer Nachfolgerin Deng Lijun (Teresa Teng): als Sängerinnen berühmt, als Frauen ausgenutzt, wurden beide nur knapp über 40 Jahre alt.

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Cheng De Hao Ren 承德好人 ("The Good Man of Chengde"), China 2012. Ländliches Drama von Liu Guoquan 刘国权, mit Lu Yuan 鲁园, Xu Guangyu 徐光宇, Wang Kai 王凯. 94 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

影片《承德好人》是根据河北承 德围场满族蒙古族自治县育太和乡双 峰山村小学教师张国富真人真事改 编。2002年,围场教师张国富在下班 回家途中了一位既聋又哑且不识 字的老太太,从此,这位老太太便融 入了张国富的家庭,由此引发了一系 列有感动有酸楚的故事,老人最终得 到张国富如对待亲娘般的关照。5年时 间里,张国富不求回报地照顾、赡养 着这位老人,并经过多方努力,为老 人找到了失散多年的亲人。后来,他 的事迹经多家媒体报道,情动冀辽两 省,引起强烈反响。张国富被人们亲 切地称为承德好人2008年,张国 富被评为感动河北十大人物。影片 《承德好人》就是再现这位普通农村 教师老吾老以及人之老的高尚品德 之作。

Ausgangspunkt dieses Films ist ein Sachverhalt, den auch Chinesen als Schandfleck empfinden: Dass in China bei Unfällen auf der Straße niemand hilft, nicht einmal verletzten Kindern. Schuld daran sind neben der chinesischen Mentalität des 不要管闲事 ("Nicht in fremde Angelegenheiten einmischen") auch Staatsführung  und Gerichte: Mehrfach wurden Personen, die nach Unfällen geholfen hatten, anschließend für den Unfall verantwortlich gemacht.
Doch der Dorflehrer Zhang Guofu, der Held des Films (auf einer wahren Geschichte beruhend), ist ein durch und durch hilfsbereiter Mensch. Bei einer Straßenfeier gibt er einer stummen alten Bettlerin, die offenbar nicht ganz richtig im Kopf ist, einen gebratenen Hähnchenschenkel. Diese Frau trifft er in einem Tempel wieder, in dem er (obwohl er nicht daran glaubt) nach 10 Jahren Kinderlosigkeit für eine Schwangerschaft seiner Frau beten will. Als die Alte von Leuten umgerannt wird und stürzt, bringt Zhang Guofu sie erst ins Krankenhaus und dann, da sie keine Wohnung hat, zu sich und seiner Frau ins Haus. Damit beginnt eine Serie teils komischer, teils gefährlicher Geschehnisse, in deren Folge die Alte einmal fast das Haus abbrennt, dann Zhangs Frau ein Baby bekommt und dabei von der Alten gerettet wird.
Dennoch entschließt sich Zhang, sie zu einem Bahnhof zu fahren und dort auszusetzen ... doch sie findet den Weg zu ihm zurück. Als endlich auch das Fernsehen über den "guten Mann von Chengde" berichtet, findet sich auch die Familie, zu der die Alte gehört. Das Ganze bekommt ein bittersüßes Happyend – ohne allerdings aufzuklären, wie die Frau verlorengehen konnte. Ein hübscher Film im ländlichen Milieu, gedreht von einer heute 73-jährigen Regisseurin, die im Westen völlig unbekannt ist.

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Chong Feng Che 冲锋车 ("Two Thumbs Up")
Action-Komödie von Lau Ho-leung (刘浩良), Hongkong 2015. Mit Francis Ng (吴镇宇), Simon Yam (任达华), Leo Ku (古巨基). 102 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

《冲锋车》是英皇电影出品的黑色幽默警匪片。 由郑保瑞监制、刘浩良执导、香港影星吴镇宇、任达华、古巨基、谭耀文、郑浩南等 人联袂出演。电影入选第39届香港国际电影节的“隆重首映”环节,第三届伦敦国际 华语电影节竞赛项目,以及第十四届纽约亚洲电影节参展项目。于2015年4月2日上映 。影片主要讲述捱过十六年铁窗生涯的“发哥”想要东山再起,其召集昔日好兄弟合 力将一架十六座小巴改装成冲锋车,打算用最“和平”的方式,打劫一辆走私黑钱的 运屍车,不料半路杀出另一班心狠手辣的悍匪,由此两队人马展开了一番智勇..

Kaum ist der Kleinganove Big F aus dem Gefängnis entlassen, überredet er drei alte Kumpane zu einem Plan: Mit gestohlenen Teilen bauen sie einen Transporter als Polizei-Notfallwagen (EU = Emergency Unit) um; damit wollen sie Schmugglern deren Verdienst abnehmen. Doch dann hat auch eine Bande Schwerkriminelle die Idee, ein falsches Polizeifahrzeug für ihr Raubzüge zu benutzen. Ein Zivilpolizist kommt beiden Trupps auf die Spur. Bald läuft alles durcheinander, und Big F und seine Kumpane sehen sich plötzlich auf der Seite des Rechts und gegen die Banditen ... Ganz amüsanter Regie-Erstling von Lau Ho-leung, der zuvor die Drehbücher für viele erfolgreiche Filme geschrieben hatte.

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Chu Ji  雏妓 ("Sara")
Drama von Herman Yau, Hongkong 2015. Mit Charlene Choi und Simon Yam. 93 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Der Film greift zwei brisante Themen auf: Missbrauch in der Familie (den es offenbar auch in Hongkong gibt) und die Kinderprostitution in Thailand.
Sara (Charlene Choi) wird als Kind von ihrem Stiefvater missbraucht. Später geht sie eine Beziehung mit einem älteren Mann ein (Simon Yam), der ihr Wohnung und Ausbildung finanziert. Sie wird Journalistin, und als sie dabei Probleme bekommt, wird sie zur Strafe nach Thailand geschickt. Selber in einer tiefen Depression, freundet sie sich mit einem jungen Barmädchen an, das sie an ihre eigene Kindheit erinnert. Sie versucht, das Mädchen zu retten ...

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CHU LIAN SHI WO MEN BU DONG AI QING 初恋时我们不懂爱情 ("Is it Love?")
Von Zhu Wenshun und Chen Xuejie, China 1987. Mit Guo Xuxin, Wang Hui, Pang Ming. 105 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Ein Film aus den 80er-Jahren, quasi der Tang-Dynastie des chinesischen Films. Die Handlung spielt in einer Gruppe junger Reinigungsarbeiter, die darunter leiden, dass man ihre Arbeit geringschätzt - natürlich auch, dass sie nur schwer Freundinnen finden. Der gutaussehende Zhou Hang schließt eine Wette ab, dass er eine schöne Frau finden wird. Er trifft die Fabrikarbeiterin Chen Wanxia und gibt sich ihr gegenüber als Hochschulabsolvent aus. Sie verliebt sich in ihn und wird von ihm schwanger ... wie es weitergeht, erzählt der Film (leider ohne englische Untertitel).

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Chui Lian Ting Zheng, "Reign Behind a Curtain" 垂帘听政, Hongkong 1983. Historisches Drama von Li Han-hsiang 李翰祥, mit Liu Xiaoqing刘晓庆, Tony Leung Ka-Fai 梁家辉, Chen Ye 陈烨. 110 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

八国联军烧毁圆明园后,又迫使懦弱昏庸的清政府签定了一系列不平等的条约,在中 国的嚣张气焰可谓不可一世,胆小怕事的清帝咸丰(梁家辉)躲在了热河行宫内。除 去皇后(陈烨),常在咸丰身边出没的妃子有丽妃(周洁)和懿贵妃(刘晓庆),懿 贵妃极力讨好咸丰,但丽妃明显更受咸丰宠爱。
  三十寿诞时,咸丰突然重病不起,弥留之际,有心篡位夺权的大臣肃清(项堃) 因看出懿贵妃为人十分有心计,私下建议赐死懿贵妃再立幼主,咸丰初听觉得有理, 察觉肃清心怀不轨后,口谕他与其他七位大臣为辅佐幼主的摄政大臣,并赐“同道堂 ”印与懿贵妃,叮咛她与皇后齐心协力抚育幼主。咸丰大丧之时,肃清赠皇后与懿贵 妃徽号慈安与慈禧,妄图哄骗她们掌握政权,但他终没斗过慈禧。收拾完肃清,慈禧 亦没放过慈安。

Was wäre wenn ...? Diese Frage – immer müßig, aber immer interessant – stellt sich natürlich auch für China. Was wäre gewesen, wenn Sun Yatsen (孙中山), der nach dem Putsch des Yuan Shikai ins Exil ging und erst 1921 wieder zum Präsidenten gewählt wurde, nicht schon 1925 gestorben wäre? Und noch früher: Hätte Chinas Monarchie so wie in Schweden, Norwegen oder Dänemark eine Chance gehabt zu überleben? Vielleicht, wenn es einen starken, entschlossenen Kaiser gegeben hätte und nicht eine intrigante Regentin Cixi, der es nur um ihre persönliche Macht ging?
Der Film ist die Fortsetzung eines anderen Werkes von Li Han-hsiang, nämlich "The Burning of the Imperial Palace" (火烧圆明园). Der Vorgängerfilm beschreibt die ersten Jahre der anfangs bedeutungslosen Konkubine, bis in die Wirren der Opiumkriege. Nachdem sie dem Kaiser Xianfeng einen Sohn geboren hat, wird sie als Yi Guifei (懿貴妃) zur "Edlen Kaiserlichen Gemahlin Yi". Die Invasion der westlichen Mächte, mit der Plünderung und dem Niederbrennen des Yuanmingyuan-Palastes als barbarischem Tiefpunkt, zerrüttet die Stabilität der Monarchie und stärkt die Rolle von Cixi als Mutter des Thronfolgers.
"Reign Behind a Curtain" schildert ihren definitiven Aufstieg. Als Kaiser Xianfeng im Sterben liegt, ohne einen Nachfolger zu benennen, verweigert man Cixi den Zugang zu ihm. Doch mit dem Sohn des Kaisers im Arm erzwingt sie sich den Einlass ins Krankenzimmer. Den Tod vor Augen, bestimmt Xianfeng den Infanten zum Nachfolger und Cixi zusammen mit der Kaiserin zu Regentinnen. In den folgenden Jahren gelingt es ihr, sich am Kaiserhof gegen die 6000 Eunuchen, die schwachen Prinzen und die starken Hofbeamten durchzusetzen. Nach der Hinrichtung ihres Widersachers Sushun beherrscht sie das Reich zusammen mit Prinz Gong, einem Halbbruder des verstorbenen Kaisers.
Sie bleibt auch dann an der Macht, als 1875 ihr eigener Sohn Tongzhi stirbt und der einer Nebenlinie entstammende Guangxu zum Kind-Kaiser bestimmt wird. Anfangs steht sie den Intellektuellen nahe, die China nach dem Vorbild Japans reformieren wollen. Doch als später der junge Guangxu wirklich Reformen einleiten will, schaltet sie ihn aus. Letzte Versuche, das Land zu modernisieren, kommen zu spät. Als sie am 15. November 1908 stirbt – einen Tag nach dem nie geklärten Tod von Kaiser Guangxu – ist das Schicksal der Monarchie besiegelt.
40 Jahre später, also nicht mehr Teil der Film-Story, setzt sich Mao Zedong als neuer Kaiser durch. An die Stelle der 6000 Hof-Eunuchen treten Millionen KP-Mitglieder. Leider passen Kunst und Philosophie der neuen Kaiser in einen Fingerhut, und ihre Rituale (Militärparaden und Volkskongresse) sind verglichen mit der alten Pracht kümmerlich. Deshalb werden Chinesen nie aufhören, sich als Nachfahren der großen Tang-Kaiser zu fühlen, mit Li Bai, Du Fu und Bai Juyi als einzig legitimen Staatsdichtern – nicht aber Flachdenkern wie Ai Qing, die dann Söhne hervorbringen wie den kleinen Großkünstler Ai Weiwei, der jetzt Deutschland verlassen will, weil Berlins Taxifahrer kein Chinesisch sprechen.

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CHUN ("Frühling")
Von Yang Xiaozhong, China 1942. 104 min, mit Wu Chufan und Zhou Manhua. Schwarzweiß, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

70 Jahre alt ist dieser ergreifende Schwarzweiß-Film, der auf der gleichnamigen Vorlage von Ba Jin beruht. Nachdem dieser 1931 mit "Jia / Die Familie" einen überragenden Erfolg erzielt hatte, veröffentlichte er 1938 die Fortsetzung "Chun / Frühling" (und 1940 "Qiu / Herbst"). In dieser Trilogie schildert Ba Jin den Abstieg der Familie Gao, und mit deren Schicksal den dramatischen Wandel der chinesischen Gesellschaft in den Jahren von 1919 bis 1923.
 In "Jia" hatte der Kontrast zwischen dem nachgiebigen Gao Juexin und dem rebellierenden Gao Juehui im Mittelpunkt gestanden. In "Chun" geht es um das Schicksal zweier Frauen. Juehuis Cousine Zhou Hui wird gegen ihren Willen mit einem grausamen konfuzianischen Pedanten verheiratet - wobei der schwächliche Juexin, obwohl er sie selber liebt, Beihilfe leistet. Bald erkrankt sie schwer. Erst holt man einen traditionellen Praktiker, der jedoch hilflos ist. Ein moderner Arzt wird erst dann gerufen, als sie schon nicht mehr zu retten ist. (Ba Jin sah die alte Medizin ebenso kritisch wie Lu Xun und anfangs auch Guo Moruo – eine Kritik, die von den Professoren der chinesischen TCM-Universitäten wohlweislich nie öffentlich diskutiert wurde).
Das Beispiel der unglücklichen Zhou Hui hilft ihrer Cousine Gao Shuying, einen anderen Weg zu gehen: Sie flieht nach Shanghai, um mit Hilfe ihrer Cousins dort zu studieren. "Der Frühling gehört uns!" schreibt sie aus Shanghai an die Cousins in Chengdu.

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Ci Ke Nie Yin Niang 刺客聶隱娘 ("The Assassin"), Taiwan 2015. Meditativ-historisches Martial-Arts-Drama von Hou Hsiao-hsien 侯孝賢, mit Shu Qi 舒淇, Zhang Zhen 張震, Zhou Yun 周韵, Tsumabuka Satoshi 妻夫木聪. 105 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

寂寞天宝后,巍巍大唐辉煌告终,朝廷的威严和向心力进一步削弱。此时藩镇林立, 派系迭起,在四分五裂的乱象之下李氏帝国勉强维持着不堪一击的和平与威信。河北 三镇之一的魏博镇,刚愎暴戾的节度使田季安(张震 饰)野心勃勃,相机而动。会朝廷派神策兵讨伐王承宗,魏博主从各执一词,纷争连 连。与此同时,田季安自幼被公主道姑带到山上修炼剑法的表妹聂隐娘(舒淇 饰)满师归来。她谨遵师父教诲,奉行杀一人以救万人的理念,接连手刃多位大僚, 而此次归来则将狙击目标锁定在田季安身上。剑术已成,道心未坚,侠女聂隐娘捷若 猿猱,隐迹红尘...
本片根据唐人裴刑的传奇小说《聂隐娘》改编, 并荣获第68届戛纳电影节竞赛单元最佳导演奖...

Taiwan verbindet mit Ländern wie Portugal, Dänemark oder Holland eine Gemeinsamkeit: Sie alle waren einst gefürchtete Großmächte. Ihre Macht und ihre Größe gingen verloren, doch ihre Offenheit und ihr geistiger Horizont sind geblieben. Das macht diese Staaten besonders liebenswert.
Eines allerdings unterscheidet Taiwan von Holland oder Portugal: Das mächtige Riesenreich China existiert ja noch – jenes hochmütige Reich, das nie in seiner Geschichte einen Staat als gleichrangig akzeptierte, und das heute mit grimmiger Wut auf das kleine, demokratische Taiwan blickt. Auf ein Taiwan, das durch seine bloße Existenz und erst recht durch seine Freiheit das diktatorische Imperium auf dem Festland verspottet – und das sich überdies auch noch "Republik China" nennt. Also ein Land, das die Volksrepublik lieber heute als morgen auslöschen und sich einverleiben würde.
Und dennoch träumen nicht nur die Festlandchinesen, sondern auch die Taiwaner – jedenfalls die mit chinesischen Wurzeln – immer wieder denselben alten Traum: den vom Kaiserreich, in dem alles seine Ordnung und seinen Sinn hatte. Ein solcher Traum ist der Film "The Assassin" von Altmeister Hou Hsiao Hsien, dem Mentor des taiwanischen Films. Als Traum muss man ihn sehen, als Filmtraum ihn genießen. Wer hier nach logischer Handlung, rationalem Verhalten oder gar historischer Realität sucht, wird schnell verzweifeln.
Im Mittelpunkt steht, wie die EPD-Filmkritik schreibt, "die von Shu Qi gespielte Nie Yinniang, die Attentäterin, die einst von ihrer Tante Jiaxin gerettet und dann von ihr zur Killerin ausgebildet wurde. Nach Jahren im Exil kehrt sie nach Weibo zu ihrer Familie zurück mit dem Auftrag, den Provinzherrscher Tian Ji'an zu töten. Yinniang und ihn verbindet eine lange Geschichte. Einst waren die beiden einander versprochen. Doch dann hatte Tians Vater eine politische Ehe arrangiert und so Yinniang um ihre Zukunft und letztlich auch ihr Leben betrogen. Trotzdem kann sie sich nicht dazu entschließen, Tian zu ermorden."
Also eine sensibel geträumte Killerin, die unaufhaltsam wie ein Windhauch in alle Palastgemächer gelangt, immer zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle, und die von keinem Pfeil und keinem Schwert (außer dem ihrer Ausbilderin) verletzt werden kann. Träumendes Personal schlafwandelt durch verträumte Palasthallen, in der Spätzeit einer geträumten Tang-Dynastie, in der man durch alle Traumszenen hindurch etwas spürt, das jedenfalls unleugbar wahr ist: dass es mit dieser Dynastie zu Ende geht. Caspar David Friedrichs Gemälde als Film, das ist dieses Werk – das seinem Schöpfer Hou Hsiao-hsien in Cannes die Palme des besten Regisseurs einbrachte.

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CONG CONG NA NIAN  匆匆那年 ("Fleet of Time")
Romanze von Zhang Yibai, China 2014. Mit Eddie Peng, Ni Ni, Zheng Kai, Wei Chen. 119 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Filme über die scheinbar unbeschwerte Schulzeit und erste Jugendliebe sind in China außerordentlich beliebt. Das zeigen z.B. Produktionen wie "My Old Classmate" (同桌的你) oder '"You Are The Apple Of My Eye" (那些年我们一起追的女孩). Das zeigt auch die Tatsache, dass der erfolgreiche Roman von Jiu Yehui, der "Fleet of Time" zugrunde liegt, vorher als 16-teilige TV-Serie ebenfalls großen Erfolg hatte.

Erfolgreich sind diese Filme zum einen wohl deshalb, weil die geschwisterlosen jungen Chinesen offenbar ein ungestilltes Bedürfnis (wenn nicht Sehnsucht) nach Gemeinschaftserlebnissen haben. Zum anderen wohl deshalb, weil die Beziehungen zwischen Mädchen und Jungen, die sich in der Schule oder in der Uni ergeben, unabhängig von Geld und Status sind, jedenfalls in der schönen Welt der Filmdramaturgie.
In der Regel haben solche Filme eine Rahmenhandlung, die Anlass bietet zu Rückblenden in die Vergangenheit. So auch hier: Bei einer Hochzeitsfeier erzählt Chen Kun (gespielt von Eddie Peng) der Fotografin von den letzten Jahren seiner Schulzeit, vor allem von seiner Beziehung zu Feng Hui (Ni Ni), die er seinerzeit stürmisch umworben hatte. Wie in solchen Filmen üblich, beruht ihr Reiz immer auch auf der Frage: Woran ist es zerbrochen ... und was wäre, wenn man doch zusammen geblieben wäre?
Die meisten Fans der TV-Serie meinen, dass der Kinofilm die Feinheiten der Charaktere und der Handlung nur ungenügend darstelle - was selbstverständlich sein dürfte. Weniger selbstverständlich ist eine Eigenart, die in den meisten Liebesfilmen festzustellen ist, zumal in chinesischen: Dass die jungen Frauen fast immer nur durch ihre Schönheit interessant sind, und fast nie durch ihre Gedanken oder ihre Willenskraft. Davon bildet auch dieser Film keine Ausnahme.

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CUI GANG HONG QI 翠岗红旗 ("Red Banner Over Green Cliff")
Von Zhang Junxiang, China 1951. Mit Yu Lan, Zhang Fa und Pei Cong. Schwarzweiß, 96 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Ein Film aus dem Jahr 2 der Volkrepublik, und als solcher nicht nur beim Filmmaterial schwarzweiß, sondern auch bei Handlung, Konflikten und Personen. Den Anforderungskatalog für Propagandafilme (also für fast alle chinesischen Filme dieser Zeit) erfüllt er perfekt: die Unterdrückung der Bauern durch Guomindang und Gutsherren, der widerliche Charakter der Ausbeuter, die Begeisterung der Bauern für die Rote Armee. Selbst die schwangere junge Bäuerin fordert ihren Mann auf, sich der Roten Armee anzuschließen; offenbar bestellen sich die Felder bei so viel Begeisterung von allein.
Mich selber erstaunt bei diesen Filme weniger das was sie zeigen als das, was sie nicht zeigen. Zum Beispiel die einfache Frage: Wie sicherte die Rote Armee während des Vormarsches eigentlich ihren Proviant? Die räuberischen Guomindang-Truppen, das zeigen ja diese Filme, stahlen Getreide und Fleisch einfach bei den Bauern. Die Rote Armee, so dürfen wir aus der Begeisterung der Bauern schließen, hat offenbar jedes Korn und jedes Huhn bezahlt - aber wie lief das ab? Woher kam das Geld? Welcher Bauer lieferte wie viel? Und warum zeigen diese Filme niemals diesen für die Kriegführung entscheidenden Aspekt? - So stecken diese heroischen Propagandafilme trotz ihrer scheinbaren Einförmigkeit für den interessierten Betrachter immer wieder voller Rätsel.

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DA NAO TIAN ZHU  大闹天竺 Buddies in India, China 2017. Komödie von Wang Baoqiang 王宝强, mit Wang Baoqiang, Bai Ke, Vikramjeet Virk. 93 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre.

盛唐集团总裁唐宗突然离世并留下遗训,让他的儿子唐森(白客 饰)在穷小子武空(王宝强 饰) 的陪同下前往印度寻找遗嘱。 在印度巧遇自恋臭美却又忠诚的朱天鹏(岳云鹏饰), 以及美丽性感却深藏秘密的美女吴静 (柳岩 饰), 四人兜兜转转竟结为同盟, 而最令四人不解的是为何这次取遗嘱之旅凶险重重, 危机四伏,并且遗嘱之所以大闹天竺放在印度, 更是隐藏着秘密。...

Seine Rolle als unerschütterlich optimistischer Naiver in "A World Without Thieves (天下无贼, 2004)" machte Wang Baoqiang berühmt. Nachdem er als Schauspieler inzwischen fest etabliert ist, hier nun sein Debüt als Regisseur – mit ihm selber in der Hauptrolle.
Er spielt den kampferprobten Akrobaten Wu Kong. Dieser soll den Sohn eines soeben verstorbenen  Firmenchefs nach Indien begleiten, damit dieser das dort hinterlegte Testament in Empfang nehmen und sein Erbe antreten kann. Doch der habgierige Onkel des Erben schickt ihnen einige Ganoven nach, die das verhindern und die beiden auslöschen sollen.
Dass die Handlung in Indien spielt, hat natürlich auch mit der Tendenz chinesischer Filmemacher zu tun, ihre Internationalität unter Beweis zu stellen (und sich möglichst auch neue Märkte zu öffnen). Doch zeigt schon der Name des Wu Kong, dass noch etwas anderes beabsichtigt ist: nämlich eine heitere Adaptation der "Reise nach Westen (西游记)", also der  Geschichte vom Mönch Xuanzang, dem auf der Reise nach Indien der unbezwingliche Affenkönig Sun Wukong zur Seite steht. Dass die "heiligen Schriften" um die es hier geht, anders als in der ehrwürdigen Vorlage keine buddhistischen Sutren sind, sondern die Dokumente über ein Millionen-Erbe, ist in der Tat höchst zeitgemäß.

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"’Da’ Ren Wu - The 'Big' Shot" ''人物", China 2019. Polizei-Actionfilm von Wu Bai  (五百 = Guo Shubo 郭书博), mit Wang Qianyuan 王千源, Bao Bei'er 包贝尔, Wang Xun 王迅, Mei Ting 梅婷. 104 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

无力维权的修车工遭遇非法强拆后,选择跳楼自杀;随着小刑警孙大圣(王千源饰) 调查的深入,发现这场看似简单的民事纠纷背后其实另有隐情;随着嫌疑目标的锁定 ,赵泰(包贝尔饰)和崔京民(王迅饰)为代表的反派集团被盯上后,公然藐视法律 挑衅警察。面对反派集团金钱诱惑、顶头上司的警告劝阻、家人性命遭受威胁,这场 力量悬殊的正邪较量将会如何收场…
江湖刑警孙大圣追求正义不顾生死,极具使命感。
赵氏集团坐落城中,威慑四方。背景复杂,触角四通八达,明账暗账数不胜数。旗下总裁私生子赵泰更是响当当的富少,唯我独尊,个性张扬,内心自卑,情绪极易失控。 大圣老友举牌维权,险些丧命,普通自杀的背后谜团无数。孙大圣与赵泰两个水火不容的大人物,因此机缘正式拉开了一场惊险、high爆的对决......

Der Film ist ein Remake des koreanischen Erfolgsfilms "Veteran  (베테랑)" von 2015. Die Anführungszeichen ('Big' / '') dienen dazu, einen Unterschied zum gleichnamigen Film von 2011 deutlich zu machen.
Die Handlung folgt wie bei der Vorlage einem beliebten Muster: Ein skrupelloser Konzern liquidiert den Freund eines Polizisten, woraufhin dieser ohne Rücksicht auf Verluste den Kampf gegen den Konzern aufnimmt, auch gegen den Widerstand seiner Vorgesetzten. Erfreulich ist, dass die chinesische Adaptation den Ort der Handlung nicht nach Shanghai, Peking oder eine der anderen Metropolen verlegt, sondern in das kleine Bincheng in Nordchina. Doch die Strukturen, die dort herrschen, dürften überall dieselben sein: Ein angesehener Konzern, der mit den Behörden ebenso wie mit der Polizeiführung bestens vernetzt ist, setzt sich für seine Expansion bedenkenlos über Recht und Gesetz hinweg, erst recht über die betroffenen Bürger. Doch alle Machenschaften werden vertuscht, bis endlich der störrische, anfangs auf eigene Faust handelnde Polizist den Konzern zur Strecke bringt. Dass dies nicht ohne erbarmungslose Zweikämpfe und spektakuläre Verfolgungsfahrten abgeht, versteht sich von selbst.
Was den Film sehenswert macht, ist seine Besetzung. Im Mittelpunkt natürlich der schnoddrige Polizist Sun Dacheng (Wang Qianyuan王千源), der keiner Gefahr aus dem Weg geht, obwohl er zuhause eine Frau und einen kleinen Sohn hat. Ihm gegenüber Zhao Tai (Bao Bei’er包贝尔): der verwöhnte, allseits hofierte Sohn des Konzernchefs, der ein brutaler, im wörtlichen Sinn über Leichen gehender Psychopath ist. Bedingungslos unterstützt wird er von dem öligen Manager Cui Jingmin. Dieser – bewundernswert abstoßend gespielt von Wang Xun王迅ist in Grunde die interessanteste Figur des ganzen Films.
Während Sun Dasheng seine Furchtlosigkeit und Zhao Tai seine Niedertracht gelegentlich übertreiben, hat man bei dem ebenso amoralischen wie loyalen Cui Jingmin das Gefühl: solche Manager dürften vermutlich das Rückgrat jedes chinesischen Großkonzerns bilden.
Blickt man über den Tellerrand des Films hinaus, merkt man wieder einmal, was für ein elender Job die Arbeit als Filmzensor in China sein muss. Streifen wie dieser schreien es doch geradezu in die Welt hinaus: Wenn es nicht zufällig so mutige Polizisten wie Sun Dasheng gibt (in der Realität also wohl eher selten), setzt niemand im Lande den Großkonzernen eine legale Grenze. Und da zeigt sich ein weiteres Dilemma der armen Zensoren: Sie können zensieren, was vorhanden ist, nicht aber, was nicht vorhanden ist. Irgendwo irgendwelche interessanten Gedanken über Leben, Justiz, Politik? Gibt es in solchen Filmen nicht, also kann man sie nicht herausschneiden. Aber gibt es in korrupten Großkonzernen oder bei den einfachen Polizeirängen keine Parteimitglieder? Nein, in diesen Filmen auch nicht, also auch hier nichts Zensierwürdiges. Obwohl das Wirken der Partei in Chinas Realität allgegenwärtig ist, scheint seine Darstellung in Chinas Mainstream-Film ebenso ein Tabu zu sein wie die Großaufnahme eines Penis – so etwas zeigt man im Reich der Mitte nicht.

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Dang Dai Ren  当代人 ("The Contemporary People")
Drama von Huang Shuqing (黄蜀芹), China 1981. Mit Zhang Jiatian, Bian Ju, Zhang Xiaolei. 95 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

80年代第一个仲夏,南方某城市的前进拖拉机厂,由于受以往浮夸风的影响和"四人帮 "时期的破坏,产品积压,质量不合格,生产的新车卖不出去,退货的"死车"又堵了门 。但就在全厂陷入"经济危机"的时刻,以红旗车间主任李保本为首的一伙人,却在老 厂长妻子、组干科科长刘雨芳的纵容下,为红旗车间命名20周年大搞庆祝活动,搭彩 牌楼,张灯结彩,为迎接红旗车间出身的元老们回厂参加庆祝活动而忙碌着。副厂长 蔡明,不仅不介入这种形式义主的做法,反而当着农机局张局等长元老们的面,正式 向老厂长王济开提出修复"死车",挽回厂誉,不占用生时产间搞庆祝活动等几点建议 ,这到得了张局长的称赞和王开济的支持,但却遭到了刘雨芳、李保本等抵的制 ...

Eine Traktorfabrik in Südchina: Schlechte Planung und schlechte Produktqualität lassen die Lagerbestände anwachsen und bedrohen die Existenz der Fabrik. Cai Min, der neuernannte Produktionsdirektor, versucht auf der einen Seite die Qualität zu verbessern, auf der anderen den technischen Service. Damit erregt er den Widerstand älterer Kader, die alles beim Alten lassen wollen. Doch am Ende kann er sich mit Hilfe des alten Fabrikdirektors durchsetzen und die Fabrik fit für die Zukunft machen. – Wie in anderen Filmklassikern dieser Zeit, so wurde es 1981 auch bei diesem Streifen als bemerkenswerter Fortschritt empfunden, dass man ohne die alten Feindbilder aus der propagandistischen Mottenkiste auskam.

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DANG DE NÜ ER 党的女儿 ("Daughter of the Party")
Von Lin Nong, China 1958. Mit Tian Hua, Chen Ge, Li Lin. Farbe, 90 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Der Titel lässt eine der üblichen Lobeshymnen auf die Partei erwarten. Aber der Film, der in der Zeit des Bürgerkrieges spielt, ist differenzierter. Im Mittelpunkt steht die junge Bäuerin Li Yumei, die in der Provinz Jiangxi für die Sache der Partei arbeitet. Ihr und den Kommunisten gegenüber stehen nicht nur die Guomindang und die wohlhabenden Händler und Grundbesitzer, sondern in Gestalt von Ma Jiahui auch ein kommunistischer Funktionär, der heimlich die Seiten gewechselt hat. Nun arbeitet der Verräter mit daran, die Rebellen aufzuspüren und auszulöschen. Doch seine Pläne werden durchkreuzt, wobei Li Yumei ihr Leben opfert.
Aus Sicht der kleinen Leute war der Ausgang des Bürgerkrieges lange Zeit ungewiss. Der gesunde Menschenverstand lässt erwarten, dass in dieser Lage zahlreiche Chinesen (wenn nicht die meisten) immer mit denen kooperierten, die in der Gegend gerade die Macht hatten. Bis ein chinesischer Film das zeigt, wird man wohl noch lange warten müssen. Aber das Eingeständnis, dass es auch unter kommunistischen Funktionären Verräter gab, ist im Vergleich zu den üblichen Selbstbeweihräucherungen bemerkenswert - zumal der Verräter bis zum Ende des Films unbestraft bleibt.

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DANG KOU  荡寇 ("Plastic City")
Gangsterfilm von Nelson Yu Lik-Wai, Hongkong/Brasilien/Japan 2008. Mit Anthony Wong und Jo Odagiri. 95 min, Sprache Portugiesisch und Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Anthony Wong Chao-Sang ist sicherlich einer der interessantesten und vielseitigsten Schauspieler Hongkongs. Geboren 1961 als Anthony Perry, erhielt er den Familiennamen der chinesischen Mutter, als sich der englische Vater in die Heimat absetzte. In der Schule wegen seines ausländischen Aussehens gehänselt, flossen seine Erfahrungen in die Lieder ein, die er später als Singer-Songwriter schrieb. Nach einer Ausbildung an der "Hong Kong Academy of Performing Arts" spielte er seit 1985 eine Vielzahl völlig verschiedener Rollen, vom psychopathischen Mörder und eiskalten Gangster über korrupte Polizisten und liebevolle Väter bis hin zu dem vertrottelten Songwriter Bruder Shi, als den wir ihn kürzlich in "20, 30, 40" sahen.
In "Plastic City" spielt er den abgebrühten Untergrund-Boss Yuda. Dieser hat in Liberdade, einem Stadtteil von Sao Paolo, zusammen mit seinem Ziehsohn Kirin ein Imperium mit zwielichtigen Geschäften aufgebaut, darunter Striptease-Bars, ein eigenes Übersee-Frachtschiff und der Vertrieb gefälschter Marken-Turnschuhe.
Doch dann ändern sich die Zeiten. Ein smartes, von "Mr. Taiwan" dominiertes Konglomerat macht sich breit, mit noch mehr Geld, neuen Produkten und besseren Kontakten zu Polizei, Militär und Stadtverwaltung. Yuda kommt ins Gefängnis, wo er einen Anschlag nur knapp überlebt.
Kirin zettelt daraufhin einen Bandenkrieg an und befreit den Ziehvater; der jedoch will nicht mehr kämpfen. Nun nimmt die Story eine fast surreal anmutende Wendung: Yuda geht zurück in den Urwald, über den er anfangs ins Land gekommen war, und sein Ziehsohn Kirin spürt ihn dort auf.
Der Film lenkt die Aufmerksamkeit auf eine selten beachtete Diaspora: Chinesen in Brasilien, dem südamerikanischen Koloss, dessen Dimensionen nicht viel kleiner sind als die von China selbst. 2012 feierte Brasilien den 200. Jahrestag der Ankunft der ersten Chinesen, die der damalige portugiesische Herrscher Prinz Dom Joao 1812 ins Land gerufen hatte. Allein in Sao Paolo leben heute 400.000 ethnische Chinesen, allerdings nur zu einem kleinen Teil im Stadtteil Liberdade. Der jedoch erklärt, warum auch Japan an der Produktion von "Plastic City" beteiligt war, und warum man den Japaner Jo Odagiri für die zweite Hauptrolle auswählte: Im Stadtteil Liberdade gibt es die größte japanische Gemeinde außerhalb Japans, die sich vor allem zwischen 1908 und 1940 hier ansiedelte. Also ein hochinteressantes Ambiente, das sich Nelson Yu Lik-Wai für seinen ersten Spielfilm als Regisseur ausgesucht hat, nachdem er sich vorher einen Namen als Kameramann von Jia Zhangke gemacht hatte. Ein Film in der Tradition des "Film Noir", der trotz dramaturgischer Schwächen auf den nächsten Film dieses Regisseurs neugierig macht.

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Dao Shi Xia Shan 道士下山 ("Monk Comes Down the Mountain")
Gongfu-Fantasy von Chen Kaige (林書宇), China 2015. Mit Wang Baoqiang (王宝强), Lin Chi-ling (林志玲), Fan Wei (范伟), Aaron Kwok (郭富城). 95 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

中华民国大陆时期,不谙世事、在比武中胜出的小道士“何安下”因道观闹粮荒听从 师傅的要求下山,一脚踏进了光怪陆离的万丈红尘之中。他遭遇到了一系列诡异奇幻 的人物和事件,其中包括医生崔道宁与老婆、以及弟弟崔道融三人之间不正常的的感 情与伦理关系,太极门掌门彭乾吾与弟子赵心川之间不正常的师徒关系以及彭乾吾与 曾经的师弟、现今的道士周西宇之间的恩怨仇恨,以及周西宇与武生查老板之间的情 深义切.

Für Chen Kaige war es die Kränkung seines Lebens, dass nicht er, sondern sein Rivale Zhang Yimou die Olympia-Eröffnungsfeier in Peking inszenieren durfte. Seitdem vermeidet er in seinen Filmen lieber Chinas heutige Realität. Bevor er einen neuen Film macht, raucht er zuerst eine Pfeife Opium, um sich hernach süß benebelt in jene imaginäre "Gongfu-Welt" zu begeben. In dieser geheimnisvollen Welt, von der die Historiker nichts wissen, will sich stets irgendein Schurke gewaltsam das Wissen über die ultimative Gongfu-Form aneignen, und damit die Herrschaft über die Gongfu-Welt. Doch zum Glück für die Welt und für die Filmgeschichte gibt es immer ein paar Gute, und stets ist ein Regisseur dabei, der  uns das zeigt.
Im Mittelpunkt der neuesten Film-Fantasy von Chen Kaige steht der junge, aber Kampf- und Akrobatik-erprobte Mönch He Anxia (Wang Baoqiang王宝强). Er muss sein Kloster verlassen, um sich in der feindlichen Welt zu bewähren. Zunächst findet er Aufnahme bei einem milden Arzt und Apotheker (Fan Wei 范伟). Doch dessen schöne Frau (Lin Chi-ling 林志玲) betrügt ihren Mann mit seinem nichtsnutzigen jüngeren Bruder, und He Anxia kann nicht verhindern, dass die beiden seinen Meister mit einer vergifteten Liebespille umbringen. Von da an dient er einer Sequenz wechselnder Meister, bis deren letzter endlich den Schurken zur Strecke bringt. – Dass es in diesem Streifen (vom Schurken und seinem Sohn abgesehen) von schönen Schauspielern, edlen Gesichtern, heroischen Helden und hochartifiziell choreographierten Kampfkunst-Szenen wimmelt, versteht sich von selbst (Szenen, die unter anderem definitiv beweisen, dass das Fliegen in China erfunden wurde, zumindest das Fliegen über Dächer).

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Deng Feng Lai  等风来 ("Up in the Wind")
Komödie/Romanze von Teng Huotao, China 2013. Mit Ni Ni und Jing Boran. 101 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Auf WeChat (威信) fand sich kürzlich folgende Story: Im Traum macht Chairman Mao 1965 eine Zeitreise. Er landet im Jahr 2013 und sieht eine Aufführung von "Tiny  Times (小时代)". Voller Entsetzen ruft er: "Niemals! Nicht in MEINEM China! Wir brauchen eine Kulturrevolution!" ... der Rest ist bekannt.
Wie "Tiny Times" spielt auch "Up in the Wind" in Chinas "Generation Luxus". Allerdings tut er das wesentlich differenzierter, und im Mittelpunkt steht mit der schönen Cheng Yumeng (Ni Ni, die wir z.B. in "Flowers of War" von Zhang Yimou sahen) eine weitaus interessantere Hauptdarstellerin. Schon die halb bewundernde, halb satirische Anfangsszene gibt ihr Gelegenheit zu glänzen. Da zeigt sie sich in einem Restaurant als phänomenale Kennerin und erbarmungslose Kritikerin in allen Fragen von Geschmack und High-Class-Gastronomie - und lässt sich dann in einem angeblichen Firmenwagen abholen, den sie, um Eindruck zu schinden, mit ihrem letzten Geld selber gemietet hat.
In Wahrheit ist sie eine kleine Journalistin bei einem Lifestyle-Blatt, die von ihrer Chefin erbarmungslos drangsaliert wird. Und statt für einen Bericht in die Toskana zu fliegen - worauf sie sich lange vorbereitet hat - wird sie nun für eine Story nach Nepal geschickt.
Zu der Touristengruppe, mit der sie reist, gehört der verwöhnte Wang Can (Jing Boran). Der ist der Sohn eines schwerreichen Industriemagnaten, und die Gruppe behandelt er am Anfang ebenso arrogant wie die Leute in Nepal. Doch die Erlebnisse führen nicht nur zu einer veränderten Sicht dieses im Vergleich zu China rückständigen Landes, sondern auch zu einem anderen Verhalten des großspurigen Wang Can. Verblüffend ist dabei die Selbstverständlichkeit, mit der die chinesischen Touristen bei einer nepalesischen Demonstration mitmachen – ganz so, als wäre das für sie wie für die Bewohner von Berlin-Kreuzberg quasi politischer Alltag. Womit wir (siehe oben) wieder beim Thema "Zeitreise" angekommen wären.

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DENG YI GE REN KA FEI 等一个人咖啡 ("Café. Waiting. Love")
Romanze von Chiang Chin-Lin, Taiwan 2014 (nach einem Roman von Giddens Ko). Mit Vivian Sung, Bruce, Megan Lai, Vivian Chow, Marcus Chang. 117 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Giddens Ko (柯景腾) ist eine Art Wunderkind der taiwanischen Kulturszene. Geboren 1978, begann er 1999 mit dem Schreiben, und zwar außerordentlich produktiv. Unter dem Pseudonym "Jiubadao" (九把刀, wörtlich "9 Messer") veröffentlichte er die meisten Bücher zunächst im Internet. 2010/11 drehte er auf der Grundlage eines seiner Romans seinen ersten Film, den wir vor einiger Zeit auch im Chinaclub sahen. "You Are the Apple of My Eye (那些年,我們一起追的女孩) wurde in Taiwan zum größten chinesischsprachigen Filmerfolg aller Zeiten und machte Giddens Ko als Autor und Regisseur auch außerhalb Taiwans bekannt.
Als zweiter Teil einer geplanten Trilogie ist nun "Café. Waiting. Love" in die Kinos gekommen. Anders als beim Vorgänger führt Chiang Chin-Lin Regie, der bei "You are the Apple of My Eye" Regieassistent bzw. Co-Regisseur war. Auch dieser Film spielt in einer jugendlichen Welt: Studenten mit Nebenjobs, junge Café-Betreiber, Café-Flaneure. Im Mittelpunkt steht die gerade aufs College gekommene Si-Ying, die einen Job in einem Café annimmt. Sie verliebt sich auf Anhieb in einen geheimnisvollen Cafégast, der jedes Mal eine neue Frau bei sich sitzen hat. Auf der Straße stößt sie mit A-tuo zusammen, einem Studenten im fortgeschrittenen Semester. Dessen Aufmachung würde ihn sogar im Westen als Verrückten oder Abseitigen kennzeichnen: Aufgrund einer Wette fährt er auf Inline-Rollschuhen und im Bikini durch die Straßen, dabei einen großen Kohlkopf vor sich hertragend. Doch außer ihm gibt es noch andere Leute mit skurrilen Eigenschaften. Und es ist bemerkenswert, mit welcher Lockerheit der Film solche scheinbaren Verrücktheiten darstellt und dramaturgisch in die Handlung integriert. Ohne zum Idyll zu verkommen, zeichnet der Film die handelnden Personen dabei ebenso wie ihr Umfeld auf eine derart liebenswerte Art, dass sich ein Vergleich zu den Filmen vom Festland (die technisch zwar immer perfekter werden, aber in der Regel weder locker noch liebenswert sind) geradezu aufdrängt.
Und als wollte der große Bruder vom Festland genau diesen Unterschied unterstreichen, wurden in der Volksrepublik Ende 2014 stillschweigend die Bücher von Giddens Ko aus Chinas Buchhandlungen entfernt. Eine Erwähnung seiner Person in den Medien wurde verboten, ebenso wie die einiger anderer Künstler aus Hongkong und Taiwan (z.B. Andy Lau und Chow Yun Fat). Was hatte er Schlimmes getan? Nun: Ko hatte sich mit der Hongkonger Occupy-Bewegung solidarisch erklärt und sich wie deren Wortführer die Haare zur Glatze geschnitten. Ob Chinas Staatsführung sich und den internationalen Beziehungen mit solchen Zensurmaßnahmen einen Gefallen tut, muss sich zeigen, und ebenso, was für Folgen es haben wird, wenn sie sich bei der taiwanischen Jugend zunehmend verhasst macht. - Jedenfalls: Ein Film, der Spaß macht!

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Di Jie - Die Taxischwestern von Xi'an  的姐 ("Women at the Wheel")
Dokumentarfilm von Fang Yu (Berlin), Deutschland/China 2004. 72 min, Chinesisch mit deutschen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Warum ist, angesichts von ca. 30.000 Chinesen in Berlin, deren künstlerischer Output eigentlich so gering? Man sollte denken, das Zusammentreffen zweier hochentwickelter Kulturen würde - zumal in Berlins Atmosphäre von Aufbruch und künstlerischer Freiheit - in großer Zahl Projekte und Produkte hervorbringen. Aber davon kann (wenn man von dem um Identität ringenden Liao Yiwu, dem kürzlich angeflatterten Ai Weiwei und zwei oder drei hier lebenden Schriftstellerinnen absieht) leider keine Rede sein. In den Bereichen Theater, Musik, darstellende Künste sind die Berliner Chinesen kaum spürbar. Auch in den Bereichen Malerei und bildende Kunst sieht es eher kläglich aus. Insofern stellt der 1953 in Xi'an geborene, seit 1984 in Deutschland lebende Fang Yu eine auffällige Ausnahme dar. Seit langem sowohl als Schauspieler wie auch als Synchronsprecher und Synchronübersetzer an zahlreichen Produktionen beteiligt, drehte er 2004 in eigener Initiative "Die Taxischwestern von Xi'an".

Diese eindrucksvolle Dokumentation verfolgt den Alltag der drei Taxifahrerinnen Yu Weihong, Duan Yimei und Wang Aiju. Nachdem sie ihre Arbeit verloren hatten, erwarben sie jede für sich ihre Taxifahrer-Lizenz. Jetzt schaffen sie es, mit harter Arbeit den Unterhalt für sich und ihre Angehörigen zu verdienen. Immerhin haben sie ein Einkommen, sind also längst nicht am unteren Ende der chinesischen Sozialstruktur. Aber ihr Leben zeigt, wie sehr sich die Realität der einfachen Leute in China von den tönenden Phrasen der Politiker unterscheidet. Nicht nur der chaotische Verkehr und die ständig zunehmenden Staus machen den Frauen zu schaffen, sondern auch willkürliche Bestimmungen, gierige Polizisten sowie unverschämte Geldforderungen von Behörden, Dienststellen und Gemeinden, erst recht die Hilflosigkeit bei Überfällen und Bedrohungen.
Doch der Film beschränkt sich nicht auf Arbeit und Geldverdienen. Er zeigt die Frauen auch in ihren persönlichen Beziehungen: ihrem Selbstbewusstsein, ihren Hoffnungen, ihrem Lebensgefühl. Fast nebenbei, in vorbeihuschenden, kaum Sekunden dauernden Sequenzen (z.B. in einer unkommentierten Szene, wo mehrere Männer auf einen Mann am Boden eintreten) erhält man quasi als Zugabe einen Einblick in die Atmosphäre der Stadt Xi'an  im Jahr 2004. Man wünscht dem Film und seinem Schöpfer Fang Yu, dass ihm ein Sender oder eine Produktionsfirma eine Fortsetzung ermöglicht. Da möchte man erfahren, wie es den drei völlig unterschiedlichen, aber gleichermaßen Achtung und Sympathie erweckenden Frauen in den mehr als zehn Jahren danach ergangen ist.

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Di Qi Huang Yan 第七谎言 ("The Seventh Lie")
Episoden-Drama von James Hung, Hongkong 2014. Mit Ronald Cheng, Josie Ho, Shiu Hung Hui. 94 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Die scharfe Ächtung der Lüge, wie sie im Westen herrscht (und die bis heute Leute wie Nixon, Ex-Präsident Wulff oder VW-Chef Winterkorn den Job kosten kann), gibt es in China nicht. Für Konfuzius gehört die geschickte Lüge zum Verhaltenskern des kultivierten Mannes, etwa in Kapitel 17 Abs. 20 der "Analects": Da lässt er einem unwillkommenem Besucher an der Haustür sagen, er sei krank, und als der Besucher geht, greift Konfuzius zur Laute und singt durchs offene Fenster ein Lied. Arthur Smith beginnt denn auch seine berühmten "Chinese Characteristics" (中国人的人性, 1894 - ein Buch, das nie aufhörte, Chinesen zu erbosen, und dessen Lektüre Lu Xun seinen Studenten dringend empfahl) mit einem Kapitel über "Face", und damit über den ewigen Konflikt zwischen Wahrheit, Lüge und Ansehen im Reich der Mitte.
"The Seventh Lie" präsentiert einige besonders schöne Episoden, die auf Lügen beruhen. Gleich am Anfang die Frau eines Gangsterbosses, die sich ihrem langjährigen Leibwächter (und Gelegenheitskiller) anvertraut:

Ihr Mann, so gesteht sie ihm, vernachlässige sie, und sie sei sich inzwischen sicher, dass er schwul ist und sie mit einem Liebhaber betrügt, nur wer das ist, weiß sie noch nicht ... schon lange liebe sie im Grunde ihn, den zuverlässigen Leibwächter ... ja, gesteht der, er liebe sie auch ... und das Drama nimmt seinen Lauf.
Es folgen weitere Episoden, die scheinbar mit der ersten nichts zu tun haben, sich aber am Ende doch zu einem Kreis von Lügendramen zusammenschließen. Stets mit Lügen rechnen zu dürfen ist also für den Film geradezu ein Lebensmittel ... für die Politik wohl auch, aber natürlich hin und wieder (etwa wenn es um Ansprüche auf ferne und nahe Inseln geht) nicht ganz problemlos.

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DI REN JIE ZHI SHEN DU LONG WANG 狄仁杰之神都龙王 ("Young Detective Dee - Rise of the Sea Dragon")
Von Tsui Hark, China 2013. Mit Mark Chao, Fen Shaofeng, Carina Lau. 125 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Die Figur von Richter Di wurde durch die Romane von Robert van Gulik auch im Westen bekannt. Seine Person war ebenso bemerkenswert wie die Zeit, in der er (von  630-700) lebte. Die Tang-Dynastie, ruhmreichste aller chinesischen Dynastien, stand in Blüte, auch wenn Wu Zetian, die sich 690 zur Kaiserin ausrufen ließ, ihre Regentschaft als "Zhou-Dynastie" benannte. Die Bevölkerung wuchs, Wirtschaft und Kultur entwickelten sich, nicht zuletzt durch die Einführung öffentlicher Staatsprüfungen. In dieser Zeit wurde auch der Buddhismus zur Massenbewegung. Kaiserin Wu förderte das, aber Konfuzianer wie Richter Di Renjie lehnten den Buddhismus (wie überhaupt den Anspruch jeder Religion, die Welt zu deuten und menschliches Verhalten zu bestimmen) aus tiefster Überzeugung ab.
Der Film von Tsui Hark allerdings interessiert sich nur am Rande für die realen Auseinandersetzungen dieser Zeit. Statt dessen erzählt er ein Märchen um ein Seeungeheuer, das die Hauptstadt heimsucht, und dessen Rätsel der junge Dee = Di im Auftrag der Kaiserin lösen soll. Monster, verzauberte Prinzen, der Hofstaat bis hin zur Kaiserin unter dem Einfluss einer Teedroge ... und herrlich heroische Helden, die das Ganze aufdecken und alle Rätsel lösen. Nach der geistigen Substanz sollte man lieber nicht fragen - warum sollen Hongkong-Regisseure nicht ebenso infantil sein dürfen wie die Schwachköpfe in Hollywood? Also ein buntes Action-Spektakel mit Schurken und Edlen, Schönen und Hässlichen in hübschen Gewändern vor historischer Kulisse ... alles, wovon die Produzenten glauben, dass es die Kassen klingeln lässt. Viel Vergnügen!

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DI SAN GE YUAN WANG 第三个愿望 ("The Third Wish")
Von Huang Mingzheng, Taiwan 2012. 95 min, mit Russell Tang, Zeng Kaixuan, Wu Kangren. Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

Als Züchter von Bio-Birnen kann Rong Guang sich und seinen Sohn nur mit Mühe ernähren. Doch die Lehrerin des Jungen hilft den beiden, und langsam stellt sich auch bei den anderen Obstbauern zunehmender Respekt ein. Plötzlich taucht die Exfrau des Farmers auf, die es inzwischen zur Chefin einer großen Firma gebracht hat. Sie und ihr neuer Mann wollen den Sohn zu sich nehmen. Zunächst sträuben sich Vater und Sohn dagegen, doch dann verändert eine schwere Krankheit alles. – Einmal mehr vermittelt auch dieser bescheidene Film den Eindruck, dass Taiwan nicht nur das Verhältnis zu den Mitmenschen, sondern auch gegenüber dem Land, der Landschaft und der Natur weitaus stärker bewahrt hat als das Festland.

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The 10th Bullet Hole 第十个弹孔 (Di Shi Ge Dan Kong), China 1980. Kulturrevolution-Aufarbeitung von Ai Shui 艾水. 97 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre.

滨江市公安局长鲁泓复职后审理的第一个案子竟是他的独生儿子鲁小帆参与的炸桥案 件。鲁泓周围的人同情他,便为鲁小帆开脱罪责。鲁泓毅然决定亲自提审儿子,探出 真情。原来,四人帮横行时,鲁泓一家骨肉分离,小帆的奶奶也被抓走,只能寄养 在舅舅家。舅母伙同造反兵团拉拢腐蚀小帆,唆使他成了造反派的典型,炸毁了铁 桥。鲁泓依法判处了小帆。小帆不理解父亲,奶奶告诉小帆,抗日时石大娘亲手枪毙 了出卖鲁泓的大娘亲生儿子的故事。鲁小帆终于理解了父亲,痛悔自己的罪恶。

Ein äußerst wichtiger Film – und wie bei dem Thema zu erwarten, auch er aus den glorreichen 1980-er Jahren. Dabei ist das, was der Film ungewollt mitteilt, fast noch aufschlussreicher als das, was seine Story erzählt.
Schon deren Kernthema taucht in kaum einem anderen Film auf: Was geschah mit den Kindern der angeblichen "Konterrevolutionäre", die in der Kulturrevolution denunziert, gedemütigt und verurteilt wurden? Das wird hier am Sohn eines inhaftierten Ehepaares gezeigt: Schulkameraden beschimpfen ihn als "Sohn eines Hundes". Selbst das Einkaufen gerät zum Spießrutenlaufen. Bald wagt es der Junge nicht mehr, in die Schule zu gehen ... bis er später offenbar auf die schiefe Bahn gerät.
Die Geschichte beginnt, nachdem die Eltern des nunmehr 18-Jährigen wieder zurück in der Stadt Bingjiang und voll rehabilitiert sind. Die Mutter arbeitet wieder als Ärztin, der Vater Lu Hong ist (wieder) Chef des lokalen Sicherheitsbüros. Als solcher untersucht er auch die Sprengung einer Brücke während der Kulturrevolution – eine Tat, bei der ausgerechnet sein eigener Sohn beteiligt war. Polizeichef Lu Hong besteht auf einer kompletten Untersuchung, die am Ende zur Verurteilung des Sohnes führt (wenn auch nicht zur Todesstrafe, sondern "nur" zu einigen Jahren Haft). Also das Hohelied eines pflichtbewussten Parteihelden, der im Dienst für das Volk die eigene Familie nicht verschont .
Doch ohne dass die Filmemacher es merken, ist das Bild des hier gezeigten Justiz- und Polizeiapparates entlarvend: Dass die Untergebenen versuchen, den Sohn des Chefs mit falschen Beweisen zu entlasten, empfinden sowohl die Handelnden im Film als auch die Filmemacher als selbstverständlich. Der Gedanke, Beamte für die Fälschung von Beweisen zu bestrafen, kommt niemandem. Unmissverständlich sagt der Film: Dass ein pflichtbewusster Funktionär gegen Verwandte vorgeht, ist eine Ausnahme – dass in diesem System gefälscht und manipuliert wird, die Regel. (Und wenn es Absicht des Regisseurs gewesen wäre, dass bei Lu Hong die Narben japanischer Kugeln sämtlich auf dem Rücken liegen, dann wäre das ein hübscher Zusatzgag).
Auch das Bild der Partei, das der Film ungewollt zeichnet, ist erschreckend. Egal ob es Mao war, der die Exzesse der Kulturrevolution befahl, oder die "Viererbande": Es reicht offenbar, dass die Parteispitze befiehlt "Benehmt euch wie Tiere", und gehorsam benehmen sich 30 Millionen Parteimitglieder wie Tiere ... und keiner kommt auf die Idee, dass nicht die Parteispitze das Problem ist, sondern die gesetzmäßig Kriechertum erzeugende Parteistruktur. Keine fröhliche Aussicht für das Land, das sich anschickt, der mächtigste Staat auf dem Globus zu werden.

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DI YI CI 第一次 ("First Time")
Von Han Yan, China 2012. 102 min, mit Mark Chao, Angelababy, Shan Jiang.  Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Ein Film, der auf verschiedenen Ebenen spielt. Das beginnt schon mit Plot und Produktion, denn es handelt sich um ein Remake des koreanischen Films "...ing" von 2003. Wie dort geht es auch hier um eine hübsche junge Frau (Song Shiqiao, gespielt von "Angelababy"), von der feststeht, dass sie an einer unheilbaren Krankheit leidet. In diesem Film ist das irgend etwas "Neuromuskuläres", das jedenfalls Aussehen und Verhalten nicht sichtbar beeinträchtigt. Die junge Frau verliebt sich in einen früheren Klassenkameraden, der jetzt Rockmusiker ist, soweit die erste Ebene. Im weiteren Verlauf zeigt sich, was wirklich dahintersteckt (und was hier nicht verraten werden soll); das ist die zweite Ebene. Dahinter steckt jedoch wie in jedem Film eine weitere, nämlich die soziale Ebene: Welche Rückschlüsse ergibt das für Lebensgefühl und Glücksmodelle im heutigen China? Warum war die koreanische Vorlage so attraktiv, dass man sie in China nachdrehte? Wenn man das fragt, zeigt sich, wie sehr sich das Gefühlsleben urbaner Chinesen dem emotionalen Chaos des Westens angenähert hat. An das Leitbild der glücklichen Familie mit Kind glauben offenbar immer weniger, und so ist die unheilbare Krankheit des Mädchens eine gute Grundlage, um diesen Gedanken gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dasselbe mit Arbeit und Liebe: Welche Arbeit macht das Leben lebenswert, und welche Art von Selbstverwirklichung macht einen Menschen bewunderns- und liebenswert? Jedenfalls nicht die als Busfahrer oder Sekretärin - sondern etwas "Besonderes" muss es sein. So singt denn der junge Held, in den sich Song Shiqiao verliebt, einen chinesisch-englischen Song mit dem Refrain "I'm a Rock'n Roll Man". Und sie selber findet Erfüllung in einem Ballettanz, der sie (ähnlich wie das Singen der Antonia in "Hoffmanns Erzählungen") am Ende das Leben kostet. Wenn aber nur das "Besondere" Glück verspricht (siehe auf SpiegelOnline der Slogan "Lebe lieber ungewöhnlich"), dann ist die logische Schlussfolgerung, dass das "Gewöhnliche" prinzipiell als Unglück gilt - wie längst im Westen, so jetzt auch in China. Also ein Film, der einmal mehr die Regel bestätigt: Die Gefühlslage einer Nation zeigt sich am besten in ihren sentimentalen B-Filmen.

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DI YI CI BU SHI NI  第一次不是你 ("A Secret Between Us")
Romanze von Patrick Kong, Hongkong 2013. Mit Edward Ma, Angel Chiang, Hoi-Pang Lo, Elena Kong. 91 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Der Film beginnt nach dem Muster klassischer "Was wäre gewesen, wenn ..."-Begegnungen. Ken, der als Friseur in Mongkok arbeitet, trifft nach Jahren unvermittelt auf Bobo, seine Jugendliebe. In Rückblenden erzählt der Film die Geschichte der beiden. Es beginnt in der Kindheit, wo die Familien von Ken und Bobo in derselben ärmlichen Nachbarschaft leben. Bald sind die beiden unzertrennlich, auch als aus dem Mädchen ein junge Frau geworden ist. Nachdem der Vater von Bobo längst gestorben ist, wird auch ihre Mutter schwerkrank. Sie brauchte eine neue Niere, und die wäre teuer. Alle Versuche, das Geld dafür aufzutreiben, scheitern. Also entschließt sich Bobo, für ein Bordell als Callgirl zu arbeiten. Anfangs glaubt Ken, damit umgehen zu können. Aber dann hält er es - kaum überraschend - nicht mehr aus. In einer entscheidenden Situation lässt er Bobo im Stich, und es kommt zur Trennung.
Das Thema der fürsorglichen Tochter, Frau oder Mutter, die aus Not ihren Körper verkauft, gehört zum festen Bestand der chinesischen Literatur und erst recht zu Chinas Filmgeschichte. "Shen Nü" ("Goddess", 1934) mit der grandiosen Ruan Lingyu war dazu ein früher und bis heute unübertroffener Höhepunkt. Mit der Tiefe von dessen Darstellung kann sich der Film von Patrick Kong nicht messen. Er hätte immerhin eine interessante Variante versuchen können, wenn er sich entschlossen hätte, Ken und Bobo nach ihrem zufälligen Wiedersehen erneut als Paar zusammenkommen zu lassen. Aber dazu fehlte ihm wohl der Mut, oder seine Geldgeber wollten nicht mitmachen. So bleibt der Film, obwohl gefühlvoll gespielt, im Blick auf seine Thematik im Kern konventionell, wenn nicht gelegentlich naiv.

================================================================== DI YI JIAN  第一剑 ("The First Sword")
Von Tu Kuang-chi, Hongkong 1967. Mit Chen Manling, Zhao Lei, Tien Ching. Farbfilm, 82 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

Ein klassischer früher Martial-Arts-Film, der schon alle Elemente des Genre aufweist: Unerschrockene Helden, heroische Frauen, niederträchtige Verräter, die vor keiner Gemeinheit zurückschrecken, schon gar nicht vor Gift und schwarzer Magie. Die Kampfszenen sind natürlich noch nicht so spektakulär wie heute. Aber auch hier können die Helden schon streckenweise durch die Luft fliegen und sich mit einem Sprung vom Boden aufs Dach befördern, und weise Frauen können allein durch Auflegen der Hand Gift aus dem Körper befördern. Der Plot: Der Oberschurke "Poison King" will sich eine unüberwindliche Kampfkunst-Schule aneignen. Er steht im Bund mit einem verräterischen Neider, der ihn aus dem Innern der Schule heraus unterstützt. Nach anfänglichen Erfolgen jedoch wird das Komplott entlarvt, das Gute siegt, und die Schurken erhalten ihre verdiente Strafe. Also alles so, wie sich der kleine Wang die Säuberung der Welt durch Chinas Kampfkunst vorstellt, und die Säuberung der Partei durch Xi Jinping. Dass die reale Welt komplizierter ist, darf der Leser der "Renmin Ribao" ebenso wie der Betrachter dieses Films für 90 Minuten vergessen.

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Dong Bei Pian Bei  东北偏北 ("North by Northeast"), ländlicher Thriller von Zhang Bingjian 张秉坚, China 2014. Mit Ban Zan 班赞, Li Bin李滨, Lai Jiatong 赖迦童. 103 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

在东北地带,性侵案件频发,却始终抓不到罪犯,甚至没人能看清罪犯真容。公安队 长李占山(班赞 饰) 对刑侦知识没有太多认识,  徒有一腔破案热情, 对恶行深恶痛疾。 当他遇见劳改下放的中医老教授蔡滨 (李滨 饰), 并与她成为 破案搭档, 大老粗搭档知识分子,英雄遭遇书生, 彼此就成为了对方最大的 问题, 新鲜组合妙 趣横生。 在土方法和科学推理不断 碰撞不 断磨合下, 诸多证据逐 一浮现, 来无影去无踪的罪犯也渐渐清晰 ...
Die Story spielt, im Jahr 1978, also kurz nach dem Ende der Kulturrevolution. Hier treibt im ländlichen Nordosten ein Vergewaltiger sein Unwesen. Vergeblich versuchen der Dorfpolizist, eine aufs Land versetzte Professorin und die Dorfbewohner ihn dingfest zu machen. Die Fußspuren nützen nichts, vor Verfolgern läuft der Mann davon, selbst einen Polizeihund versetzt er in Angst. Dass die Opfer sich scheuen, offen über die Taten zu reden, macht alles noch schlimmer. Zwar kann die alte Professorin mit TCM-Diagnostik eine Art Täterprofil erstellen (und nebenbei die Impotenz des Polizisten diagnostizieren). Doch erst als letzterer seinen Job aufgegeben hat, kommt es zum Showdown ... mit einem ehrenwerten Versuch, das Motiv für die Taten in der frühen Kindheit des Täters zu suchen.

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DONG JIN XU QU 东进序曲 ("Sinfonia of Going East")
Von Hua Chun, China 1962. Mit Li Yan, Zhang Zhongyin, Yu Chunmian. Farbe, 96 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Die Alternative ist dieser patriotische Film von 1962. Die Handlung spielt 1940. Ein Regiment der Neuen 4. Armee marschiert nach Osten, um gegen die Japaner zu kämpfen. In der Stadt Qiaotou wird ihr Weg von Guomindang-Truppen blockiert. Der politische Kommissar der Truppe will verhandeln, wird jedoch von einem der Guomindang-Anführer festgehalten, der anschließend seine Soldaten losschickt, um den Trupp der 4. Armee zu überrumpeln. Dort ist man auf der Hut und besiegt die Angreifer. Zhou Mingde, der andere Guomindang-Anführer, beschließt daraufhin, dass nicht weiter Chinesen gegen Chinesen kämpfen sollen, und gibt den Weg für die 4. Armee frei. - Bemerkenswert, dass hier, anders als in den meisten Filmen dieser Zeit, ausnahmsweise einmal nicht alle Guomindang-Amtsträger als korrupte Schurken dargestellt sind.

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DOU HUA NÜ 豆花女 ("The Woman Who Sells Bean Curd")
Von Chen Chu-Huang, Taiwan 1992. Mit Di Ying, Li Xiaofei, Su Yuyun, Xia Xiaoyu. 86 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

Seit in China Filme gedreht wurden, gehört das Hohelied der chinesischen Mutter zu den zentralen Themen der dortigen Filmemacher. Ruan Lingyu in "Little Toys" (Xiao Wan Yi 小玩意, 1933) oder "Goddess " (Shen Nü 神女, 1934), Gong Li in "Leben" (Huo Zhe 活着, 1994) oder Qin Yan in Zhang Yuan's grandiosem Erstling "Mother" (Ma Ma 妈妈, 1990) sind Beispiele solcher Mutterrollen. Auch der Film von Chen Chu-Huang gehört in diese Reihe.
Die Handlung beginnt in einem Fischerdorf: Jinzhi, die junge Mutter einer kleinen Tochter, erfährt, dass das Boot ihres Mannes gesunken und dieser ums Leben gekommen ist. Zusammen mit der Tochter zieht sie zu einer Tante in einem Bergarbeiter-Dorf. Als wichtigstes Gepäck hat sie auf ihrem Radkarren zwei schwere Mahlsteine, mit denen sie (Soja-)Bohnen zu Bohnenbrei mahlen und zu Doufu verarbeiten kann. Damit ernährt sie sich und ihre Tochter. Bald erweckt sie die Aufmerksamkeit der Bergarbeiter. Sie heiratet erneut, und zwar einen Witwer, der einen Sohn in die Ehe mitbringt. Als sie endlich dessen Zuneigung gewonnen hat, trifft sie das nächste Unglück: ihr Mann verliert bei einem Grubenunglück beide Unterschenkel, und bald danach stirbt er. Von nun an ist sie allein. Tag und Nacht arbeitet sie für die Kinder, bis sie selber krank wird. Trotz aller Probleme gelingt es ihr, beiden Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Dass es dem Sohn gelingt, einen Studienplatz im Ausland zu erhalten, ist ihr größter Stolz. Dann, eines Tages, kommt aus dem Ausland ein eingeschriebener Brief. Die Tochter liest ihn und bricht in Tränen aus ... das Weitere erzählt der Film.
Dieser ergreifende Film hat zwar keine englischen, aber große und deutliche chinesische Untertitel. Da die Handlung sich zum größten Teil selber erklärt, ist der Film auch für Anfänger des Chinesischen verständlich.

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DU SHI FENG GUANG 都市风光 ("Scenes of City Life ")
Von Yuan Muzhi, China 1935. Mit Bai Lu, Tang Na, Zhou Boxun, Lan Ping (= Jiang Qing). Schwarzweiß, 90 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Yuan Muzhi war bereits als Drehbuchautor und Schauspieler in "Taoli Jie" hervorgetreten, als er im Alter von 26 Jahren in "Scenes of City Life" auch erstmals Regie führte. Im selben Jahr spielte er in "Fengyun Ernü" mit, und zwar als einer der beiden Sänger, die hier die spätere chinesische Nationalhymne sangen. Wenig später drehte er mit "Malu Tianshi" einen der wichtigsten chinesischen Filmklassiker überhaupt.
"Scenes of City Life" ist zwar dem Anschein nach eine "Komödie". Aber anders als die meisten neueren Produkte dieses Genre bewegt er sich stets auf einem messerscharfen Grat zwischen Komödie und Tragödie, zwischen Boheme hier und dem Absturz ins Elend dort. Es sind Figuren wie in den Erzählungen von Lu Xun, die diese Filme bevölkern: auf der einen Seite arme Teufel, stets auf der Suche nach Geld für die Miete, das sie, wenn sie es haben, dann doch lieber mit einem Mädchen im Kino ausgeben (bemerkenswert in diesem Film: ein früher Mickymausfilm in einem chinesischen Kino). Auf der anderen Seite kleine Geschäftsleute und Pfandleiher, deren behütete Töchter sowohl von den charmanten armen Teufeln als auch von anderen Geschäftsleuten bzw. deren Angestellten umworben werden. Bei alledem spielt aber auch, wie der Titel besagt, Shanghai selber eine Hauptrolle: die Stadt, die mit ihrem Luxus, ihrer geistigen Freiheit, ihrem Verkehr und ihrer Internationalität damals noch mehr als heute in China ohne Vergleich war. Außerdem, in einer Nebenrolle, eine Schauspielerin namens Lan Ping, damals noch verheiratet mit Tang Na, der in diesem Film ebenfalls mitspielt. Bald darauf ging Lan Ping nach Yanan, nahm den Namen Jiang Qing an und begann jene folgenschwere Liaison mit Mao, die dann in der Kulturrevolution ihren Gipfel finden sollte. - Leider ohne Untertitel, aber der Inhalt ist auch ohne Worte nicht schwer zu verstehen.

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DUI BU QI WO AI NI  对不起我爱你 ("Sorry I Love You")
Romanze / Action-Drama von Larry Yang, China 2013. Mit Vivian Dawson, Swan Wen, Wesley Wong, Jade Lin. 98 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Der Film ist ein Remake einer in China sehr erfolgreichen koreanischen Vorlage. Dieser verdankt er auch den Titel "Sorry I Love You". Allerdings darf man darunter keinen romantischen Liebesfilm erwarten - es gibt hier kaum weniger Kampf- als Liebesszenen.
Der Regisseur Larry Yang, dessen Familie seit seinem 16. Lebensjahr in New York lebte, absolvierte zunächst in den USA ein Wirtschaftsstudium. Anschließend studierte er an der Pekinger Filmakademie. Seinem internationalen Background entsprechend ist die Story des Films abgewandelt: Walker, der Held, ist hier ein Chinese, der als Baby von kanadischen Eltern adoptiert wurde. Nach einem Kampf in der Unterwelt von Vancouver hat er laut Auskunft der Ärzte nur noch 6 Monate zu leben. Also zieht es ihn nach China, wo er seine unbekannte Mutter und eine Zwillingsschwester suchen will. Das Ganze findet dort in der Welt der Reichen und Schönen und des Showbusiness statt, offenbar untrennbar vermischt mit Ganoven und skrupellosen Geschäftemachern. Das Finden von Mutter und Schwester funktioniert vergleichsweise schnell. Aber die Konflikte und Intrigen, die daran hängen, kosten Walker wie in der koreanischen Vorlage am Ende das Leben.

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ER BAI WU XIAO ZHUAN  二百五小传 ("Anecdotes of an Actor")
Von Zheng Xiaoqiu, China 1949. Mit Lü Yuhe und Yao Sicheng. 92 min, Schwarzweiß, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Der junge Student Yuan Wenguang liebt die Pekingoper so sehr, dass er nach dem Schulabschluss beschließt, Opernschauspieler zu werden. Er durchläuft die harte Ausbildung, eckt aber mit seinen Überzeugungen immer wieder an, ebenso mit seinem Einsatz für Mitschüler und Kollegen. Nach der Invasion der Japaner weigert er sich, für diese zu spielen. In einer Veranstaltung ruft er zum Widerstand gegen die Besatzer auf und wird von japanischen Militärpolizisten erschossen. - Einer der klassischen Filme aus der Zeit vor der Volksrepublik, mit dem stürmischen Engagement und der naiven Begeisterung, die viele Filmemacher dieser Zeit ausgezeichnet hat.

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ER CI PU GUANG   2 次曝关 ("Double Exposure")
Von Li Yu, VR China 2012. 105 min, mit Fan Bingbing, Feng Shaofeng, Joan Chen. Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Mit "Fish and Elephant", Chinas erstem offen lesbischen Film, wurde die Regisseurin Li Yu auch im Westen bekannt. "Lost in Beijing" und "Guan Yin Shan" ("Buddha Mountain") bekräftigten ihrem Ruf als eigenwillige Arthaus-Filmerin. Nun also ihr jüngstes Werk, das im September 2012 Premiere hatte.
Der Film beginnt wie ein Beziehungs-Thriller in der Welt der Reichen und Schönen. Song Qi (gespielt vom Publikumsliebling Fan Bingbing) arbeitet in einer Schönheitsklinik. Hier ist auch ihr Freund Liu Dong (Feng Shaofeng) als Chirurg tätig. Doch dann beobachtet Song Qi durch das Fenster einer Abstellkammer, wie Liu Dong mit Xiao Xi schläft, ihrer besten Freundin. Am nächsten Tag besucht sie Xiao Xi, es kommt zum Streit, und in dem anschließenden Kampf erwürgt sie die Freundin. Wenig später vergräbt sie die Leiche im Garten des Hauses. Liu Dong ist misstrauisch, und auch die Polizei beginnt zu ermitteln. Song Qi flüchtet mit dem Auto an einen idylllischen Bergsee, und auf dem Rückweg fährt sie ausgerechnet den ermittelnden Polizisten tot. Per Notruf benachrichtigt sie die Polizei. Dann sinkt sie neben der Leiche und dem Auto in Ohnmacht.
So weit der erste Teil. Der zweite beginnt damit, dass Song Qi aus der Ohnmacht erwacht, umgeben von Polizisten. Was jedoch fehlt, ist die Leiche des Überfahrenen. Auch an ihrem Auto finden sich keine Spuren eines Unfalls. Sie gesteht, dass sie ihre Freundin umgebracht und vergraben hat, doch auch deren Leiche ist unauffindbar. Und um die Verwirrung zu vollenden, gibt es in der Schönheitsklinik auch keinen Chirurgen Liu Dong. Nach und nach stellt sich in Rückblenden heraus, dass all die Geschehnisse des ersten Teils offenbar psychotische Halluzinationen waren, zurückzuführen auf traumatische Ereignisse in Song Qis Kindheit. Leider ist das billige Pseudo-Psychologie, die nur dazu führt, dass der verwirrte Zuschauer jetzt nirgends mehr zwischen Rückblende, Psychose und Realität unterscheiden kann. Das aber ist schade. Denn Li Yus Talent, die nervöse Labilität moderner Liebesziehungen dazustellen, ist ebenso bemerkenswert wie die Anfangsszenen in der Schönheitsklinik, wo reiche Frauen sich ihr Wunschgesicht am Computer modellieren lassen.
Bei der Premiere war Altmeister Zhang Yimou anwesend (über den Li Yu einmal einen Dokumentarfilm gedreht hatte). Dieser lobte den "künstlerischen Ehrgeiz" der Regisseurin. Die meisten Kritiken jedoch waren negativ. In der Tat ist der Film ein Musterbeispiel dafür, wie ein interessanter Plot selbst bei exzellenten Schauspielern an überspannten pseudo-künstlerischen Ansprüchen scheitern kann. Doch auch in diesem Scheitern ist er immer noch sehenswert.

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FA TING NEI WAI 法庭内外 ("In and Out of Court")
Von Cong Lianwen und Lu Xiaoya, China 1980. Mit Tian Hua, Zhou Chu, Chen Peisi, Lin Muyu. 85 min, Chinesisch OHNE Untertitel. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Ein Bezirksgericht in der Stadt Wunquan verhandelt dem Anschein nach in einer Verkehrssache. Eine junge Turnerin wurde überfahren und am Tatort liegengelassen, und als Verantwortlicher bekennt sich Xu Dahuai: der Fahrer von Direktor Xia, dem Vorsitzenden des Städtischen Revolutionskomitees. Da er sich selber der Polizei gestellt hatte und bis dahin stets unfallfrei war, wird er lediglich gerügt und erhält keine weitere Strafe. Verzweifelt beklagt sich die Mutter der Toten bei Sang Qing, einer Richterin am Stadtgericht. Diese stellt bald fest, dass Xu Dahuai den Unglückswagen nicht gefahren haben konnte. Wer ihn fuhr, bleibt unklar, doch fällt auf, dass auf die Beteiligten des Verfahrens ein zunehmender Druck ausgeübt wird. Bald deutet immer mehr darauf hin, dass Xia Huan, der verwöhnte Sohn des Vorsitzenden Xia, in den Unfall verwickelt war. Doch jetzt legt Liu Rulian, die Mutter des Beschuldigten und Ehefrau des Vorsitzenden Xia, jede Zurückhaltung ab. Sie findet einen Kumpan ihres Sohnes, der nun die Schuld auf sich nimmt. Ihre Helfer sorgen dafür, dass Zeugen bedroht oder mit Versprechen geködert werden. Die Entscheidung fällt, als der Vorsitzende Xia aus der Hauptstadt zurückkehrt. Er war es, der seinerzeit der Richterin Sang Qing ihren Posten verschafft hat. Doch als er erfährt, dass die Anklage gegen seinen Sohn berechtigt ist, verlangt er eine Verhandlung ohne Ansehen der Person. Im Prozess stellt sich die Wahrheit heraus: Xia Huan hatte versucht, die junge Turnerin zu vergewaltigen. Als sie sich losreißen und weglaufen konnte, hatte er sie absichtlich überfahren - und Xu Dahuai, der sich der Familie des Vorsitzenden verpflichtet fühlte, hatte die Schuld auf sich genommen. Xia Huan wird zum Tode verurteilt und hinterlässt zwei gebrochene Familien.
Auch dies ist einer jener beeindruckenden Filme der 80er Jahre, deren Ernst und Mut heute aus den Filmen der Volksrepublik verschwunden ist. Er zeigt das undurchdringliche Netz von Beziehungen, Gefälligkeiten und Abhängigkeiten, das Chinas Justizsystem mit dem Parteiapparat und den hohen Kadern verbindet und faire Prozesse gegen Mächtige unmöglich macht - es sei denn, dahinter steht ein noch Mächtigerer. Wo bleibt der Film über den Prozess gegen die sogenannte "Viererbande", der in Wirklichkeit ein Prozess gegen den Großen Vorsitzenden hätte werden müssen? Wann wagt es ein Chinese, das Leben der Jiang Qing zu verfilmen? Wo sind die Filme über Bo Xilai, Zhou Yongkang und andere Kader, denen Korruption und andere Verbrechen bis hin zur Ermordung unliebsamer Personen vorgeworfen wurden? Der Opportunismus der Filmindustrie und die unerbittliche Zensur sorgen dafür, dass nichts in dieser Richtung gedreht wird und schon gar nicht in die Kinos kommt. (Ob das den Taiwanern Lust macht, sich enger mit diesem System einzulassen, ist natürlich zweifelhaft.) - Leider OHNE Untertitel - schade, denn das erschwert es dem Film, im Westen den Stellenwert einzunehmen, den er verdient hätte.

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FAN TAN FENG BAO 反貪风暴 ("Z Storm")
Thriller von David Lam, Hongkong 2014. Mit Louis Koo, Ka Tung Lam, Dada Chan, Janelle Sing, Michael Wong. 92 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Bis 1974 war Hongkong einer der korruptesten Orte des britischen Commonwealth. Als dann der Polizeipräsident in Verdacht geriet, größere Summen angenommen zu haben, wurde die ICAC gegründet ("Independent Commission Against Corruption"). Es gelang ihr tatsächlich, die Korruption in Hongkong wesentlich einzudämmen. Dass sie inzwischen von Filmemachern zum Gegenstand von Thrillern gemacht wird, versteht sich von selbst. Auch in diesem Film ist das so. Ausgangspunkt ist der Plan eines großen Investitionsfonds, an dem sich neben ausländischen Banken auch die Regierung von Hongkong beteiligen soll. Die Mitarbeiter der ICAC finden Hinweise, dass hier ein gigantischer Betrug geplant ist. Doch die Zeit läuft den Ermittlern davon, denn die Unterzeichnung des Vertrages steht unmittelbar bevor. Außerdem werden ihre Ermittlungen immer wieder behindert, vor allem von der Polizei, deren leitender Offizier offenbar an dem Betrugsplan beteiligt ist. Nach einem missglücktem Versuch der ICAC-Ermittler, auf dem Gelände der vermuteten Verbrecher Beweise zu finden, gelingt es dem Polizeioffizier, das Team der Ermittler festzusetzen. Gleichzeitig wird ein Mitglied der Regierungskommission, die den Vertrag unterzeichnen soll, mit einer inszenierten sexuellen Affäre erpresst. Ob der verbrecherische Plan trotzdem noch verhindert werden kann? Der Film wird es zeigen: ein routiniert gemachter Thriller, der von der sehr chinesischen Überzeugung lebt, dass Korruption allen Bemühungen zum Trotz allgegenwärtig und unausrottbar ist, und zwar je höher in der Gesellschaft, desto gewisser.

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"Youth" 芳华 (Fang Hua), China 2017. Drama von Feng Xiaogang 冯小刚, mit Miao Miao 苗苗, Huang Xuan 黄轩, Zhong Chuxi 钟楚曦, Yang Caiyu 杨采钰. 130 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

故事发生在上世纪七十年代,寄人篱下的少女何小萍(苗苗 饰)经过重重试炼终于加入了梦寐以求的文工团,哪知道这里和她曾经待过的那些地 方并无不同,她依然得忍受遭人唾弃和欺侮的生活。唯一给过她温暖的,是刘峰(黄 轩 饰),不仅仅是对何小萍,被称为“活雷锋”的刘峰把自己的爱情和温暖无私的奉献 给每一个人。
  实际上,刘峰一直爱慕着美丽活泼的林丁丁(杨采钰
饰),当他选择将这份感情勇敢的表达出来时,却让自己的人生走向了完全不同的方 向。战争开始了,刘峰、何小萍和萧穗子前赴后继的走上了前线,在枪弹和炮火之中 ,每一个人都在用生命和热血绽放着属于他们的芳华 。。。

Ein Film, der ältere Chinesen wehmütig macht - und jüngere auch, selbst wenn sie die Zeit, in der die Story überwiegend spielt, nicht mehr kennen. Im Mittelpunkt steht eine Ballett- und Musiktruppe der PLA im Südwesten Chinas. Erzählerin ist Xiao Suizi (Zhong Chuxi 钟楚曦), selber eine der Tänzerinnen. Die Handlung beginnt 1975, in der Endphase der Kulturrevolution. Hier studiert die Truppe zu kämpferischer Musik eine Choreographie ein.
Der stets hilfsbereite Liu Feng (Huang Xuan黄轩) stellt eine neue Tänzerin vor: He Xiaoping (Miao Miao苗苗), die gerade erst in die Armee aufgenommen wurde. Ihr Vater ist als Rechtsabweichler im Lager, darum trägt sie jetzt den Nachnamen des Stiefvaters. Doch ihre Hoffnung, herzlich aufgenommen zu werden, erfüllt sich nicht. Sie hat noch keine Uniform, also nimmt sie für ein Foto heimlich die Uniform einer Kollegin ... für sie das erste einer Reihe von demütigenden Erlebnissen.
Dann das Schicksalsjahr 1976: Der Tod von Zhou Enlai, das Tangshan-Erdbeben, der Tod von Mao, das Ende der Kulturrevolution ... Obwohl verboten, entwickeln sich natürlich auch in diesem Armee-Ensemble Gefühle. He Xiaoping liebt Liu Feng, der aber ist verliebt in die hübsche Lin Dingding (Yang Caiyu杨采钰).
Als man ihn dabei sieht, wie er sie in den Arm nimmt, wird er zur Grenztruppe versetzt. Bald darauf verlässt auch He Xiaoping die Tanztruppe und geht als Sanitäterin an die Grenze. In dem kurzen Krieg gegen Vietnam 1979 verliert Liu Feng einen Arm, und He Xiaoping erleidet ein psychisches Trauma, von dem sie sich nur langsam erholt.
Dann für alle ein Schock: das Ballett-Ensemble wird aufgelöst (spätestens hier denkt man natürlich an "Platform" (站台) von Jia Zhangke). Die Mitglieder zerstreuen sich in alle Himmelsrichtungen; Lin Dingding geht ins Ausland. Zufällig treffen sich einige nach 2005 auf der Insel Hainan: Xiao Suizi hat ein Kind und einen reichen Mann, den sie aber kaum sieht. Ähnlich sieht es bei der früheren Akkordeon-Spielerin aus, die den Trompeter des Ensembles geheiratet hat: der macht inzwischen auf Hainan große Immobiliengeschäfte. Nur Liu Feng und He Xiaoping sind nicht reich geworden. Am Ende kommen diese beiden zusammen - innerlich und äußerlich verwundet, doch mehr als alle anderen menschlich geblieben.

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FANG ZHEN ZHU 方珍珠 ("Fang Zhenzhu")
Von Xu Changlin, China 1952. Nach dem gleichnamigen Drama von Lao She, mit Wang Yurong, Zhang Lide, Hou Baolin, Sun Jinglu,   Gao Zhanfei. 97 min, schwarzweiß, Chinesisch ohne Untertitel. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Fang Zhenzhu ist ein renommierter Kleinkünstler und Geschichtenerzähler im Peking der 30er-Jahre (damals "Beiping"). Als die Japaner 1937 die Stadt besetzen, weigert er sich, für diese zu spielen und verlässt die Stadt. Doch als er nach der Kapitulation Japans 1945 zurückkehrt, muss er erneut Einschüchterungen und Repressalien erdulden. Erst 1949, als die Guomindang-Regierung nach Taiwan flüchtet, kann er seine Kunst wieder ausüben und zusammen mit Gleichgesinnten ein kleines Theater eröffnen.
Dieser Filmklassiker beruht auf dem gleichnamigen Theaterstück des großen Lao She. Noch im Dezember 1949 war er aus den USA nach China zurückgekehrt. Die Zuversicht, dass 1949 eine Zeit des Humanismus und der Solidarität in China angebrochen sei, prägt auch "Fang Zhenzhu". Lao She ging es gut; in schneller Folge schrieb er Stücke, die äußerst populär wurden, sowohl im Theater wie als Film (neben "Fang Zhnzhu" z.B. "wo zhe yi beizi 我这一辈子 This Life of Mine"). Er wurde Präsident des Schriftstellerverbandes, war ein enger Freund von Premier Zhou Enlai - und starb dennoch, von Maos Roten Garden totgeschlagen (nicht, wie offiziell behauptet, durch Suizid), als eines der ersten und beklagenswertesten Opfer der Kulturrevolution.

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FEI HU 飞虎 ("Flying Tiger")
Von Zheng Zhiguo, China 1952. Mit Zheng Zaishi und Zhou Fengshan. Schwarzweiß, 79 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Seit der Einigung Chinas durch Qin Shi Huangdi sind Selbstlob und Geschichtsfälschung integrale Bestandteile der chinesischen Politik. Dasselbe gilt für Verleumdung geistiger oder politischer Gegner. Es ist also nicht überraschend, dass diese Gewohnheiten auch nach 1949 Chinas Propaganda bestimmten - am deutlichsten im Medium Film. Dennoch ist dieser Film über die Frühphase des Koreakrieges etwas Besonderes. Natürlich zeigt auch er die übliche Selbstverherrlichung von Chinas Staats- und Armeeführung. Natürlich wird auch hier der Gegner als Karikatur dargestellt, und die armen Soldatenschweine, von ihrer Führung bedenkenlos in den Tod geschickt, werden glorifiziert. Was diesen Film aber hervorhebt, ist der unverhüllt imperialistische Habitus, der sonst von der Staatsführung geleugnet wird, hier aber, in der Routine des hingeschluderten B-Films, durchrutscht. Man muss sich das vorstellen: Die Handlung spielt in Nordkorea, wo umfangreiche chinesische Truppenverbände einmarschiert sind, wie es heißt, gerufen von den koreanischen Brüdern. Wo aber sind nun, bei der Planung des Feldzuges, die koreanischen Brudergeneräle? Es gibt sie nicht. Die chinesischen Generäle sind unter sich, kein Koreaner wird gefragt oder informiert. Die Ortsnamen sind chinesisch, selbst auf den eingeblendeten Karten; auch bei den Kämpfen spielen einzig die chinesischen Helden eine Rolle - das Ganze, wohlgemerkt, ausschließlich auf koreanischem Territorium. Wer wissen möchte, ob Chinas Politik der Gegenwart expansiv-imperialistische Elemente enthalten könnte, findet in diesem Film interessantes Studienmaterial.

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Fei Hu Chu Zheng  飞虎出征 ("SDU: Sex Duties Unit"), Hongkong 2013. Action-Komödie von Gary Mak, mit Chapman To 杜汶泽, Shawn Yue Man-lok 余文乐,  Matt Chow 邹凯光, Derek Tsang曾国祥. 95 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

飞虎队B队队长阿强(杜汶泽饰)在一次任务后遇到了前所未有的危机,上司 (王敏德饰) 对其整个小分队表示失望,下属阿富(余文乐饰) 私下表示想要转到 实力更强的A队。 阿强为了重振士气决定开展一次特殊的任务, 那就是带领小组 队员偷渡去澳门嫖妓。可是事与愿违,此次行动漏洞百出,下属虾米 (曾国祥饰) 误用强力神油导致 4人被澳门警司抓进警局, 下属家豪 (邹凯光饰) 弄丢了 全队的钱被迫偷老父亲 (刘江饰) 的钱导致父亲心脏病发……好在在 “培训员”细细 (刘安琪饰) 的帮助下, 4人得以脱生, 可在逃亡途中新的冲突又再次发生。 本片改编自彭浩翔坏品味 小说系列之《特别任务连》。

"SDU" heißt ursprünglich natürlich "Special Duties Unit", vergleichbar mit der deutschen KSK 9. Doch hier ist es von zwei Trupps nur das B-Team, das mit dem A-Team nicht mithalten kann, so dass es immer nur für zweitklassige Aufgaben eingesetzt wird. Aus Frustration beschließen die vier Cops, am Wochenende einen Trip zu einem Bordell in Macao zu unternehmen. Dort werden sie bei einer Kontrolle festgenommen, können aber aus der Polizeiwache flüchten. Man hält sie für gefährliche Gangster, und bald ist die ganze Polizei hinter ihnen her. Sie verlieren ihr Geld, richten bei Bekannten und Verwandten Chaos an, können aber zum Schluss sowohl die echten Gangster dingfest machen als auch sich zurück nach Hongkong absetzen. Ein freundlicher und trotz des Titels garantiert jugendfreier Streifen mit einigen passablen Gags, nicht mehr und nicht weniger.

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FEN NU DE XIAO HAI 愤怒的小孩 ("Angry Kid")
Komödie von Huang Wei, China 2013. Mit Wang Yiming, Chen Kun, Fan Wei, Zhang Jiayi, Jiang Shan. 95 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 6 Jahre

"Home Alone" auf chinesisch: Der kleine Sun Xiaoao bleibt zu Hause, während seine reichen Eltern in Moskau noch mehr Geld verdienen. Der Vater verspricht immer wieder per Skype, den Jungen zu besuchen, hält sein Versprechen aber nie. Der taube Großvater muss ins Krankenhaus, das angestellte Hausmädchen ist ein fetter furchterregender Drachen, und als der Vater sogar zum Geburtstag des Jungen wieder nur Geschenke und Mails schickt, reicht es diesem. Trickreich kommt er aus der abgeschlossenen Wohnung und beschließt, die Welt zu erkunden. Unterwegs trifft er ein Mädchen, das er aus der Hand von Kidnappern befreit. Von nun an sind beide vor den Kidnappern auf der Flucht, während zu Hause jetzt endlich die Eltern zurückkommen, die Polizei sich auf die Suche macht, bis alles in einem finalen Showdown mit Happy End kulminiert.
Das Ganze kombiniert eine in China immer häufigere Situation (vernachlässigte Kinder reicher Eltern) mit einer realen chinesischen Urangst: entführte Kinder. Weil das aber eine Komödie ist, sind die Kinder unvorstellbar einfallsreich und die Kidnapper unvorstellbar unfähig, so dass man sich zu keinem Zeitpunkt um die Kinder echte Sorgen machen muss. Der Zwang zum Klamauk, der chinesische Regisseure in solchen Filmen immer wieder ergreift, lässt die Tiefe der Angst erahnen, die das Thema in der Realität Chinas auslöst.

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FENG KUANG 72 XIAO SHI 疯狂72小时 ("Night of Adventure")
Thriller-Komödie von Li Jixian, VR China 2014. Yan Ni, Geng Le, Shao Bing, Bao Bei'er. 98 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

2002 stellte der 1962 geborene Li Jixian seinen ersten Spielfilm vor, nämlich "Wang Shouxians Sommer / A High Sky Summer (王首先的夏天)". Die Uraufführung fand - wo? - statt? Nun, wie es sich gehört, in Berlin: im Rahmen des "Internationalen Forums" der Berlinale. Dieser Erstling des Regisseurs spielte auf dem Land, wo ein Bauernjunge unbedingt Schauspieler werden will. Mit seinem neuesten Film dürfte der Regisseur wie viele andere (z.B. Zhang Yuan) den Weg vom Untergrund in den Mainstream geschafft haben. Allerdings sind seine Figuren im Grunde immer noch Außenseiter.
Die Handlung spielt in einem jener Hochhauskomplexe, die in den letzten 20 Jahren in allen Städten Chinas aus dem Boden schossen, und in denen heute die wohlhabende Mittelschicht ebenso gepflegt wie anonym wohnt. Hier hatte drei Jahre vor Beginn der eigentlichen Handlung, als das Ganze noch im Rohbau stand, ein polizeilich gejagter Ganove ein geraubtes Wertobjekt eingemauert. Jetzt sind er und die anderen Mitglieder seiner Bande auf der Jagd danach. Die Wohnung gehört Sanna (Yan Ni): eine herbe, nicht mehr ganz junge, desillusionierte Frau, die von ihrem Vater außer der Wohnung ein kleines Vermögen geerbt hat. Das Schicksal lässt ihren Ex-Geliebten Wu Bo (Geng Le), der sie vor sieben Jahren plötzlich verlassen hat, ausgerechnet in die Nebenwohnung einbrechen. Von nun an gibt es einen wilden Versteck- und Verfolgungswirrwarr, in dessen Verlauf die getrennten Ex-Geliebten wieder zueinander finden. Wie es sich in einem Thriller gehört, wird der eine oder andere gelegentlich niedergeschlagen und liegt eine Weile bewusstlos auf dem Boden. Aber am Ende, wie es sich für eine Komödie gehört, stehen alle wieder auf und gehen ihrer Wege - sogar der Bandenchef, der in Afrika vor einem Löwen fliehen muss.

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Feng Kuang De Wai Xing Ren "Crazy Alien" 疯狂的外星人, China 2019. Alien-Komödie von Ning Hao 宁浩, mit Huang Bo 黄渤, Chen Teng 沈腾, Tom Pelphrey, Matthew Morrison. 115 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

号称银河系最先进的外星文明试图和地球建交,谁知一连串的误会导致意外发生。外 星使者的飞船坠入大气层,最终摔在了中国某市的世界公园中。靠耍猴戏为生的耿浩 (黄渤 饰)和酒贩子好友大飞(沈腾 饰)把受伤的外星人错认为来自南美洲的猴子, 在自家猴子受伤的情况下,耿浩开始训练起这个他口中的刚果骚骚猴来了。由于失 去了超能力加成设备,外星人的本事无法施展,只能任由这两个傻乎乎的地球人打骂 操练。尽管如此,他仍试图夺回自己的装备。另一方面,之前与外星人交流失败的超 级大国根据外星人留下的信息,穿梭世界各地寻找外星使者。地球的命运朝着不可预 测的方向发展……  本片创意来自刘慈欣的科幻小说《乡村教师》...

Nach "Crazy Stone" (疯狂的石头, 2006) und "Crazy Racer" (疯狂的赛车, 2015) ist dies der dritte Film der "Crazy"-Trilogie von Ning Hao – und der bei weitem erfolgreichste. Offiziell eine "Science-Fiction-Komödie", besteht der "Science-Fiction"-Teil jedoch nur in wenigen Elementen der Rahmenstory: Eine hochintelligente galaktische Zivilisation sendet einen Botschafter zur Erde, um diplomatische Beziehungen aufzunehmen, was in Form eines "DNA-Austauschs" durch das Bespeicheln einer kleinen Kugel geschehen soll. Der gnomenhafte Botschafter hat überirdische Kräfte, doch nur, wenn er ein riemenartiges Band um seinen Kopf trägt ... weitere Science-Fiction-Elemente gibt es nicht.
Auf der Erde nimmt der Botschafter Kontakt zum mächtigsten Staat auf, und das sind die "Vereinigten Staaten von Armanika". Doch deren Regierung (welcher Staat mag das wohl sein?) ist ein Haufen von Rüpeln und Trotteln, eingeschlossen den Astronauten, der den DNA-Tausch im Weltall vollziehen soll. Es kommt zu einem Unfall, und dabei stürzt der Botschafter mitsamt seinem Raumschiff in einen Themenpark in China, wo berühmte Touristen-Orte der ganzen Welt nachgebildet sind.
Vom Sturz ohnmächtig, fällt der Alien-Botschafter in die Hände des Affen-Dompteurs Geng Hao (gespielt von Huang Bo, der sich zum "Underdog vom Dienst" des chinesischen Films entwickelt hat). Er hält den Alien für einen Affen, und weil sein eigenes Tier bei dem Unfall verletzt wurde, dressiert er als Ersatz nun den Botschafter. Der gehorcht zähneknirschend und bemüht sich nach Kräften, wieder an sein Kopfband zu kommen, das ihm der Dompteur abgenommen hat.
Inzwischen überfällt die "armanische" Regierung ein Land nach dem andern, um den Botschafter aufzutreiben ... so dass man nicht nur über die Verwechslungen um Affen und Aliens lachen kann, sondern auch über die plumpe Nation, die unschwer als USA zu erkennen ist. Das machte den Film in China zu einem der erfolgreichsten Filme des Jahres – und führte in den USA dazu, dass die dortigen Verleihfirmen einen Filmstart blockierten.

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FENG QI DE CHAN HUI  冯齐的忏悔 ("The Confession of Feng Qi")
Beziehungs-Drama von Zeng Nianping, China 2006. Mit Lin Shen, An Dun, Zhu Liying. 90 min, chinesisch OHNE englische UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Eine subtile psychologische Studie, leider ohne englische Untertitel. Aber das Wichtigste versteht man auch so. Rahmenhandlung: Der Unteroffizier Fenq Qi ist nicht nur ein äußerst fleißiger und pflichtbewusster Soldat, sondern schreibt auch Geschichten. Eine davon führt dazu, dass ihn eines Tages eine Journalistin besucht, die ein Interview mit ihm machen will.
In diesem Interview enthüllt sich nach und nach die Kerngeschichte: die Beziehung zwischen Feng Qi und einer Frau namens Chen Yan. Feng Qi – zu diesem Zeitpunkt noch ein einfacher Soldat - lernt die Frau in der Eisenbahn nach Peking kennen, wo er an einer Konferenz teilnimmt. Sie treffen sich in seinen freien Stunden, machen einige Erinnerungsfotos und tauschen Adressen aus. Es ergibt sich ein loser Briefwechsel, und Feng Qi erfährt Näheres über die hübsche und kluge Frau. Chen Yan ist, erstens, acht Jahre älter als er. Sie ist, zweitens, geschieden. Und sie hat, drittens, eine Tochter. Chen Yan ist sich sicher, dass all dies eine engere Beziehung unmöglich macht, doch Feng Qi verliebt sich in sie. Er besucht sie unangemeldet, sagt ihr, dass er sie heiraten will, schwört ihr ewige Liebe. Sie beginnt, an die Möglichkeit einer Beziehung zu glauben. Allerdings kommt zunächst die entscheidende Probe: der Besuch bei den Eltern des Soldaten, die in einem Dorf in Shandong leben. Wie das abläuft, und welch tragische Auswirkungen es für die Beziehung hat, erzählt der Film (der im Westen zu Unrecht völlig unbekannt ist, obwohl der Hauptdarsteller Lin Shen 2006 für den Emmy-Award nominiert war).
Zwar nehmen Beziehungen älterer Frauen zu wesentlich jüngeren Männern im Westen zu, wie die Beispiele von Edith Piaf, Demi Moore oder Madonna zeigen. Von einer vollen gesellschaftlichen Akzeptanz sind solche Beziehungen aber auch hierzulande noch weit entfernt. Darüber, wie das in China aussieht, müsste man diskutieren.

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Feng Yu Jiang Nan 风雨江南  ("In Rain and Winds" = "The Special Marriage"), China 1949. Filmklassiker von Zhang Min, mit Feng Zhe冯喆und Li Luling李露玲. 103 min, Schwarzweiß, Chinesisch mit PC-generierten englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

讲述了全国解放前夕,在江南的一个小村庄里,从前在地主李春堂家当丫环的春梅来 找李春堂,她的丈夫几年前被抓了壮丁,音讯全无,现在乡公所又抓了她的小叔子, 她不得已来求李春堂到乡所说说情。李春堂不仅不帮忙,还大发雷霆,把她赶出来。 这是消息传来,春梅的丈夫被抓壮丁后投奔了新四军,现在是解放军的团长。于是, 正在他们争吵不休的时候,解放军进村了。地主恶霸慌作一团,而春梅和乡亲们高高 兴兴地去迎接解放军 。。。

Der Film - einer der ersten der VR-Zeit - schildert Leiden und Unterdrückung der Landbevölkerung vor 1949, und zwar durch die Gutsherren auf der einen Seite und die Guomindang-Bürokratie auf der anderen. Die Gutsherren bestehen auf der Pacht, die auch nach Missernten unerbittlich eingetrieben wird, sei es mit dem letzten Sack Getreide, sei es mit dem einzigen Büffel einer Familie, ohne den das Feld gar nicht mehr bestellt werden kann. Und die staatliche Bürokratie legt den Bauern nicht nur Steuern und Abgaben auf, sondern nimmt ihnen auch die Söhne, die als Soldaten gebraucht werden. Die Bauern versuchen sich zu wehren, am heftigsten die junge Chunmei, deren Ehemann zu den Rebellen gegangen ist. Nun wird sie selber von der Familie des Gutsherrn gefangengenommen. Als ihr Mann - inzwischen Offizier der Roten Armee - zusammen mit den Truppen anrückt, wollen der Gutsherr und der Dorfschulze sie durch Adoption eilig in ihre Familien aufnehmen. Doch Chunmei, die in dem Durcheinander entkommen kann, durchkreuzt ihre Pläne. So endet der Stoff, der in anderen Filmen (z.B. 1950 in "Bai Mao Nü" 白毛女) zu Tragödien führt, hier als Komödie.

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"Shadow Play" 风中有朵雨做的云, China 2018. Kriminal-Thriller von Lou Ye娄烨, mit Jing Bairan 井柏然, Song Jia 宋佳, Ma Sichun 马思纯, Qin Hao 秦昊. 124 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

城建委主任唐奕杰(张颂文 饰)在动员钉子户搬迁现场坠楼身亡,年轻警官杨家栋(井柏然 饰)负责调查此案,因此结识了唐奕杰的妻子林慧(宋佳 饰)和女儿唐小诺(马思纯 饰)。通过唐小诺,杨家栋得知唐奕杰和林慧之间的感情并不和睦,不仅如此,林慧 还曾患有精神分裂症。
  唐奕杰生前和紫金企业的负责人姜紫成(秦昊
饰)交往甚密,而林慧亦曾是姜紫成的女友,除此之外,姜紫成的合伙人连阿云(陈 妍希 饰)一直下落不明,这一切都和唐奕杰一家人有着密不可分的关联。在林慧和姜紫成 的算计之下,杨家栋不仅身败名裂还背负上了杀人的罪名无奈逃亡香港,但他对凶手 的追踪却并没有画上休止 ...

"Suzhou River" (苏州河, 1995) machte Lou Ye im Westen bekannt. Seitdem gilt er als einer der wichtigsten Regisseure der "6. Generation". Doch während andere Kollegen (etwa Zhang Yuan) mit der Zeit immer mehr den Mainstream bedienten, blieb Lou Ye sich treu. Das gilt sowohl für seinen unerbittlichen Blick auf Chinas Gesellschaft wie auch für seinen Dauerkonflikt mit der Filmzensur. Diese verhinderte immer wieder für Jahre, dass Lou Ye seine Filme in die Kinos bringen konnte.
"Shadow Play" (der ursprünglich, dem chinesischen Titel deutlich näher, "Cloud in the Wind" heißen sollte) ist ein intensiver, vielschichtiger Thriller. Seine innere Ruhelosigkeit – typisch für die meisten Filme von Lou Ye – wird noch gesteigert durch die Kameraführung: meist eine heftig, wenn nicht hektisch bewegte Handkamera, und kaum einmal längere Einstellungen.
Die Story spielt in demjenigen Business-Bereich, wo in China seit 1990 wohl die größten Profite realisiert wurden: in der Immobilienbranche. Es beginnt mit einem Abriss und dem Protest von Anwohnern, der in eine Schlägerei ausartet. Baudirektor Tang verspricht den Protestierenden, dass der Abriss ihnen zugute kommen werde. Dann besichtigt er das Innere des Gebäudes – und liegt auf einmal tot auf dem Boden, offenbar aus dem obersten Stockwerk gestürzt. Schnell stößt der junge Polizist Yang, der den Fall untersucht, auf ein Netz von Beziehungen, Abhängigkeiten und Gefälligkeiten. In dessen Zentrum stehen Direktor Tang, der Bauunternehmer Jiang und deren Familien. Ständig zwischen Rückblenden und Film-Gegenwart wechselnd, zeigt sich eine Gesellschaft, die geprägt ist von Täuschung und Berechnung, bis hinein in die intimsten Beziehungen. Auch der Polizist verfängt sich in einer ihm gestellten Sexfalle, mit dem Ergebnis, dass er den Dienst quittieren muss. Doch er ermittelt auf eigene Faust weiter, sich selber und andere in Lebensgefahr bringend.
Mit Recht fand der Film auf der Berlinale 2019 große Anerkennung. Einige Kritiker schrieben, das wahre Thema des Films (und der Grund für die Probleme mit der Zensur) sei die in China herrschende allgegenwärtige Korruption. Das mag aus westlicher Sicht zutreffen. Es täuscht aber insofern, als der Begriff "Korruption" impliziert, dass die Beteiligten in dem Bewusstsein handeln, etwas Unrechtes zu tun. Doch genau das ist im konfuzianischen Netzwerk akademischer, geschäftlicher und privater Gefälligkeiten NICHT der Fall. Wenn man die Story ohne Emotionen betrachtet, ist eigentlich alles in Ordnung – außer eben den Morden, die ein guter Konfuzianer besser vermeiden sollte. Allerdings stellte schon Marx fest, dass Kapital bei mittleren Zinsen mutig, bei  hohen Zinsen waghalsig und bei extremen Profiten mordlustig wird. Wer wollte es wagen, Marx zu widersprechen? Also dürfen wir getrost darauf hoffen, auch in Zukunft noch ähnlich spannende Thriller aus China sehen zu können.

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FU CHENG MI SHI 浮城谜事 ("Mystery")
Von Lou Ye, China/Frankreich 2012. 108 min, mit Hao Lei, Qin Hao, Qi Xi. Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 16 Jahre

Wieder einmal erweist sich Lou Ye in diesem Film als Meister des Abgründigen. Die Geschichte spielt in Wuhan: ein freundlicher junger Vater, fürsorgliche Ehefrau, reizende kleine Tochter. Wohlstand, Auto, schöne Wohnung, eine glückliche Familie ... hinter der sich schon bald ein Abgrund an Untreue und Verrat auftut. In strömendem Regen stirbt gleich zu Beginn eine junge Frau, als sie von einem Auto angefahren wird. Doch auf die Straße lief sie, wie sich hinterher herausstellt, um sich vor einem Mordversuch zu retten, ausgeführt von einer der beiden Frauen, zwischen denen der eingangs beschriebene freundliche Familienvater schwankt ... mit zusätzlichen Kurzzeit-Stands, Verschleierungsversuchen, Erpressung und am Ende einem Totschlag als weiteren Implikationen.
Solche Beziehungsdramen gibt es natürlich in Europa oder den USA genauso wie in China. Dennoch beeindruckt die fatalistische Selbstverständlichkeit, mit der hier alle Bindungen als zeitweilig gesehen werden - als wären im heutigen China zweieinhalb Jahrtausende Jahre Konfuzianismus abgestreift wie eine tote Haut. Ob Seismograf oder Warner - Lou Ye bestätigt mit diesem Film einmal mehr seinen Ruf als einer der interessantesten Regisseure der "sechsten Generation".

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Fu Zi Lao Ye Che  父子老爷车 ("Father, Son and the Old Car")
Komödie von Liu Guoquan, China 1990. Mit Chen Peisi, Chen Qiang, Wang Bing, Ma Zheng. 85 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 9 Jahre

Der alte Lao Kui und sein Sohn haben in der Zeit der großen Umwälzungen keine Arbeit mehr, können sich aber für 2000 Yuan einen alten Straßenkreuzer kaufen. Manager Ren, der in dem aufblühenden Shenzhen ein Casino errichten will, sieht eine Chance, mit dem alten Auto Touristen anzulocken. Er stellt die beiden ein, und Vater und Sohn lassen sich vom Manager und dessen Angestellter nach Kräften ausnutzen. Dann kommt ein schwerreicher Japaner in die Stadt und erkennt in dem Auto das Fahrzeug, in dem zu Zeiten der japanischen Besetzung sein Großvater gefahren war.
Manager Ren sieht seine Stunde gekommen ... doch der Japaner und die beiden starrköpfigen Autobesitzer machen ihm einen Strich durch die Rechnung.
Klassische Komödie mit Charakteren, wie es sie in der Realität wie auch im Film nur in dieser Zeit gegeben hat – ansehen und Spaß haben!

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Gang Jiong  港囧 ("Lost in Hong Kong")
Action-Komödie von Xu Zheng 徐峥, China 2015. Mit Xu Zheng 徐峥, Zhao Wei 赵薇, Bao Bei'er 包贝尔, Du Juan 杜鹃. 108 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Für alle überraschend, war 2012 der Low-Budget-Film "Lost in Thailand" (人再囧途之泰囧) in China der kommerziell erfolgreichste Film aller Zeiten geworden. Da konnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Xu Zheng eine Neuauflage dieses Erfolgsmodell versuchen würde, wiederum mit ihm selber sowohl auf dem Regiestuhl wie auch als Hauptdarsteller. Diesmal spielt er Xu Lai, der in seiner Studienzeit gerne Künstler werden wollte und außerdem unsterblich in seine Kommilitonin Yang Yi (Du Juan 杜鹃)verliebt war. Jetzt ist er ein gelangweilter Industriedesigner. Geheiratet hat er (bzw. sie ihn) die betriebsame Cai Bo (Zhao Wei 赵薇), bei der er bisher mit Kondomen jede Schwangerschaft verhindert hat.
Eine Urlaubsreise führt Xu Lai, seine Frau und deren nervige Familie nach Hongkong. Hier hofft Xu Lai seine alte Liebe Yang Yi wiederzusehen, die inzwischen ein berühmtes Model geworden ist. Behindert wird er allerdings durch seinen aufdringlichen Schwager Cai Lala (Bao Bei'er 包贝尔), der mit einer Videokamera jeden Schritt des Xu Lai dokumentieren will.
Von nun an geht es mit wilden Verfolgungsfahrten und halsbrecherischen Stunts durch die ganze Stadt. Kompliziert wird das zum einen durch einen festsitzenden Alien-Stahlhelm, den Xu Lai von einem Filmdrehteam versehentlich aufgesetzt bekommt, zum andern durch zwei ihn verfolgende Polizisten, die ihn mit einer Mordsache in Verbindung bringen.Der dramatische Showdown findet auf einer freischwebenden Glasscheibe statt, die im höchsten Stockwerk eines im Bau befindlichen Wolkenkratzers zum Einbau bereit hängt.
Tatsächlich gelingt es Xu Zheng, in weiten Teilen das Tempo und die absurde Situationskomik des Vorbilds "Lost in Thailand" zu erreichen, ohne dieses allzu plump zu kopieren. Kein Wunder, dass "Lost in Hong Kong" in China fast ebenso erfolgreich war wie das Vorbild von 2012. Obwohl ohne Untertitel, ist die Handlung auch ohne Chinesischkenntnisse problemlos zu verstehen.

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Gao Gen Xie Xian Sheng 高跟鞋先生 ("Mr. High Heels"). Verkleidungskomödie von Lu Ke (陆可), China 2016. Mit Du Jiang (杜江饰) und Fiona Sit (薛凯琪). 93 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

游戏设计师杭远(杜江饰),从小就暗恋同校才女李若欣(薛凯琪饰),可每次要表 白的时候她都已进入了新恋情,直到她最后一段感情被未婚夫背叛,不再相信男人, 转而与拉拉闺蜜(李媛饰)越走越近 ...

Wie Robin Williams 1993 als "Mrs. Doubtfire", so verkleidet sich der schüchterne Hang Yuan als Frau, um sich regelmäßig mit seiner Flamme Ruoxin zu treffen. Das Spiel läuft (so jedenfalls behauptet es die Story) 20 Jahre lang ... dann endlich hat er den Mut zur Wahrheit.

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GE NÜ ZHI GE  歌女之歌 ("Song of a Songstress")
Melodrama von Fang Peilin, Hongkong 1948. Mit Zhou Xuan und Wang Hao. Schwarzweiß, 98 min, Chinesisch OHNE englische UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Zhou Xuan (1918-1957), Chinas größte Sängerin der Republikzeit, war eine Zeitgenossin von Billie Holiday (1915-1959) und Edith Piaf (1915-1963). Wie diese starb sie früh (Zhou Xuan im Alter von 39). Auch ihr sonstiges Schicksal war ähnlich: als Kinder abgeschoben, als Sängerinnen bejubelt, als Frauen betrogen und missbraucht.
"Song of a Songstress" ist der drittletzte der 42 Filme, in denen Zhou Xuan mitspielte. Wie die meisten davon beruht auch dieser Film ganz auf dem Ruf seiner Hauptdarstellerin. Im Chinesischen ist der Filmtitel zudem doppeldeutig, denn "Singsong-Girl" war fast ein Synonym für Prostituierte. Zhou Xuan spielt hier die Clubsängerin Zhu Lan, die zwischen zwei Männern steht: hier der reiche Playboy Ye Chunhua, der sich gerne mit ihr als Eroberung schmücken würde, dort der arme Maler Fang Zhiwei, den sie liebt. - Der Film ist leider von schlechter Bild- und mäßiger Tonqualität; doch sind die Dialoge überwiegend einfach und auch für relative Anfänger des Chinesischen verständlich.

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Give Me The Sun (太陽が欲しい), China/Japan 2015. Doku-Film von Ban Zhongyi über die von Japanern missbrauchten "Trostfrauen" in China. 119 min, Dialoge chinesisch/japanisch mit englischen UT; Zwischentexte englisch. Altersempfehlung: ab 15 Jahre.

Nach 1932 und verstärkt nach 1937 richteten die Japaner in den von ihnen besetzten Ländern Militärbordelle ein, in denen zahlreiche Frauen vergewaltigt und missbraucht wurden. Allein in China waren das laut Schätzungen etwa 100.000, insgesamt geschätzte 200.000-300.000 Frauen. Doch während in Ländern wie Südkorea, Taiwan oder Malaysia private Organisationen versuchen, das Schicksal der euphemistisch "Trostfrauen" genannten Opfer bekannt zu machen und das Leid Überlebender zu lindern, wurden diese in China weitgehend alleingelassen.
Von ihrer Umgebung ausgegrenzt, meist in Armut lebend, wurden sie von der chinesischen Politik im Stich gelassen. Sie erhielten so gut wie keine Unterstützung, und sie wurden von Chinas Regierung verraten, als diese das chinesisch-japanische "Joint Communique" vom 29. Sept. 1972 unterzeichnete:
"5. The Government of the People's Republic of China declares that in the interest of the friendship between the Chinese and the Japanese peoples, it renounces its demand for war reparation from Japan.
(五)中华人民共和国政府宣布:为了中日两国人民的友好,放弃对日本国的战争赔 偿要求。"
Als einige Betroffene sich zusammenschlossen und versuchten, Anerkennung und Kompensationen für die an ihnen begangenen Verbrechen zu fordern, wurden sie von Chinas Regierung nicht nur nicht unterstützt, sondern im Gegenteil als "Unruhestifter" mit Zwangsmaßnahmen bedroht. So ist es kein Wunder, dass es ein in Japan lebender und mit einer Japanerin verheirateter Chinese ist, der sich dieses wichtigen Themas angenommen hat. Über 20 Jahre hat er in der Provinz Shanxi wiederholt einige dieser Frauen besucht, ihr Schicksal dokumentiert und ihre Gedanken festgehalten.

================================================================== GONG FU YONG CHUN 功夫咏春 ("Wingchun Kungfu")
Von Cheung Tung Cho, Hongkong 2010. 108 min, mit Bai Jing, Yu Shaoqun, Collin Chou. Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Das meiste von dem, was heutzutage über Entstehung und historische Bedeutung chinesischer Kampfkünste erzählt wird (Shaolin, Wingchun etc.), beruht auf Märchen oder heftigen Übertreibungen. Für Filmemacher ist das optimal, denn keiner muss sich Gedanken machen, ob sein Plot den historischen Tatsachen entspricht. So auch in dieser romantischen Martial-Arts-Komödie. Im Mittelpunkt Wingchun (hochchinesisch "Yongchun"): ein furchtloses Mädchen, das von einer geheimnisvollen Unbekannten einen unwiderstehlichen Kampfkunststil lernt - eben das, was später als "Wingchun-Stil" bekannt wird. Vom lockeren Umgang mit der historischen Realität abgesehen, ein hübsches Gongfu-Märchen mit viel Action, Kampfkunst, Schurken und Helden, wo die Liebe zwischen Held und Heldin sowohl Ansporn als auch verdienter Lohn von Edeltum und Heldenmut ist, oder umgekehrt von Heldentum und Edelmut  ...  wie es sich eben für ein Märchen gehört.

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GONG YUAN 2000 AD 公元 2000 AD ("Game Over")
Action-Thriller von Gordon Chan, Singapore/Hongkong 2000. Mit Aaron Kwok, Phyllis Quek, Daniel Wu, James Lye. 97 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Peter Tong, ein Fan von Computerspielen, erhält Besuch von seinem älteren Bruder aus den USA. Mit diesem dringt unvermittelt die Realität von Computer-Viren, Cyber-Kriminellen und globalen IT-Kriegen in die Umgebung der PC-Freaks ein. Als der Bruder ermordet wird, fliegt Peter mit Freunden nach Singapore, um die Täter ausfindig zu machen. - Wie in diesem Genre üblich, wird viel und blutreich geschossen, aber eines ist sicher: Die Haupthelden (außer dem anfangs dahingerafften Bruder, versteht sich) überleben alle Kämpfe und Verfolgungsjagden.

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GU LIAN HUA 孤恋花 ("Love's Lone Flower")
Von Tsao Jui-Yuan, Taiwan 2005. Mit Anita Yuen, Angelica Lee, Hsiao Shu-shen. 107 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Wenn in Filmen aus Taiwan die jüngere Vergangenheit eine Rolle spielt, dann geht es fast immer um DAS Schlüsselereignis des Inselstaates: die panische Flucht der Guomindang-Regierung sowie eines großen Teils der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Elite vom Festland auf die Insel im Jahr 1949. "Gu Lian Hua" macht hier keine Ausnahme.
Die Handlung des Films spielt in zwei Ebenen: zum einen in den 60-er Jahren auf Taiwan. Die zweite Ebene erzählt in Rückblenden von den späten 40-er Jahren in Shanghai.
Yuanfang, die als leitende Hostess eines Nachtclubs in Taibei arbeitet, kommt wie so viele andere ursprünglich vom Festland. Eines Nachts rettet sie Juanjuan, ein junges Singmädchen, mit dem sie von nun an auch zusammenlebt. Das ruft ihre Erinnerung an Shanghai zurück, wo sie mit Wubao zusammen war, ebenfalls einer begabten Sängerin. Dann gerät Juanjuan in die Hände von Ko, einem brutalen Gangster, der Vergnügen daran findet, seine Frauen zu misshandeln. Doch sie kann sich retten. Yuanfang hilft ihr, den Weg in ein bürgerliches Leben zu finden, allerdings um den Preis ihrer eigenen Einsamkeit. - Ein sensibler, atmosphärisch dichter Film mit brillanten Schauspielern und berückend schönen Bildern.

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GU NIANG DE XIN YUAN  姑娘的心源 ("A Girl's Wish")
Von Mao Yuqing und Teng Jingxian, China 1981. Mit Jiang Lili, Du Xiongwen, Li Qide. Farbe, 105 min, Chinesisch OHNE UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Dies ist einer jener Filme aus den frühen 80er-Jahren, die ohne äußeres Spektakel auskommen und ihre Intensität ganz aus dem inneren Konflikt der Handelnden beziehen. Nach ihrer Entlassung aus der Armee lässt sich die junge Wei Zhihua als medizinische Angestellte einem Krankenhaus in Südchina zuweisen, wo ihr Freund Lu Huaibing als Arzt arbeitet. Dass sie selber hier in der Tumorforschung arbeitet, hat einen persönlichen Hintergrund: In ihrer Familie gibt es eine genetische Disposition für eine bestimmte Form von Leberkrebs. Bald stellt sich heraus, dass auch sie betroffen ist. Doch sie arbeitet weiter, und als sie eines Tages ohnmächtig wird, verursacht dies einen Unfall, bei dem Ma Gu, der Leiter der Forschungsabteilung, sein Augenlicht verliert. Wei Zhihua trennt sich von ihrem Freund und widmet sich von nun an ganz der Pflege von Ma Gu. Als sie stirbt, bestimmt sie, dass Ma Gu ihre Hornhaut erhalten soll, so dass er sein Augenlicht zurückgewinnen kann.

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GU SHA ZHONG SHEN 股刹钟声 ("The Bell Rings From An Old Temple")
Von Zhu Wenshun, China 1958. Mit Pang Xueqing, Tian Le, Li Xida. Schwarzweiß, 80 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Immer noch rätsele ich, wie nach 1949 wirklich die Stimmung in China war. Ältere Chinesen versichern mir glaubwürdig, dass damals in den Städten tatsächlich ein Gefühl von Aufbruch, Zuversicht und neuer Freiheit geherrscht habe. Aber zeigt sich das auch in der Kunst? Die klischeehaften Filme dieser Zeit deuten eher auf das Gegenteil. Gab es nirgends loyale Guomindang-Beamte, die das Volk nicht ausbeuteten und der Partei von Sun Yatsen bis zuletzt die Treue hielten? Gab es keine Fälle, wo lokale KP-Zellen komplett von Opportunisten übernommen wurden? Keine Schleimer, die allein durch schamlose Lobhudelei in den Hierarchien von Partei und Verwaltung aufstiegen? Keine Fälle, wo sich unter dem Mantel revolutionärer Volksgerichte Pöbel und Abschaum austobten? Nichts davon findet sich in den Filmen dieser Zeit, auch nicht in dem hier vorgestellten. Im Gegenteil: Die Story ist so blöde, dass sie allein dadurch einen Platz in Chinas großem Museum für Propagandakitsch verdient hat. Da soll also während des 2. Weltkrieges eine Gruppe von Japan-Kollaborateuren die Mönche in einem Kloster umgebracht haben, um sich selber eine Basis für finstere Sabotage zu schaffen ... und zwar in Gestalt eine falschen alten Mönches. Nur einen Jungen hat man am Leben gelassen, aber mit einer geheimnisvollen Medizin stumm gemacht ... bis dann scharfsichtige PLA-Pioniere als Undercover-Agenten eintreffen und dem Ganzen unter Lebensgefahr ein Ende machen. Als Film ist das im Grunde komisch - als Beleg für den geistigen Zustand der damaligen Filmemacher eher beängstigend.

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Gu Shu Yi Ren 鼓书艺人 ("Traveling Players")
Drama von Tian Zhuangzhuang 田壮壮, nach dem gleichnamigen Roman von Lao She 老舍, China 1987. Mit Li Xuejian 李雪健, Zhu Xu 朱旭, Tan Mingdi 谭明娣, Huang Zongluo 黄宗洛. 108 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Im Dezember 1949 war der große Autor Lao She aus den USA nach China zurückgekehrt, nur wenige Wochen nach der Gründung der Volksrepublik (vielleicht etwas erstaunt über den doppelt gemoppelten Begriff "Volksrepublik", da doch "Republik" definiert ist als "Staatsform, in der die Regierung für begrenzte Zeit vom Volk gewählt wird" - aber wer hatte in China wann wen gewählt?). Wie auch immer, in den USA hatte er seinen letzten Roman fertiggestellt und zur Veröffentlichung vorbereitet. Dort erschien er 1952 unter dem Titel "Drum Players" ... und in China erst einmal gar nicht. Nachdem am 24. August 1966 Maos Rote Garden den Autor erschlagen hatten (später bekanntlich als Suizid kaschiert) dauerte es bis 1980, bis der letzte Roman des Lao She auch in China erscheinen konnte. 1987 verfilmte ihn Tian Zhuangzhuang, der 1986 den "Pferdedieb" (盗马贼) gedreht hatte, und dessen 1993 gedrehter "Blauer Drachen" (蓝风筝) in China bis heute verboten ist.
Vielleicht spürte Lao She, dass die "Drum Singers" oder "Traveling Players", die zu Musikbegleitung und dezenten Trommelschlägen erzählende Lieder vortrugen, eine aussterbende Kunstform waren, zumal in einer Zeit, in der darstellende Künstler allgemein verachtet wurden (Filmschauspieler eingeschlossen, bis die Anteilnahme nach dem Suizid von Ruan Lingyu hier einen Wandel einläutete). So widmete Lao She diesen Künstlern seinen Roman, dessen Handlung in den 30er Jahren spielt.
Im Mittelpunkt steht eine von Beiping nach Chongqing geflüchtete Spieltruppe. Ihr Leiter ist Baoqing, loyal beraten von seinem Bruder Baosen, bis dieser bei einem Luftangriff ums Leben kommt. Star der Truppe wird bald die junge Xiulian, die Baoqing wie eine Tochter aufgenommen und geschult hat. Diese erweckt das Begehren des Stadtkommandanten, und Baoqing kann sie nur mühsam von einem Schicksal als Konkubine bewahren. Doch dann lässt sie sich von einem Taugenichts verführen und schwängern, der sie bald darauf verlässt.
Auch Baoqings leibliche Tochter Dafeng wird von ihrem Ehemann im Stich gelassen. Baoqing selber jedoch erträgt alles und verzeiht alles. Bis zuletzt bleibt er dem Bild jenes loyalen, alles erduldenden Chinesen treu, das die heutigen Zeitgenossen am liebsten aus ihrem Weltbild und aus ihrer historischen Erinnerung streichen würden.

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GU YUAN CHUN MENG  故园春梦 ("Garden of Repose")
Drama von Zhu Shilin, Hongkong 1964. Mit Hsia Moon, Bao Feng, Ping Fan, Wan Xiaoyan. Farbe, 87 min, Chinesisch OHNE englische, aber mit chinesischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Ba Jin (巴金) war mit seiner Trilogie "Family", "Spring" und "Autumn" (激流三部曲) berühmt geworden. 1944 veröffentlichte er die Novelle "A Garden of Repose" (憩园), die ebenfalls zu seinen eindrucksvollsten Werken gehört. Darauf basierend drehte Zhu Shilin 1964 "Gu Yuan Chun Meng".
Film und Novelle erzählen den Abstieg von zwei feudalen Familien - weitgehend vollzogen bei der einen, im Anfangsstadium bei der anderen. Es beginnt damit, dass die Familie Yang ihr Haus mitsamt dem großzügigen (und titelgebenden) Garten verkaufen muss. Käufer ist Yao Guodong, der mit seinem Sohn Xiaohu und seiner zweiten Frau Zhaohua (die erste Ehefrau ist gestorben) in das Haus einzieht. Allmählich enthüllt sich, warum Yang Mengchi das Haus verkaufen musste: sein eigener Vater und seine Großeltern hatten ihn verhätschelt, was ihn zusammen mit seiner Opiumsucht schwach und unfähig gemacht und ihn das gesamte Familienvermögen hatte aufbrauchen lassen. Doch auch der Sohn der Yao-Familie wird von Vater und Großeltern verzogen. Die warmherzige Stiefmutter Zhaohua sieht das schon früh, kann ihren Mann aber nicht überzeugen ... bis es schließlich in beiden Familien zu einer Katastrophe kommt.
Zeit und Atmosphäre der Handlung zeigt der Film ganz der Vorlage gemäß; ansonsten nimmt er einige Änderungen vor. So verzichtet er auf den Ich-Erzähler der Novelle (wie Ba Jin ein Schriftsteller), und er ersetzt den Sohn, der in der Novelle zum alten Yang hält, durch eine Tochter. Mit Hsia Moon (夏夢) als Wan Zhaohua ist die weibliche Hauptrolle mit einer der beliebtesten Schauspielerinnen ihrer Zeit besetzt. Obwohl ohne englische Untertitel, ist der Film aufgrund seiner Handlung leicht verständlich (erst recht bei Chinesisch-Grundkenntnissen mithilfe der deutlichen chinesischen Untertitel). Sehenswert!

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GUA FU CUN  寡妇村 ("Widow Village")
Von Wang Jin, China 1989. Mit Niu Qijun, Hao Jialing, Tao Zeru, Yu Li. 83 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Man kann diesen Film, wie so viele aus China, auf verschiedene Arten sehen. Man kann sich, wenn man will, allein in die Handlung versenken. Diese nämlich demonstriert einmal mehr die außerordentliche kulturelle und soziale Vielfalt, die seit jeher in China herrschte und vielerorts auch heute noch existiert. Die Geschichte spielt 1949 in einem Fischerdorf in einer abgelegenen Gegend der Provinz Fujian. Sie weist von Anfang an alle Bestandteile tragischer Konflikte auf. Nachdem die meisten Männer bei einem Orkan ums Leben gekommen sind, wohnen in dem Dorf fast nur noch Frauen, Kinder und Alte. Es liegt in der Luft, dass sich bald Grundlegendes ändern wird, aber noch gelten hier, was das Zusammenleben betrifft, seltsame Vorschriften: Selbst Ehepaare dürfen sich nur dreimal im Jahr sehen, und von den Witwen wird erwartet, dass sie keine neue Partnerschaft eingehen. Unter diesen Umständen versuchen Schwester Ting und der Mann, den sie liebt, ebenso wie andere Paare heimliche Beziehungen aufzubauen, die sie mit der alten Gesellschaft unausweichlich in Konflikte stürzen. Das Ganze verschärft sich dramatisch, als das Dorf von Soldaten umstellt wird und die verbliebenen Männer in die Armee gepresst werden. Eine der Frauen, die gegen alle Verbote mit ihrem Liebhaber geschlafen hatte, ist hinterher, als keiner der Männer zurückkommt, wenigstens schwanger - mit der Lehre: Menschen- und lebensfeindliche Regeln muss man brechen, denn das Leben und die Menschen sind wichtiger als alle Regeln.
Die zweite Sichtweise ist die historisch-soziologische. Offenbar existierten im feudalen China in verschiedenen Regionen soziale Normen, die das Zusammenleben insbesondere von Männern und Frauen auf eine Weise einengten, die uns heute kaum noch vorstellbar ist. Dass sich Menschen dennoch diesen Normen in der Regel unterwarfen, war offenbar eine Voraussetzung dafür, dass die Chinesen nicht nur soziale Experimente wie die des "Himmlischen Königreiches" der Taiping-Rebellen unter Hong Qiuquan über sich ergehen ließen, sondern auch die Experimente nach 1949 (insbesondere während des "Großen Sprungs nach vorn").
Eine dritte Sichtweise ist die filmhistorische. Einmal mehr bestätigt dieser Film, dass die 80er-Jahre die goldene Zeit des neueren chinesischen Kinos waren. Heute stecken Chinas Filmemacher von zwei Seiten unter Druck, die beiden dazu führen, dass Kreativität und Originalität zunehmend aus den neueren Filmproduktionen verschwinden. Der eine Aspekt ist die immer frecher agierende Zensur, die jeden Ansatz von Kritik am politischen System schon in den Drehbüchern radikal unterdrückt, und damit in Gegenwartsfilmen im Grunde jeden realistischen Dialog unmöglich macht. Der zweite Aspekt ist die absurde Überteuerung der chinesischen Kinos, wo ein Ticket nach Kaufkraft umgerechnet den Gegenwert von ca. 60 Euro kostet. Es versteht sich, dass bei solchen Preisen nur spektakuläre Produktionen mit großem technischen Aufwand eine Chance haben, überhaupt in die Kinos zu kommen. Ernsthafte, intime Filme wie die der 80er-Jahre wären aus beiden Gründen heute nicht mehr möglich. Um so mehr sollte man die Gelegenheit ergreifen, sie zu sehen und zu genießen.

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GUAN HAN QING 关汉卿 ("Guan Hanqing")
Von Xu Tao, China 1960. Mit Ma Shizeng, Hong Xiannü, Wen Juefei. Farbe, 120 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Als Alternative diese Filmadaptation einer berühmten Oper. Sie geht auf einen realen Fall aus der Yuan-Dynastie zurück. Der Dramatiker Guan Hanqing (1210-1298) wurde dort Zeuge, wie korrupte Richter eine Frau aufgrund gefälschter Beweise hinrichten ließen. Daraufhin schrieb er das Drama "Dou E Yuan", in dem er die korrupten Beamten anklagte, mit der Sängerin Zhu Lianxiu in der Hauptrolle. Das Stück erregte Zorn am Hof des Khubilai Khan und brachte den Autor und die von ihm geliebte Sängerin in Lebensgefahr.
Der Dramatiker Tian Han, der das Stück 1958 neu für das Theater adaptierte, nahm diverse Änderungen vor, die sich auch im Film finden. Doch auch so erregte dieser das Misstrauen von Zhou Enlai und dem Vorsitzenden Mao, die in dem Thema Anspielungen auf ihre eigene Politik sahen. Also keine süßliche Opernromanze, sondern ein durch und durch hochpolitisches Drama.

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Guan Yunchang 关云长 (Bladesman), China 2011. Historisches Martial-Arts-Epos von Mai Zhaohui 麦兆辉 [Alan Mak], mit Jiang Wen 姜文, Donnie Yen 甄子丹und Bettie Sun 孙俪. 109 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

刘备家眷被困曹营,关云长为存忠义甘作俘虏,**为曹军上阵。一场大战,关云长单人匹马斩杀敌方大将,技惊四座,而深受曹操赏识。  可是关云长却身在曹营心在汉。对曹操所有礼遇均做出婉辞!后曹操查知关云长心仪刘备未过门的新妾绮兰’,只因一个字而未敢表白。 曹操暗施狡计,送上**毒酒,欲陷关羽于不义!
关羽悬崖勒马,从而带着对此充满恨意的绮兰杀出曹营!一路上,关羽连毙曹操大将,可是,威武的背后,饱受感情折磨!与此同时,曹营里的众将因曹操对关羽一再容让,军心动摇!曹操为稳定军心,而亲自出征,誓要将关羽擒拿!
几经艰苦,终于来到黄河渡口,平静河边已布下曹军亲兵的十面埋伏!生死关头,死敌曹操竟一再以礼相待;忠义如关羽亦不禁动摇!身旁的绮兰苦苦相谏,关云长必须在之间作出抉择 ...

Zu den vielen "unbesiegbaren" Helden in Chinas Geschichte (bzw. in seiner Literatur, mit dem üblichen unentwirrbaren Gemisch aus Fakten und Übertreibungen) gehört Guan Yu: ein General in der Zeit der 3 Reiche, den der Militärherrscher Cao Cao an sich binden wollte. Guan Yu jedoch blieb seinem Herrn Liu Bei treu und wurde später in Anerkennung seiner Loyalität sogar als Gott verehrt.
Für Nicht-Chinesen muss die Geschichte erklärt werden: Dargestellt wird eine berühmte Reise des Helden, auf der er eine für Liu Bei bestimmte Frau zu schützen hat. Obwohl Cao Cao ihm freien Abzug versprochen hat, wird er an 5 Pässen, die er durchquert, mit Gewalt aufgehalten, so dass er jedes Mal die gesamte Garnison auslöschen muss.
Bemerkenswert Jiang Wen in der Rolle des Cao Cao: ein weiser, sehr menschlicher Herrscher, der von seinen Untertanen hinnimmt, was weder Mao noch dessen Nachfolger ausstehen konnten: Widerspruch. Donnie Yen, der Baryschnikov des Pekinger Shaolin-Balletts, tanzt einmal mehr mit traurigem Hundeblick alle Widersacher an die Wand, dabei brav des Grundgesetz von Chinas Martial-Arts-Zensur einhaltend: Totschlagen erlaubt, Küssen verboten.

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GUANG RONG REN JIA 光荣人家 ("Glorious Familiy")
Von Ling Zhifeng, China 1950. Mit Chen Ke und Huang Ling. SW, 81 min, Chinesisch mit (computer-generierten) englischen UT.  Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Ab 1945, nach der Kapitulation der Japaner, kämpften in China nur noch Chinesen gegen Chinesen. Dennoch drängen in dem hier vorgestellten Film die Bauern mit einer Fröhlichkeit an die Front (die Handlung spielt 1948), als gingen sie zum Jahrmarkt. Selbst wenn man die Guomindang-Offiziere als "Kapitalistenknechte" oder "Großgrundbesitzer" bezeichnete, so waren es doch vor allem die gewöhnlichen Soldaten, die zu Tausenden ums Leben kamen, und die waren auf Guomindang-Seite ebenso kleine Bauern und Arbeiter wie bei der Roten Armee. Die Tragik dieses Geschehens wird in dem Film jedoch völlig ignoriert.
Zwar sind bekanntlich innerstaatliche Kämpfe stets die schlimmsten, ob französische Revolution, amerikanischer Bürgerkrieg, russische Revolution, Holocaust in Deutschland oder Völkermord in Ruanda. Dass aber Jubelfilme wie der hier gezeigte bei der chinesischen Filmkritik immer noch hohe Achtung genießen, ist erstaunlich.

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Gui Chui Deng Xun Long Jue  鬼吹灯寻龙决 ("Mojin: The Lost Legend")
Fantasy-Thriller von Wuershan (乌尔善), China 2015. Mit Chen Kun (陈坤), Huang Bo (黄渤), Shu Qi (舒淇), Angelababy (杨颖), Liu Xiaoqing (刘晓庆). 119 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

20世纪80年代末,胡八一(陈坤饰)、王凯旋(黄渤饰)和Shirley杨(舒淇饰)已经 金盆洗手并移居美国纽约市,本来叱咤风云的摸金校尉沦为街头小贩,并且被移民局 追得满街跑。胡八一与未婚妻Shirley想从此过上普通人的生活,而此时王凯旋却发现 自己二十年前死在“百眼窟”的战友丁思甜(杨颖饰)当时念念不忘的彼岸花居然再 次出现了。于是胡八一、王凯旋、Shirley杨决定再入草原千年古墓。请托摸金校尉的 神秘女子彩虹,因罹患脑癌不久于人世,故以教主假借宗拯救世人之名,寻找连结阴 阳两界的彼岸花,企图延寿。结果胡八一成功找到彼岸花,才发现原来它是会发出迷 惑人的陨石,会让人看见心中最大的恐惧和牵挂。最后胡八一打破彼岸花,救出Shirl ey杨,并由王凯旋见证,向Shirley杨求婚.

Wohin geht der chinesische Film? Was ist das für eine Entwicklung, die aus Leuten wie Chen Kaige effekthascherische Blender gemacht hat, und aus dem großen Zhang Yimou einen korrupten Affen, dessen "Great Wall"-Monster man nur noch verachten kann? Auf diesem Weg ist "Mojin: The Lost Legend" fraglos ein Schlüsselwerk.

Der Film zeigt, wie viel Chinas Regisseure inzwischen von Hollywood gelernt haben: nämlich fast alles, außer dem Wichtigsten. Übernommen haben sie die dramatischen Effekte, die rasenden Verfolgungsjagden, die bombastischen Explosionen und Eruptionen, sowie die scheinbar schrankenlose Phantasie, die sich in geheimnisvollen Unterwelten, Zombies und Monstern ebenso entlädt wie im Überwinden der Schranken von Raum und Zeit, von Leben und Tod. Nicht begriffen haben sie, dass diese Exzesse in Hollywood Teil eines Systems sind, das im Kern (und in der Hoffnung auf klingende Kinokassen) auf einer weitgehenden gedanklichen Freiheit beruht. Diese bringt nun einmal solche Fantasy-Welten AUCH hervor – aber eben auch Filme über persönliche Tragödien, sexuelle Abgründe, gesellschaftliche Mißstände, wirtschaftliche und politische Korruption. Doch genau diese Gedankenfreiheit fehlt Chinas Mainstream-Regisseuren. Und so zeigen sie – in der Realität die größten Hasenfüße des Universums – in ihren Filmen ein Panoptikum unüberwindlicher Helden, die sich siegreich durch kolossale Fantasy-Welten hindurchkämpfen, in denen es weder sexuelle Verirrungen noch menschliche Tragik, korrupte Parteikader oder aktuelle gesellschaftliche Mißstände gibt.
Damit das die Kinos füllt, sind namhafte Stars unverzichtbar. So natürlich auch in "Mojin: The Lost Legend". Mit Chen Kun (陈坤), Huang Bo (黄渤), Shu Qi (舒淇), Angelababy (杨颖) und Liu Xiaoqing (刘晓庆) sind hier Darsteller aufgeboten, die zur Creme de la Creme des chinesischen Kinos gehören. Wohl um die Chancen auf dem US-Markt zu vergrößern, beginnt die Story in New York: Hier sind die "Mojin" – früher in China ein Team geheimnisvoller Grabforscher (genauer gesagt Grabräuber) – heruntergekommen zu illegalen Einwanderern, die auf den Straßen von New York kostbare Fundstücke aus antiken chinesischen Gräbern verscherbeln wollen. Doch das Millionen-Angebot einer dubiosen Sektenführerin bringt sie wieder nach China. Hier waren sie 1969 als junge Rotgardisten auf ein unterirdisches Grabsystem gestoßen, zu dem sie nun zurückkehren. In einer düsteren Fantasy-Unterwelt voller Magie und Gefahren suchen sie nach einer geheimnisvollen "Equinox-Blume", die zu einem bestimmten Zeitpunkt die Kraft haben soll, Tote wieder zum Leben zu erwecken ... man kann nur hoffen, dass Xi Jinpings Traum der neuen Seidenstraße mehr geistige Substanz hat als die Vorstellungswelt dieses Fantasy-Produktes. Versteht sich, dass die Haupthelden dennoch alles gut überstehen. So ist denn am Ende der Zeitpunkt gekommen für die originellste Idee des ganzen Streifens: nämlich für den Heiratsantrag des Helden Hu Baiyi (Chen Kun) an die schöne Shirley (Shu Qi), die sich diesen Antrag als chinesische Lara Croft zwei Stunden lang wahrlich verdient hat.

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GUI LAI 归来 ("Coming Home")
Von Zhang Yimou, China 2014. Mit Gong Li, Chen Daming, Guo Tao. 101 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre

Zhang Yimou begann als Rebell und Gesellschaftskritiker. "Huozhe" ("Leben", 1994) ist bis heute die schärfste filmische Darstellung der Kulturrevolution geblieben. Dass der Film in China nach wie vor verboten ist, stört dort allerdings niemand. Denn Chinesen hassen es, kritisiert zu werden; und den Kritiker, der an frühere Misstände und Verbrechen erinnert, hassen sie mehr als diejenigen, die für die Verbrechen verantwortlich waren. Deshalb ist Lu Xun den neuen Großmacht-Chinesen zuwider - und deshalb hassen sie Zhang Yimou.
Vergeblich versuchte Zhang, die Liebe seiner Landsleute zu gewinnen, indem er brave Rührstücke wie "Keiner weniger" (1999) oder aufgeblasene Kampf- und Historienschinken à la "Hero" (2001) drehte. Und er glaubte, nicht nur das Wohlwollen der Regierung, sondern auch die Herzen der Chinesen gewonnen zu haben, als er 2008 die Olympischen Spiele in Peking mit einem prachtvollen Spektakel eröffnen durfte. Dass er sich irrte, zeigte spätestens die Aggressivität, mit der man in China auf das Bekanntwerden seiner Kinder reagierte: Eine Flut von Beschimpfungen, Anzeigen und Strafforderungen ergoss sich über den ungeliebten Meisterregisseur. Zum Lohn dafür, dass er anders als Gong Li den chinesischen Pass behalten hat, durfte er eine Strafe von ca. 1 Million Euro dafür bezahlen, dass er mit seiner zweiten Frau Chen Ting drei Kinder hat (nicht jedoch, wie ihm angelastet, noch andere Kinder mit diversen Geliebten).
Und als wollte man Zhang Yimou verhöhnen, flimmert in China derzeit die Fernsehserie "Hong Gaoliang" über die Bildschirme. Ebenso wie Zhangs gleichnamiger Film ("Rotes Kornfeld", 1987) beruht sie auf dem Roman des Nobelpreisträgers Mo Yan. Von der TV-Serie jedoch sind die Chinesen begeistert, während sie gleichzeitig das negative Chinabild von Zhangs Filmen kritisieren (was wie in China üblich auch diejenigen tun, die seine Filme nie gesehen haben). Was ist der Unterschied zwischen Zhangs Film und der 52-teiligen Fernsehserie? Nun: Zhangs Film zeigt, dass die Chinesen die japanische Invasion zwar ausnahmslos verurteilten, sich aber ansonsten lieber zurückhielten, so dass der lokale Widerstand (wenn es ihn denn gab) sich in verzweifelten Einzelmaßnahmen erschöpfte. Die Fernsehserie hingegen zeigt Chinas Gesellschaft nicht als das, was sie war und ist (nämlich wie überall eine Mehrheit von Konformisten, Opportunisten und Egoisten), sondern als das, was sie sich und der Welt vorspielen möchte: eine Gemeinschaft edler Helden.
Es war vielleicht ein Trotzreaktion, dass sich Zhang in seinem neuesten Werk "Coming Home" wieder den Schreckenszeiten des neuen China zuwandte. Wie schon 2011 der Nanking-Film "Flowers of War" beruhte das Drehbuch auf einem Roman von Yan Geling. Lu Yanshi ist ein Professor, der in der Frühzeit der Volksrepublik als "Rechtsabweichler" inhaftiert wird und dann, in der Kulturrevolution, im Arbeitslager "umerzogen" werden soll. 1973 bricht er aus dem Lager aus, um seine Frau und die Tochter Dandan zu sehen. Von der Tochter denunziert, wird er wieder festgenommen. 1976 rehabilitiert, kehrt er nach Hause zurück. Doch seine Frau (gespielt von Gong Li) erkennt ihn nicht - und weist ihn aus der Wohnung.
Warum all das Leid? Warum behandelte China seine besten Köpfe wie Dreck? Warum verriet die Partei das Volk und machte in hündischem Gehorsam jeden Wahnsinn des Großen Vorsitzenden mit, vom “Großen Sprung nach vorn” bis zur sogenannten “Kulturrevolution”? Welche Strukturen hat man geändert, damit nie wieder ein einzelner in China über Land und Partei so herrschen kann wie der als Revolutionär begonnene und als verbohrter Tyrann geendete Mao? Solche Fragen, das weiß Zhang Yimou, würde ihm Chinas eiskalte Zensur sofort streichen, also versucht er es gar nicht erst. Stattdessen macht er einen Film über die Gedächtnislosigkeit und damit ein furchtbares Porträt der heutigen chinesischen Realität. Wenn es um die Verbrechen Japans und Deutschlands vor 1945 geht, loben die Chinesen stets Deutschland, weil es die eigenen Untaten anders als Japan nicht verdrängte. Aber was ist mit China selber? Von all den Irrtümern, Albernheiten und Verbrechen der Mao-Zeit ist nichts jemals aufgearbeitet worden. Der Prozess gegen die “Viererbande” war eine Farce, mit der sich die Partei aus der Verantwortung gestohlen hat. Unmittelbar danach begann das Zudecken und Verschweigen des Geschehenen, das bis heute anhält. Und diese pathologische Verdrängung von Chinas schrecklicher Vergangenheit zeigt Zhang in der Gestalt dieser Mutter und Ehefrau, die ihren Mann und ihre Tochter von sich stößt, aber mit keinem Gedanken nach den wahren Schuldigen fragt. - Ob sich allerdings die Chinesen in diesen sprach- und gedächtnislosen Gestalten erkennen, muss man wohl eher bezweifeln.

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GUO CHAN LING LING QI  国产零零七 ("From Beijing with Love")
Action-Comedy von Lik-Chi Lee und Stephen Chow, Hongkong 1994. Mit Stephen Chow, Anita Yuen, Pauline Chen. 80 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Passend zum neuesten James-Bond-Spektakel "Spectre" hier die chinesische Parodie darauf. Ling Ling Chai (= Null Null Sieben = Stephen Chow) ist eigentlich ausgemustert und arbeitet in Peking als Metzger. Als jedoch Chinas einziger Dinosaurierschädel gestohlen wird, beauftragt ihn der leitende General des Geheimdienstes, nach Hongkong zu fliegen und dort den Schädel wiederzufinden. Dort trifft Ling Ling Chai die schöne Siu Kam (Anita Yuen), die ihn angeblich unterstützen soll. In Wahrheit hat sie den Auftrag, ihn aus dem Weg zu räumen, und ihr Auftraggeber ist kein anderer als der Geheimdienst-General selber ... und Ling Ling Chai verliebt sich in sie. Eben ein typischer Stephen-Chow-Film, mit einer rasanten Abfolge von Gags und Pointen von unterschiedlichem Niveau, wozu auch reichlich spritzendes Kunstblut gehört. Doch keine Sorge, am Ende wird alles gut – ganz wie es sich für einen Vorweihnachtsfilm gehört.

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GUO FENG  国风 ("National Customs")
Stummfilm von Luo Mingyou und Zhu Shilin, China 1935. Mit Ruan Lingyu, Li Lili, Lin Chuchu. Schwarzweiß, 94 min, chinesische Zwischentitel mit PC-generierten englischen UT. Altersempfehlung: ab 12 Jahre

Einer der letzten Stummfilme Chinas, und der letzte Film mit Ruan Lingyu. Kurze Zeit nach Abschluss der Dreharbeiten nahm sie sich das Leben. Sie war das erste Opfer einer medialen Hetzjagd auf etwas, von dem man erst nach ihrem Tod merkte, dass es jetzt in China existierte: der erste große Filmstar. Sie und Li Lili (die schon in "Little Toys / Xiao Wanyi 小玩意"  ihre Filmpartnerin gewesen war) spielen in "Guo Feng" die Schwestern Zhang Lan und Zhang Tao. Nach dem Abschluss der Mittelschule zeigt sich, dass beide andere Vorstellungen vom Leben haben: Zhang Lan möchte weiter lernen und Lehrerin werden, während die jüngere Zhang Tao "modern" sein und das Leben genießen will. Und sie will ausgerechnet denjenigen Mann, der ihrer Schwester einen Heiratsantrag gemacht hat - die daraufhin, wenn auch unter Schmerzen, auf ihre Liebe verzichtet.
Trotz der Popularität der Hauptdarstellerinnen war der Film seinerzeit kein großer Erfolg. Das lag neben den chaotischen Zeiten vielleicht auch daran, dass man sich in China nicht anders als in Europa und den USA schnell an den Tonfilm gewöhnt hatte und Stummfilme nicht mehr zeitgemäß waren. Ein wichtiges Zeitdokument ist er dennoch, und zwar nicht nur wegen der zurückhaltend-melancholischen Darstellung von Ruan Lingyu. Bemerkenswert ist auch die Modernität der Alternativen, die er aufzeigt, zumal für Frauen: Hier Konsum, Luxus, Unterhaltung, dort Besinnung, Lernen, Gemeinsinn. Im China der Gegenwart ist das Pendel fast ganz in Richtung Konsum ausgeschlagen. Ob und wann es sich wieder in die Gegenrichtung bewegen wird, muss die Zukunft zeigen.

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Guo Nian Hao 过年好 "The New Year's Eve of Old Lee", von Gao Qunshu 高群书, China 2016. Mit Zhao Benshan 赵本山, Yan Ni 闫妮, Rayza 热依扎, Yan Yalun 炎亚纶. 106 min, Chinesisch mit englischen UT. Altersempfehlung: ab 14 Jahre.

该片讲的是祖孙三代人的代沟问题。北漂14年的女儿在听到父亲出现阿尔兹海默症前 兆后,携美国留学回来的外孙女回到老家,和闻讯而至的同学们一起变着法子忽悠父 亲去北京居住。独居老人只有逢年过节才能见到“北漂”的女儿和远在美国留学的外 孙女。盼星星盼月亮地盼了个团圆,也盼来了外孙女的ABC男朋友,没想到啼笑皆非 的故事也就从这团圆开始展开了...

Freitag, der 16. Februar 2018, ist der chinesische Neujahrstag nach dem Mondkalender. Damit beginnt das Jahr des Hundes. Zu diesem Tierzeichen gehören alle, die in den Jahren 1934, 1946, 1958, 1970, 1982, 1994, 2006 geboren sind. Der Film gehört dem Genre "Neujahrsfilm" an, da es in dieser Form wohl nur in China gibt.
Die Story: Der alte Herr Li (Zhao Benshan 赵本山) lebt in einer Kleinstadt in Liaoning, und zwar in einem traditionellen Hutong-Haus. Tagsüber spielt er mit Nachbarn Karten, doch abends ist er allein, vor allem jetzt zum Neujahrsfest. Seine Tochter (Yan Ni 闫妮) lebt in Peking, ein Sohn (von dem man erst spät erfährt) lässt schon lange nichts von sich hören, eine Enkelin studiert in den USA. Als dann der alte Herr Li etwas desorientiert auf dem Bahnhof herumsteht, ruft ein Polizist, der die Familie kennt, die Tochter an und teilt mit, der Vater habe Anzeichen von Alzheimer (was typischer Film-Unsinn ist, denn auch ein Arzt kann bei leichten Demenzsymptomen nicht von außen sehen, ob es Alzheimer oder "normale" Alters-Demenz ist, geschweige denn ein Straßenpolizist in Liaoning). Doch der Anruf bringt die Tochter in Peking zu dem Entschluss, samt der soeben vom Flugplatz abgeholten Tochter zum Vater zu fahren.
Schnell brechen zwischen den drei Generationen alte und neue Konflikte auf, verursacht teils von den Konventionen der Älteren, teils von den Ansprüchen nach Selbstverwirklichung der egoistischen Jüngeren – Probleme, die von denen im Westen nicht weit entfernt sind. Ausgerechnet der alte Herr Li scheint hier innerlich noch am beweglichsten zu sein, vor allem als sich herausstellt, dass die Enkelin schwanger ist - aber nicht von dem Freund, der jetzt, aus den USA kommend, zur Familie stößt, sondern von einem Unbekannten. Allerdings häuft der Film damit so viele Probleme und Konflikte an, dass es in einem normalen Film unausweichlich zur Katastrophe kommen würde. Im Neujahrsfilm jedoch ist gute Laune Pflicht. Also lässt der Film in einer schnellen Wendung der Story sämtliche Probleme links liegen und vereint alle Protagonisten in einer hektischen Suche nach dem alten Li, der bloß mal wieder allein spazieren gehen wollte ... Vorhang zu, und alle Fragen offen.

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